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Sein grausamer Tod ist ein oft ignoriertes Mahnmal

Sein grausamer Tod ist ein oft ignoriertes Mahnmal
Sein grausamer Tod ist ein oft ignoriertes Mahnmal

„Der Ventoux ist ein Gott der Bosheit, dem Opfer dargebracht werden müssen. Er vergibt niemals Schwäche, er fordert ein schier ungerechtes Maß an Leiden.“

Der bekannte französische Philosoph Roland Barthes schrieb diese Worte 1957, die Tour de France war schon damals nationales Kulturgut. Dabei geschah erst zehn Jahre später die Tragödie, nach der sich Barthes‘ Umschreibung des „Schicksalsbergs“ wie eine beklemmende Prophezeiung lasen.

Am 13. Juli 1967 starb Tom Simpson beim Erklimmen des 1909 Meter hohen „Riesen der Provence“, offizielle Todesursache: Herzversagen durch Erschöpfung. Simpson ist der bis heute prominenteste Todesfall der Tour, zusammen mit dem fatalen Sturz von Fabio Casartelli 1995.

Ein Tag, der allen Radsport-Fans noch lange in Erinnerung bleiben sollte - und der auch schon damals viel über den immer wieder verdrängten Doping-Schatten des Großereignisses erzählte.

13. Juli 1967: Tom Simpson kollabiert und stirbt

Simpson, geboren am 30. November 1937 in Haswell der nordenglischen Grafschaft Durham, war in den Sechzigern ein Topstar seines Sports: Straßenrad-Weltmeister 1965 vor Rudi Altig, Gewinner der Klassiker in Flandern, Mailand - San Remo und der Lombardei, Sportler des Jahres in Großbritannien, der erste Brite im Gelben Trikot der Tour.

1967 machte Simpson sich Hoffnungen auf den Gesamtsieg, versuchte auf Etappe 13 am Ventoux den Führenden und späteren Gesamtsieger Roger Pingeon zu attackieren - und übernahm sich dabei auf verhängnisvolle Weise.

Kreidebleich, gezeichnet von Dehydrierung und der Anstrengung in der Gluthitze der Provence (Asphalt-Temperatur 54 Grad Celsius) steuerte er in einen letztlich tödlichen Kollaps.

Im Anstieg fuhr der Radstar Schlangenlinien, fiel anschließend auf die Straße. Der 29-Jährige rappelte sich nochmals auf, kollabierte dann aber erneut. Pierre Dumas, Tour-Arzt und zufällig am Ort des Geschehens, leitete umgehend, aber vergeblich Wiederbelebungs-Maßnahmen ein.

Doping trug zu Simpsons Tod am Mont Ventoux bei

Simpsons Ableben wurde und wird oft als sportlicher Heldentod verklärt, aber ein wesentliches Element war Simpsons Doping, das er einige Jahre zuvor freimütig eingeräumt hatte - was damals nicht so hohe Wellen schlug: Kontrollen, um leistungssteigernde Substanzen zu finden, waren bei der Tour erst 1966 eingeführt worden.

Bei seinem Tod hatte der körperlich ausgetrocknete Simpson auch Amphetamine und Alkohol im Blut, sogar in der Brusttasche seines Trikots wurden Tabletten gefunden. Tourarzt Dumas soll mit Blick auf die Bedingungen noch kurz vor Simpsons Tod gesagt haben: "Wenn die Jungs heute ihre Nase in ein Fläschchen stecken, haben wir ein Problem."

Das sportliche Erbe Simpsons ist bis heute präsent: "Tom Simpson ist für viele in Großbritannien immer noch ein großes Idol", sagt Mark Cavendish, britischer Sprintstar heutiger Tage, auch der spätere Tour-Champ Bradley Wiggins verehrt ihn.

An der Stelle, an der das Leben von Tom Simpson sein Ende nahm, erinnert heute ein Gedenkstein an ihn, an dem viele Tour-Fahrer Equipment-Teile hinterlassen. Simpsons Geschichte wurde immer in Erinnerung gerufen, wenn andere Stars wie Eddy Merckx, Lance Armstrong, Marco Pantani und Christopher Froome dramatische Momente am Ventoux erlebten.

Ein Mahnmal, das oft ignoriert wird

Dass der Simpson-Gedenkstein auch ein Doping-Mahnmal ist, wird seltener wahrgenommen - vom Substanzmissbrauch abgehalten hat der Fall zahlreiche seiner Erben wie Armstrong, Jan Ullrich oder den ebenfalls früh verstorbenen Pantani bekanntlich nicht.

Einen seltenen Bruch in der Simpson-Verehrung vollzog 2012 der Schotte David Millar, erst selbst Doper, dann nach abgesessener Strafe Kämpfer für einen Kulturwandel.

Als Millar nach abgesessener Dopingsperre am 45. Todestag seines Landsmannes am 13. Juli 2012 Tour-Etappensieger wurde, mahnte er: "Ich habe einst dieselben Fehler gemacht wie Tommy und nun sauber gewonnen. Ich hoffe, darin steckt eine Botschaft."

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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)