Gibt es Leben auf der Venus? Wissenschaftler wandeln auf Carl Sagans Spuren

Wissenschaftler haben in der Atmosphäre der Venus das Gas Monophosphan entdeckt – für sie ein Indiz dafür, dass es auf unserem Nachbarplaneten Leben geben könnte. Diese Vermutung hatte vor mehr als 50 Jahren schon der legendäre Astrophysiker Carl Sagan aufgestellt.

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Unser Sonnensystem: Die Venus ist der Sonne nach dem Merkur am nächsten. Danach folgt die Erde. (Symbolbild: Getty Images)

Gibt es Leben auf unserem Nachbarplaneten Venus? Astronomen schließen diese Möglichkeit nicht aus, nachdem sie kürzlich in dessen Atmosphäre das Gas Monophosphan entdeckt haben. Das heißt also: Zwischen der höllisch-heißen Oberfläche der Venus und dem Vakuum des Weltraums könnten es mikrobielles Leben geben. Würde Carl Sagan noch leben, würde er sich mit dieser Hypothese bestätigt wissen. Denn der legendäre Astrophysiker hatte schon vor mehr als einen halben Jahrhundert Ähnliches behauptet.

Vordenker Carl Sagan

Seine These formuliert Sagan 1967 auch in einer wissenschaftlichen Publikation. "Wenn kleine Mengen Mineralien von der Oberfläche bis zu den Wolken aufgewirbelt werden, ist es keineswegs schwierig, sich eine einheimische Biologie in den Wolken der Venus vorzustellen", schreibt der Astrophysiker als Ko-Autor in der Fachzeitschrift Nature. Und weiter: "Während die Bedingungen auf der Oberfläche der Venus die Hypothese vom Leben auf dem Planeten unwahrscheinlich machen, sind die Wolken der Venus eine andere Geschichte."

Astronomer Dr. Carl Sagan speaking before House Science and Technology Subcommittee on Natural Resources re Nuclear Winter.  (Photo by Terry Ashe/The LIFE Images Collection via Getty Images/Getty Images)
Der bedeutende Astrophysiker Carl Sagan stellte schon vor mehr als 50 Jahren die These auf, es auf der Venus Leben geben könnte. (Bild: Terry Ashe/The LIFE Images Collection/Getty Images)

Mit dieser Behauptung ist der 1996 im Alter von 62 Jahren verstorbene Astrophysiker seiner Zeit weit voraus. In den folgenden Jahren gewinnen Wissenschaftler aus der Erforschung der Venus Erkenntnisse, die jene ihres bedeutenden Vorgängers bestätigen. Elf Jahre später nach Sagans Publikation entdeckt eine Venus-Sonde in der Atmosphäre des Planeten Methan – ein Indiz für die Möglichkeit, dass dort Leben existieren könnte. Und 2016 weisen Forscher nach, dass die Venus einen Ozean hatte. Womit sie die Hypothese des Astrobiologen David Greinspoon stützen, dass Mikroorganismen vor Milliarden von Jahren gen Wolkendecke der Venus gewandert sein konnten, weil die Lebensbedingungen auf der Oberfläche des Planeten zunehmend schwieriger wurden.

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Und nun die neueste wissenschaftliche Entdeckung, die Sagan als Vordenker ausweist. Als Astronomen die Venus mit dem James-Clerk-Maxwell-Teleskop auf Hawaii und dem Atacama-Teleskopfeld in den chilenischen Anden analysieren, entdecken sie in den Venuswolken Spektrallinien, die nur bei Monophosphanen vorkommen. Die Verbindung aus Phosphor- und drei Wasserstoffatomen muss dort jedoch nicht zwangsläufig das Ergebnis biologischer Prozesse sein, wie sie auf der Erde entsteht, schreibt das Forscherteam um Jane S. Greaves von der Universität Cardiff im Fachblatt Nature Astronomy. Es sei zunächst ein Hinweis auf unbekannte foto- und geochemische Reaktionen.

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Dennoch schließen die Wissenschaftler die Möglichkeit nicht aus, dass es auf der Venus Leben geben könnte. "Wir haben das Gas Monophosphan entdeckt, dessen Herkunft ein Geheimnis ist", sagt die Ko-Autorin des Fachartikels, Sara Seager vom Massachusetts Institute of Technology, am gestrigen Montag auf einer Pressekonferenz. Trotzdem sei die Venus mit den ihren Erkenntnissen auf der Rangliste jener Himmelskörper im Sonnensystem weiter nach oben rücken, auf denen Leben existieren könnte, fügt die Astrophysikerin hinzu. In Nature Astronomy schränken die Forscher wiederum ein: Um Gewissheit zu erlangen, müsste die Venus vor Ort untersucht werden.

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Vielleicht würde dann manch weitere These des Venus-Pioniers Sagan bestätigt werden. Dass es Leben auf der Venus geben könnte, ist übrigens nicht die einzige steile These des Astrophysikers. Er ist der erste, der behauptet, dass auf der Oberfläche des Planeten glühend-heiße Temperaturen herrschen – diese Hypothese bestätigt die NASA im Jahr 1962. Und er erkennt als erster, dass diese Bedingungen Folge des Treibhauseffektes sind, der durch die dichte Wolkendecke verursacht wird. Damit ist Sagan zugleich in einer weiteren Hinsicht ein Vorreiter: Er erkennt, dass die Erde ihrem Nachbarplaneten in Sachen Klimawandel nachzufolgen droht. Denn auch auf unserem Planeten gibt es bekanntlich einen Treibhauseffekt, dessen Wirkung durch den Einfluss des Menschen immer mehr außer Kontrolle gerät.

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