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"Ich bin genervt wie alle"

Frank Plasberg ist genervt. Von der Corona-Pandemie und all ihren Folgen, aber auch von den Impfgegnern: "Jeder, der glaubt, auf YouTube eigene Quellen erschlossen zu haben, und ein Facebook-Studium absolviert hat, meint, auf Augenhöhe mit einem Arzt über medizinische Themen sprechen zu können."  (Bild: WDR / Stephan Pick)
Frank Plasberg ist genervt. Von der Corona-Pandemie und all ihren Folgen, aber auch von den Impfgegnern: "Jeder, der glaubt, auf YouTube eigene Quellen erschlossen zu haben, und ein Facebook-Studium absolviert hat, meint, auf Augenhöhe mit einem Arzt über medizinische Themen sprechen zu können." (Bild: WDR / Stephan Pick)

Wieder ein Jahr, das für viele hart war. Aber auch fair? - ARD-Talker Frank Plasberg wirft einen besorgten Blick auf die gesellschaftlichen Verwerfungen. Seine Kritik richtet sich auch an die Medien: "Wir sollten unsere Klientel besser pflegen, sonst verlieren wir sie - im schlimmsten Fall auch an Schwurbler und Verschwörungsgläubige."

Dass ARD-Talker Frank Plasberg die Worte fehlen, kommt relativ selten vor. Doch neuerdings, gibt der "Hart aber fair"-Gastgeber zu, passiert es öfter mal: "Beim Thema Impfungen werden Meinungen plötzlich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen gleichgesetzt - mich macht diese Anmaßung sprachlos und relativ ratlos", sagt der 64-Jährige in resigniert klingendem Tonfall. "Jeder, der glaubt, auf YouTube eigene Quellen erschlossen zu haben, und ein Facebook-Studium absolviert hat, meint, auf Augenhöhe mit einem Arzt über medizinische Themen sprechen zu können." Ja, es ist einiges aufzuarbeiten - am Ende eines Jahres, das wieder massiv von der Corona-Pandemie geprägt war. Plasberg wagt die journalistische Analyse im Interview vor der letzten "Hart aber fair"-Ausgabe des Jahres ("2G unterm Christbaum: Wie wird aus dieser Weihnacht noch ein Fest?", Montag, 13. Dezember, 21 Uhr, ARD). Bei Weitem leichter darf es am Dienstag, 28. Dezember, zugehen, wenn der Moderator ab 20.15 Uhr wieder einmal zur fröhlichen Raterunde lädt: Für "2021 - Das Quiz" wurden im Ersten ganze dreieinviertel Stunden Sendezeit freigeräumt. Er sei überzeugt, so Plasberg, "die Menschen freuen sich über etwas Ablenkung zum Jahresende".

teleschau: Ahoi, Herr Plasberg! Wie man lesen durfte, sind Sie stolzer Kapitän eines 15 Meter langen Bootes!

Frank Plasberg: (lacht) Ach, das dürfen Sie sich bitte nicht glamourös vorstellen! Es handelt sich um einen fast 90 Jahre alten Kahn, den ich auf Vordermann gebracht habe, und damit tuckere ich durchs Land, über Flüsse und Kanäle. Das Ganze hat eher das Flair von Kleingartenverein auf dem Wasser. Und so komme ich über das alte Stahlschiff sehr schnell mit anderen Leuten in Kontakt. Zuletzt ging es von Köln nach Berlin, dann auf der Spree, auch mitten durchs Regierungsviertel, herrlich, die Hauptstadt so zu erleben.

teleschau: Wie lange brauchten Sie von Köln bis in die Hauptstadt?

Plasberg: Ich war neun Tage am Stück unterwegs. Eine fantastische Form der Entschleunigung, wenn's gut läuft, macht der 89 PS-Diesel zwölf Kilometer in der Stunde, mit dem Elektromotor und der Sonnenenergie vom Dach sind's noch acht. Viel Zeit zum Nachdenken, ein völlig anderer Blick aufs Land - und die Schleusengespräche sind kaum zu toppen. Ich habe das in der Hektik dieses verrückten Jahres gebraucht.

"Hart aber fair"-Gastgeber Frank Plasberg zieht im Interview Bilanz: "Wir haben einige wichtige Sendungen hingestellt und hoffentlich hier und da Interessantes zu den großen gesellschaftlichen Diskursen beigetragen. Die ein oder andere Sendung war auch ein Griff ins Klo - aber das gehört dazu, wenn man fast jeden Montag dran ist." (Bild: 2017 Gisela Schober/Gisela Schober)

"Für Unterhaltung muss Raum bleiben"

teleschau: Corona, Bundestagswahl, Fußball-EM, Olympia, dazu so einschneidende Ereignisse wie die Flutkatastrophe im Ahrtal oder die Eskalation in Afghanistan ... - Wie schaffen Sie es angesichts dieser Nachrichtenwucht, das Jahr mit einer einzigen Quizshow zu resümieren?

Plasberg: Wir halten es eigentlich wie immer: Corona und all das andere aus der "Tagesschau" wird nicht verschwiegen, aber wir werden viele andere Schlaglichter setzen und aufzeigen, dass es in diesem Jahr abseits der großen Nachrichtenthemen auch schöne und herrlich kuriose Geschichten gab.

teleschau: Also geht es darum, am Ende eines eher nicht lustigen Jahres ein wenig gute Laune zu verbreiten?

Plasberg: Ja, für Unterhaltung muss Raum bleiben. Und was wir machen, hat ja inzwischen gute Tradition: Die Sendung läuft schon seit 2008, die tollen Einschaltquoten haben unserem Konzept auch im ersten Corona-Jahr recht gegeben. Ich bin überzeugt, die Menschen freuen sich über etwas Ablenkung zum Jahresende. Den Rest erledigt unser Star-besetztes Panel mit Günther Jauch, Barbara Schöneberger, Jan Josef Liefers - und als Überraschungsgast Florian Silbereisen. Auf ihn freue ich mich ganz besonders. Wir sind ja quasi Kapitäns-Kollegen. Auch wenn sein Traumschiff größer ist (lacht). Er ist ein unglaublich vielseitiger Typ, ein großartiger Unterhalter.

teleschau: Schauen Sie etwa Silbereisens Feste der Volksmusik?

Plasberg: Ja, gerade die Showeröffnung ist doch ganz großes Fernsehkino. Da ich ihn privat nicht kenne, bin ich sehr gespannt, wie er sich auf unserer Quizbühne schlägt.

teleschau: Wäre so eine Show am Samstagabend nicht auch mal etwas für Sie?

Plasberg: (lacht) Ernsthaft? Nein, nein, als jemand, der aus dem Schulchor flog, weil er nicht mal "Hänschen klein" einwandfrei singen konnte, sehe ich mich für dieses Genre nicht geeignet. Ich bin mit "Hart aber fair" und dem Jahresquiz gut beschäftigt und bestens ausbalanciert. Andersrum wird eher ein Schuh daraus: Wenn das Thema stimmt, würde ich mich über Florian Silbereisen bei "Hart aber fair" freuen! So ein prominenter Gast tut einem solchen Format gut - vielleicht mit einem kleinen Verfremdungseffekt, auf dass das Publikum auch ein wenig überrascht werden kann.

"Auf diese Wegstrecke bin ich wirklich stolz": Seit 2001 moderiert Frank Plasberg die Talkshow "hart aber fair", zunächst im Dritten Programm, später dann im Ersten. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)
"Auf diese Wegstrecke bin ich wirklich stolz": Seit 2001 moderiert Frank Plasberg die Talkshow "hart aber fair", zunächst im Dritten Programm, später dann im Ersten. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

"Die ein oder andere Sendung war auch ein Griff ins Klo"

teleschau: Ihre Talk-Sendung läuft mittlerweile seit 20 Jahren. Hätten Sie sich das einst träumen lassen?

Plasberg: Niemals. Und auf diese Wegstrecke bin ich wirklich stolz. Wir haben einige wichtige Sendungen hingestellt und hoffentlich hier und da Interessantes zu den großen gesellschaftlichen Diskursen beigetragen. Die ein oder andere Sendung war auch ein Griff ins Klo - aber das gehört dazu, wenn man fast jeden Montag dran ist. Da braucht man dann tapfere Menschen im Sender, die das mit einem durchstehen. Und die hatten wir immer.

teleschau: Hätten Sie im vergangenen Sommer geglaubt, dass Corona noch mal als derart wuchtiges Debattenthema zurückkommen würde?

Plasberg: Es wird Sie wundern: Ja, durchaus. Weil es unter anderem der jetzige SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach genau so prognostiziert hat - er steht auf der Liste der Experten, denen ich vertraue, ganz oben. Lauterbach war im Frühjahr 2020 in einer unserer ersten Corona-Sendungen zu Gast und hat schon damals gesagt, er rechne damit, dass uns dieses Thema bis mindestens 2022 beschäftigen wird.

teleschau: Jetzt erleben wir das zweite Jahr dieser Pandemie, stecken mitten in der vierten Welle ...

Plasberg: Und ich bin genervt wie alle. Besonders wenn ich auf die Jugend blicke, der an den Schulen und an den Unis wieder ein Jahr geklaut wird. Oder auch beim Thema Pflege - wir hatten ja unlängst eine nachdenkliche Sendung dazu.

teleschau: Allerdings war es im Sommer und im Herbst sehr lange ruhig rund um das Thema Corona. Müssen sich nicht auch die Talkshow-Macher Vorwürfe gefallen lassen, zu lange einen Bogen um die kritische Lage gemacht zu haben?

Plasberg: Ja und nein. Die Warnungen der Experten waren da. Und wir haben sie vielleicht auch zu lange nicht thematisiert. Aber gefühlt war die Lage und die Stimmung in der Bevölkerung anders, entspannter - niemand hätte im Sommer eine Corona-Sendung sehen wollen. Das kann man als Fernsehmacher auch nicht ignorieren.

teleschau: Außerdem war Bundestagswahlkampf ...

Plasberg: Genau - nicht gerade eine Kirmesveranstaltung, die man mal eben übergehen kann. Diese Wahl war eine gravierende, epochale Weichenstellung - wir haben eine Regierungskonstellation, die es noch nie gab. Schon ein gewaltiges Thema für Talks, das über Wochen trägt. Hinzukommt, dass aufgrund der Corona-Pandemie der Wahlkampf sowieso viel kürzer war als sonst. Unter dem Strich würde ich also sagen, dass die Gewichtung in den Talks angemessen war. Dass die Krise ausgerechnet während des Vakuums der Regierungsbildung mit derartiger Wucht zugeschlagen hat, mit Verlaub, das war ein Scheiß-Timing. Wir sind jetzt jedenfalls wieder eng am Thema dran.

teleschau: Was suchen und finden die Zuschauer in einer solchen Krisensituation in Fernseh-Talks?

Plasberg: Halt und Orientierung! Wobei ich das in drei Phasen unterteile: Im ersten Jahr mussten alle - die Zuschauer, auch wir TV-Leute und die Politikerinnen und Politiker - vieles lernen über das Virus. Da konnte man die Sendung als Serviceleistung verstehen. Wir waren weniger hart und fair, sondern sachlich und informativ: kaum polarisierend und ohne Publikum - mir hat das in der Form gefallen. Dann wurde angesichts der großen Debatten um Einschränkungen und Freiheitsrechte wieder mit härteren Bandagen diskutiert, und inzwischen sind wir in einer dritten Phase, die ich als Mischung der beiden ersten sehe: Es geht hart zur Sache, aber wir wollen im gleichen Maß auch Informationen anbieten. Ansonsten versuchen wir, uns treu zu bleiben.

"Für Unterhaltung muss Raum bleiben": Mit vier Prominenten als Rategäste lädt Frank Plasberg wieder ein. Kurz vor Silvester präsentiert er im Ersten den traditionellen Jahresrückblick zum Mitraten und Mitspielen. Florian Silbereisen will es bei "2021 - Das QuiZ" wissen: Zum ersten Mal tritt er gegen die wohl erfahrenste Rate-Crew im deutschen Fernsehen an. Kann er gegen Günther Jauch, Barbara Schöneberger und Jan Josef Liefers bestehen? (Bild: SWR/ARD/WDR/Stephan Pick/Brand New Media/Montage Frey)

"Unglaublicher Verfall von fachlicher Autorität"

teleschau: Zuletzt war mehrfach der Vorwurf geäußert worden, das Fernsehen würde seine Corona-Talks nicht ausgewogen besetzen.

Plasberg: Die Kritik kenne ich, aber ich kann sie nicht bestätigen. Wir haben auch Verantwortung und wollen es mit der Show nicht übertreiben: Wer hätte was von einem Talk, in dem mit sogenannten alternativen Fakten argumentiert wird? Es gibt das Recht auf ein eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten.

teleschau: Tatsache ist, dass noch nie so viele Protagonisten aus Medizin, Forschung und Pflege in den Sendungen waren wie in den vergangenen eineinhalb Jahren... Das hat die Tonalität verändert, nicht wahr?

Plasberg: Absolut - die Sprache dieser Expertinnen und Experten ist in der Regel klar und angenehm, sie haben keine politische Agenda, sind nicht auf Pointen aus. Da haben sich einige stille Helden dieser Zeit gefunden - wie etwa Dr. Cihan Celik aus Darmstadt, den ich schon dreimal in unserer Sendung begrüßen durfte. Virologinnen oder Mediziner kommen oft auf den letzten Drücker - direkt aus der Klinik, und in der Nacht fahren sie sofort heim, um am nächsten Morgen wieder auf der Station zu sein. Von solchen Gästen bekommen Zuschauer ohne Frage ein authentisches Bild der Lage. Menschen wie Dr. Celik verstehen es als Teil ihres Berufs, in die Sendung zu kommen und zur Aufklärung beizutragen. Dass das nicht alle so sehen, ist schade, aber eine Tatsache, mit der wir leben müssen. Und natürlich respektieren wir, wenn Forscher ihren Platz eher im Labor als im Fernsehstudio sehen.

teleschau: Als prominenter TV-Moderator sind Sie vermutlich im besonderen Maße mit der zunehmenden Polarisierung konfrontiert.

Plasberg: Das kann man wohl sagen. Ich erlebe schon deutlich mehr Diskussionen als vorher - auch solche, die eigentlich gar keine Diskussionen mehr sind. Und ich mache einen unglaublichen Verfall von fachlicher Autorität aus.

teleschau: Sie meinen gegenüber Journalisten und Fernsehleuten?

Plasberg: Wir Journalisten standen nie oben auf der Hitliste der angesehenen Berufe. Was mich mehr beschäftigt, ist, dass es inzwischen auch die erwischt hat, die eigentlich immer ganz oben auf der Autoritäts- und Glaubwürdigkeitsskala standen: die Ärzte, die Wissenschaftlerinnen. Jeder, der glaubt, auf YouTube eigene Quellen erschlossen zu haben und ein Facebook-Studium absolviert hat, meint, auf Augenhöhe mit einem Arzt über medizinische Themen sprechen zu können. Beim Thema Impfungen werden Meinungen plötzlich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen gleichgesetzt - mich macht diese Anmaßung sprachlos und relativ ratlos.

teleschau: Werden auch Sie in der Öffentlichkeit öfter angegangen?

Plasberg: Zunehmend. Auch da hat sich eine gewisse Hemmungslosigkeit entwickelt. Unlängst hat mich eine ältere Dame und klare Impfgegnerin in eine Diskussion verwickelt. Ich nahm mir Zeit und gab mir Mühe, erklärte ihr, dass ich natürlich kein Virologe bin, aber als Journalist versuche, das Thema so gut es geht zu durchdringen, und dass ich zu diesem Zweck Experten konsultiere. Ich habe auf Recherchen und Faktenchecks verwiesen, erläutert, wie wir unsere Arbeit machen, und ihr schließlich versichert, dass es aus meiner Sicht keine Alternative zur Impfung gibt und dass viele Ängste und Mythen zu diesem Thema auf mich eher skurril wirken. Sie entgegnete nur: "Herr Plasberg, ich hätte Sie für klüger gehalten", drehte sich um und ging davon. Leider ein ziemlich exemplarischer Auftritt.

"Wenn nicht gerade Corona ist, und dank Yoga, Joggen, Skifahren fühle ich mich ganz fit und vergesse immer wieder, wie alt ich bin", sagt Frank Plasberg. Aber es hilft ja alles nichts: Der Journalist und Moderator wird im nächsten Jahr 65. (Bild: ARD/Jens van Zoest)
"Wenn nicht gerade Corona ist, und dank Yoga, Joggen, Skifahren fühle ich mich ganz fit und vergesse immer wieder, wie alt ich bin", sagt Frank Plasberg. Aber es hilft ja alles nichts: Der Journalist und Moderator wird im nächsten Jahr 65. (Bild: ARD/Jens van Zoest)

"Twitter wird zu einer Art vorpublizistischem Raum"

teleschau: Was ist gerade los in diesem Land?

Plasberg: Sollen wir über die Sozialen Medien reden?

teleschau: Bitte!

Plasberg: Natürlich sind sie Segen und Fluch, in einer Krise wie jetzt zeigt sich vor allem die negative Seite. Die Mythen und Märchen, die fahrlässige und bewusste Desinformation, die sie sich dort verbreiten, sie sind eine Gefahr für die Demokratie. Ganz abgesehen von dem rüden und bedrohlichen Ton, der sich zunehmend durchsetzt. Wenn ich das, was da auf manchen Seiten als Reaktion auf unsere Sendung gepostet wird, für unsere durchschnittliche Zuschauerschaft halten würde, müsste ich sofort aufhören mit meinem Beruf. Ein etwas anders gelagertes Problem hat auch mit dem Journalismus zu tun: Vor allem Twitter wird zu einer Art vorpublizistischem Raum. Dort werden inzwischen Themen gesetzt, die dann in den klassischeren Medien adaptiert und groß gemacht werden - dabei ist bei Twitter selbst nur ein sehr kleiner und gewiss nicht repräsentativer Teil der Bevölkerung zu finden. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht immer mehr an den Bedürfnissen und Interessen der Mehrheit vorbeiberichten. Aktuell führe ich immer das Beispiel des Wortes "woke" an: In der Twitter-Welt eine gängige Vokabel. Ich teste das gerne, wenn ich unterwegs bin und auf Menschen aus dem Leben treffe.

teleschau: Mit welchem Ergebnis?

Plasberg: Die wenigsten kennen das Wort, mehr als einmal bekam ich zu hören. Woke? Das ist doch eine berühmte Modezeitschrift. Wenn wir so weitermachen, dann herzlich willkommen in "Wokistan": Hehre, gerne auch woke Ziele wie eine besondere gesellschaftliche Achtsamkeit sind schön, man erreicht sie aber nur, wenn man Menschen abholt und mitnimmt.

telechau: Das klingt alles sehr desillusioniert!

Plasberg: Na ja. Eher besorgt. Wir sollten unsere Klientel besser pflegen, sonst verlieren wir sie - im schlimmsten Fall auch an die Schwurbler und Verschwörungsgläubigen. Meine Theorie ist ohnehin, dass wir in den Debatten rund um die Pandemie das Ende der Argumentationszeit erreicht haben. Wer noch nicht überzeugt ist, der lässt sich nicht mehr überzeugen. Alle Fakten und Argumente wurden x-fach diskutiert. Jetzt geht es eher um eine psychologische Herausforderung: Da haben sich viele über ihre aus alternativen Informationen gespeiste Haltung distinguiert ... - Wie sollen diese Leute jetzt zum Arzt gehen und sich impfen lassen? - So jemand fühlt sich zwangsläufig als Kapitulierer, dem der Gesichtsverlust droht. Wahrscheinlich würde einigen dieser Menschen eine Impfpflicht sogar helfen - sie könnten dann darauf verweisen, dass sie gezwungen wurden. Wie auch immer: Die Zahl der Erstimpfungen ist in den vergangenen Tagen gestiegen - ich werte das als gutes Zeichen, offenbar werden manche von den Bildern und Berichten aus den Krankenhäusern doch wachgerüttelt. Oder vielleicht auch nur von den sonst drohenden Einschränkungen ...

teleschau: Haben Sie eine Idee, wie wir uns als Gesellschaft nach der Pandemiezeit wieder zusammenraufen wollen?

Plasberg: Da reicht meine Fantasie derzeit nicht aus, offen gesagt. Es ist ja auch kaum mehr möglich, irgendwelche Brücken zu bauen - jeder Versuch wird ausgeschlagen, endet im Fiasko. Also geht man sich aus dem Weg oder versucht bei Zusammenkünften im privaten Bereich irgendwie um die Themen Corona und Impfung herumzueiern. Jeder kennt das inzwischen in seinem Umfeld. Leider. Da stehen Freundschaften und Beziehungen in Frage, die jahrzehntelang Bestand hatten.

ARD-Talker Frank Plasberg wirft im Interview einen besorgten Blick auf die gesellschaftlichen Verwerfungen. Seine Kritik gilt dabei nicht nur auch den Medien: "Wir sollten unsere Klientel besser pflegen, sonst verlieren wir sie - im schlimmsten Fall auch an Schwurbler und Verschwörungsgläubige." (Bild: WDR/Stephan Pick)
ARD-Talker Frank Plasberg wirft im Interview einen besorgten Blick auf die gesellschaftlichen Verwerfungen. Seine Kritik gilt dabei nicht nur auch den Medien: "Wir sollten unsere Klientel besser pflegen, sonst verlieren wir sie - im schlimmsten Fall auch an Schwurbler und Verschwörungsgläubige." (Bild: WDR/Stephan Pick)

"Habe keine Manschetten vor meinem 65. Geburtstag"

teleschau: Bei "Hart aber fair" kommt die gemeine Frage immer zum Schluss ...

Plasberg: (lacht) Nein, ich habe keine Manschetten vor meinem 65. Geburtstag im nächsten Jahr! Der 60. war jedenfalls viel markanter. Ich plane auch keine Feier, meine Frau hat an meinem Geburtstag einen Auftritt bei einer befreundeten Kollegin - ein Kneipen-Quiz, vielleicht nimmt sie mich ja mit. Ansonsten sind wir sowieso oft am Feiern, wenn nicht gerade Corona ist, und dank Yoga, Joggen, Skifahren fühle ich mich ganz fit und vergesse immer wieder, wie alt ich bin. Danke, dass Sie mich daran erinnert haben!

Zuletzt war mehrfach der Vorwurf geäußert worden, das Fernsehen würde seine Corona-Talks nicht ausgewogen besetzen. "Die Kritik kenne ich, aber ich kann sie nicht bestätigen", sagt Frank Plasberg. (Bild: ARD/WDR)
Zuletzt war mehrfach der Vorwurf geäußert worden, das Fernsehen würde seine Corona-Talks nicht ausgewogen besetzen. "Die Kritik kenne ich, aber ich kann sie nicht bestätigen", sagt Frank Plasberg. (Bild: ARD/WDR)