Fußball EM: Der weite Weg zum "Equal Pay"

Am Rande der Europameisterschaft wurde das Thema "Equal Pay" auch in Deutschland wieder in den Fokus gerückt. Doch wie sieht die Situation im Frauenfußball eigentlich tatsächlich in anderen Ländern aus?

Sophia Kleinherne und Sara Däbritz bejubeln das 1:0 gegen Finnland. Noch größer wäre die Freude vermutlich bei gleicher Bezahlung.
Sophia Kleinherne und Sara Däbritz bejubeln das 1:0 gegen Finnland. Noch größer wäre die Freude vermutlich bei gleicher Bezahlung. (Bild: REUTERS/Peter Cziborra)

Die EM in England begeistert die Fans. Die Gastgeberinnen spielen vor vollen Stadien und auch bei den deutschen Frauen werden die TV-Einschaltquoten wieder in die Höhe schnellen, wenn sie im Viertelfinale auf die Nachbarinnen aus Österreich treffen. (Donnerstag, 21.7. 21:00 Uhr). Doch bei der Bezahlung hinken die Profifußballerin ihren hochentlohnten männlichen Kollegen nach wie vor weit hinter her. Im Vorfeld der EM wurde die Debatte erneut eröffnet, es geht um eine faire Entlohnung und die Förderung des Sports.

Der Anstoß des Kanzlers

Ausgerechnet Olaf Scholz meldete sich plötzlich aus dem Off mit einer unerwarteten Bemerkung zum Thema "Equal Pay", nachdem der spanische Verband angekündigt hatte, die Prämien der Spielerinnen anzugleichen. Der Tweet des SPD-Kanzlers dürfte wohl eher seinem Gespür für leicht einzuheimsenden Applaus geschuldet gewesen sein, als einer tatsächlichen Auseinandersetzung mit dem Thema. Dennoch löste der Beitrag aus, dass auch hierzulande die Debatte über die gleiche Bezahlung für Fußballerinnen wieder an Fahrt aufnahm.

Denn schließlich betrifft der "Gender Pay Gap" bei Weitem nicht nur den Bereich des Profisports. In Deutschland bekommen Frauen noch immer 18 Prozent weniger Gehalt im Durchschnitt als Männer. Im Fußball geht diese Schere noch deutlicher auseinander. Im männlichen Profibereich werden inzwischen Fantasieablösen über hundert Millionen Euro bezahlt, die Gehälter sind selbst in der zweiten und dritten Liga noch großzügig. Bei den Frauen haben dagegen sogar Nationalspielerinnen nach der Karriere keineswegs ausgesorgt. Wer sich nicht um eine zusätzliche Ausbildung schon während der Laufbahn bemüht, steht am Ende recht ungesichert da.

Schweiz und Niederlande gehen voran

Das soll sich nun in einigen Ländern ändern. Die Schweiz kündigte an, ihre "Nati"-Spielerinnen künftig genau so zu entlohnen, wie die Männer. Bis 2024 sollen die Prämien komplett angeglichen sein.

Auch die Niederlande und der spanische Verband haben diesen Schritt zugesagt. In Norwegen bekommen die Spielerinnen bereits seit 2017 die gleichen Prämien wie die Männer - weil diese bereitwillig aus Einnahmen aus dem Sponsoring verzichteten. Schweden, Finnland, und Island setzen ebenfalls zukünftig auf eine Form des "Equal Pays", damit sind die Hälfte aller Teilnehmerländer der EM bereits zu diesem Schritt bereit.

Auslöser waren wohl auch die lautstarken US-Amerikanerinnen. Angeführt von Superstar Megan Rapinoe zogen sie bis vor ein US-Bundesgericht. Schließlich kam es kurz vor der WM 2019 in Frankreich zu einer Einigung mit dem nationalen Verband, jetzt bekommen die Frauen die gleichen Prämien, wie die US-Männer.

Allerdings sind die USA ein besonderes Beispiel, weil die Frauenteams dort deutlich erfolgreicher spielen, als ihre männlichen Pendants. Und weil es schon früh eine eigene Profiliga in dem Land gab, in dem Fußball lange als "Frauensport" betrachtet wurde. Stars wie Mia Hamm oder Abby Wambach konnten schon vor der Generation Rapinoe mit Werbeverträgen gutes Geld verdienen.

So viel verdienen Fußballerinnen

Inzwischen haben die Profiligen in Europa aufgeholt. Die Statistik-Seite "Statista" führt einen Vergleich der Frauenfußballligen aus diesem Jahr aus. Im Schnitt verdienen Spielerinnen in Frankreich am meisten, dort kommen sie auf ein Jahresgehalt von knapp 50.000 US-Dollar. Knapp dahinter liegt die Bundesliga mit 43.000 US-Dollar im Jahr. Die englische "Women's Super League" war die erste Profiliga in Europa, als sie 2010 gegründet wurde. Der Halbfinaleinzug der "Lionesses" unterstreicht den Erfolg dieses Modells. In England verdienen die Spielerinnen aktuell im Schnitt immerhin noch 35.000 US-Dollar und damit etwa 8.000 Dollar mehr, als in der US-Amerikanischen NWSL. In allen weiteren Ligen reicht das Gehalt nicht zum Leben. (Nur zum Vergleich: Kylian Mbappé verdient in seinem neuen Vertrag bei PSG 139.000 Euro. Pro Tag.)

Auch wenn die Bedingungen besser geworden sind, gibt es gerade in den Nationalmannschaften immer wieder Ärger um das Thema "Equal Pay". Auch der DFB gibt sich erstaunlich zögerlich nach dem Scholz-Vorstoß. Man hob zwar die Turnier-Prämie deutlich an im Vergleich zur Vergangenheit. So sollen die Spielerinnen von Martina Voss-Tecklenburg für einen Titelgewinn 60.000 Euro statt vorher 37.500 erhalten. Doch von den 400.000 Euro, die jeder männliche DFB-Akteur 2021 bei einem EM-Gewinn erhalten hätte, ist dies noch meilenweit entfernt. Insgesamt werden bei der Frauen-EM bis zu 16 Millionen Euro an Prämien ausgeschüttet, bei den Männern waren es beim letzten Turnier mehr als 330 Millionen Euro.

Mehr Geld für die Infrastruktur

Die Spielerinnen selbst sind weniger fordernd, als in anderen Ländern. Immer wieder ist zu hören, dass sie sich ein Grundgehalt wünschen würden, dass ihnen ermöglicht, sich früh in der Karriere voll auf Fußball zu konzentrieren. Dabei ist die Rede aber von 2.000 bis 3.000 Euro im Monat. Mehr Wert legen sie auf gleiche Trainingsbedingungen, besserer Anlagen und Betreuung, die es mit dem Aufwand bei männlichen Profiteams aufnehmen kann. Nationalspielerin Svea Huth sagte vor der EM: "Wir müssen erst einmal die Basisstrukturen in der Liga für alle Vereine schaffen." Das beziehe sich vor allem auf die Infrastruktur. "Und dass die Spielerinnen nicht noch 40 Stunden in der Woche arbeiten müssen."

In diese Kerbe schlägt auch DFB-Direktor Oliver Bierhoff. Auf den Scholz-Tweet reagierte er etwas ungehalten laut "ARD": "Mich wundert jetzt ein bisschen die Aussage. Ich lade ihn gerne mal ein. Dann kläre ich ihn ein bisschen besser über die Zahlen auf". Das Frauenteam habe einen "genau so großen Trainerstab" wie die DFB-Männer. "Wir versuchen die Infrastruktur, alle Bedingungen für sie gleichzusetzen."

Der Zuschauererfolg und die große Aufmerksamkeit bei der EM könnten nun ein weiterer kleiner Anstoß in Richtung einer fairen Bezahlung der Sportlerinnen und einer Professionalisierung des Sports sein.

Im Video: Kabinenvideo: So ausgelassen tanzen die DFB-Frauen nach ihrem Sieg