"Der BVB wollte mich als Lewandowski-Backup zurückholen"

"Der BVB wollte mich als Lewandowski-Backup zurückholen"
"Der BVB wollte mich als Lewandowski-Backup zurückholen"

Mit 20 Jahren wurde er Deutscher Meister, aktuell ist Daniel Ginczek etwas vom Radar verschwunden. Beim VfL Wolfsburg hat der 30 Jahre alte Stürmer aktuell keine Chance gegen Wout Weghorst, kommt meist nur sporadisch zum Einsatz.

Vor 15 Jahren wechselte der Teenager Ginczek in die U17 von Borussia Dortmund.

Die Jugend der Schwarzgelben war auch damals schon gespickt mit allerhand Talenten. Dennoch entschied sich Ginczek für den schwierigeren Weg. Er schlug ein Angebot des VfL Bochum aus und folgte seinem Herzen. "Als Dortmund-Fan habe ich mich dann für den BVB entschieden, obwohl mir die meisten geraten haben, lieber nach zu Bochum wechseln, da es dort einfacher wäre", erklärte Ginczek bei Spox und Goal.

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Richtig Fuß fassen konnte er bei den Profis der Dortmunder nicht. Dennoch resümierte er: "Heute kann ich sagen, dass es die richtige Entscheidung war."

Ginczek schwärmt von Götze

Denn Ginczek konnte sich in der BVB-Jugend einiges von den anderen Talenten anschauen. Wer ihn am meisten beeindruckt hat? "Ganz klar Mario Götze. Sobald er den Ball am Fuß hatte, hat man sich gedacht: Wenn der kein Bundesliga-Profi wird, dann können wir anderen alle einpacken. Er hatte uns unheimlich viel voraus, allein die Räume, die er gesehen hat."

Es habe immer wieder Szenen gegeben, ob im Spiel oder im Training, in denen Götze auf einmal die Bälle vor dem Tor nochmal quergelegt habe. "Wenn ich ihn dann gefragt habe, warum er nicht selbst abschließt, hat er gesagt: 'Ich muss keine Tore schießen, Assists sind genauso wichtig'", erklärte Ginczek. Überhaupt sei Götze in einem außergewöhnlichen Maß mannschaftsdienlich gewesen. "An seinem Beispiel sieht man, dass so eine Einstellung auch belohnt werden kann."

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Ab Sommer 2010 gehörte Ginczek offiziell zum Profi-Kader, wurde gleich in seiner ersten Profi-Saison deutscher Meister – ohne allerdings eine einzige Minute auf dem Feld gestanden zu haben. Vor allem die Ansprachen von Trainer Jürgen Klopp blieben dem gebürtigen Arnsberger in Erinnerung. "Gerade als es Richtung Meisterschaft ging, war die Kabinenansprache vor jedem Spiel ein purer Gänsehautmoment", erinnerte sich Ginczek. Jürgen Klopp habe es geschafft, die Mannschaft mental unfassbar zu pushen. "Selbst ich war unglaublich heiß, obwohl ich wusste, dass ich wahrscheinlich 90 Minuten auf der Bank sitzen würde."

Bei Klopp ohne Chance

Auch nach erreichtem Titel sei Klopp nicht satt gewesen. "Ich weiß auch noch, dass er am Ende unbedingt auch noch den Punkterekord knacken wollte. Die mannschaftliche Geschlossenheit, die er in der Mannschaft implementiert hat, war einzigartig. Der Spaß durfte bei ihm nicht zu kurz kommen, trotzdem waren die Vorbereitungen extrem hart", erklärte Ginczek. In den sehr intensiven Trainingseinheiten sei der Grundstein gelegt worden. Davon hätten sich viele andere Vereine in der Folge etwas abgeschaut.

Ginczek selbst hatte unter Klopp allerdings keine Chance. "Ich habe eine gute Saison in der Regionalliga gespielt, aber Jürgen Klopp hat mir offen und ehrlich gesagt, dass ich körperlich noch nicht so weit sei", erklärte der 1,91 Meter große Mittelstürmer. Das sei in dem Moment schwer zu verstehen gewesen, "heute weiß ich aber, dass ich mit 76 Kilo im Sturm nicht allzu viel bewegt hätte."

Seine Konkurrenten in der Saison 2010/11 hießen Lucas Barrios und Robert Lewandowski. Der heutige Weltfußballer absolvierte seine Debütsaison für Dortmund. Für die Nachwuchsspieler war es schwierig, dennoch ließ Klopp Ginczek & Co. nicht links liegen. "Jürgen hat dennoch immer wieder auch mit den jungen Spielern wie mir das Gespräch gesucht und uns Mut gemacht. Ich bin froh, dass ich Teil dieser Mannschaft sein konnte - auch wenn es mich etwas traurig macht, dass es nicht zu einem Pflichtspieleinsatz gereicht hat", erklärte Ginczek.

Ginczek lehnt Rolle als Lewandowski-Backup ab

Nach der Saison entschied Ginczek, den BVB zu verlassen. "Die Konkurrenz beim BVB war mit Barrios und Lewandowski riesig, deshalb habe ich mich nach der Saison zum VfL Bochum verleihen lassen." Während seiner zweiten Leihstation beim FC St. Pauli sei ihm schließlich klar geworden, dass er sich die Bundesliga durchaus zutraue. Ein Pflichtspiel für den BVB hatte er nicht absolviert.

Mit etwas Verspätung hätte es doch noch etwas werden können mit Ginczeks Profi-Debüt für Schwarzgelb – doch der Stürmer lehnte ab. In der 2. Bundesliga hatte er für die Kiezkicker 18 Saisontore geschossen. Das rief auch den BVB auf den Plan "Dortmund wollte mich damals als Backup für Lewandowski zurückholen, mir war es aber wichtiger, in der Bundesliga Fuß zu fassen und regelmäßig zu spielen. Das ist mir dann in Nürnberg gelungen", sagte er. Ginczek schließt: "Meine beste Entscheidung war, Dortmund endgültig zu verlassen", erklärte er.

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In der Folge spielte der für den Club und den VfB Stuttgart, bevor er 2018 für 14 Millionen Euro nach Wolfsburg wechselte. Im Laufe seiner Karriere wurde Ginczek immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen. Bandscheibenvorfall, Kreuzbandrisse – die Krankenakte Ginczek ist lang.

Sie verhinderte eine noch erfolgreichere Karriere des Stürmers. "Ich hätte mir von meinen Qualitäten her mehr zugetraut und glaube, dass auch die Nationalmannschaft ein Thema hätte werden können. Ich habe mich leider immer zu denkbar schlechten Zeitpunkten verletzt, daher hat es für Höheres nicht gereicht", resümierte Ginczek

Und dennoch sei die gerade erreichte Champions-League-Qualifikation mit Wolfsburg auch nicht so schlecht. An einen Abschied aus Wolfsburg denkt er bislang nicht. "Ich habe nichts anderes geplant und werde erst nach der Saison mit den Verantwortlichen über meine Situation sprechen", erklärte Ginczek. Er habe noch Vertrag bis 2022 und sich bislang noch keinerlei Gedanken gemacht. "Da bin ich mittlerweile auch etwas lockerer als noch vor ein paar Jahren."