Guardiola: Sägen am eigenen Denkmal

Guardiola: Sägen am eigenen Denkmal

Pep Guardiola und Bayern München, das schien lange wie ein perfektes Gespann. Der Spanier hob den Fußball des Rekordmeisters auf ein neues Level, die Verantwortlichen lobten ihn überschwänglich und verwehrten sich gegen jegliche Kritik. Umso rätselhafter sind die Entwicklungen der letzten Wochen. Zerstört Guardiola schon vorab sein eigenes Denkmal beim FC Bayern? Ein Kommentar von Johannes Kallenbach.

Manchmal reicht ein einschneidendes Ereignis, um vermeintliche Ruhe in einem Verein auf einen Schlag ins komplette Gegenteil zu verkehren. Als Jerome Boateng beim Rückrunden-Auftakt der Bayern mit schmerzverzerrtem Gesicht liegenblieb und wenig später ausgewechselt werden musste, schwante den meisten Fans schon Übles. Die Entwicklungen der nächsten Tage brachen jedoch selbst für Bayern-Verhältnisse in einer Eile herein, die die Wenigsten für möglich gehalten haben.

Martinez? Auch wochenlang außer Gefecht. Vidal? Unruhestifter und unfit. Ribéry? Nicht zielstrebig genug auf dem Weg zum Comeback. Maulwurf. Die Bayern kommen zu Beginn der entscheidenden Phase der Saison mal wieder auf dem Zahnfleisch daher. Erstmals in der Ära Guardiola wachsen jedoch die Zweifel, dass äußere Umstände an den Problemen des Triple-Aspiranten Schuld sind. Nein. Diesmal steht der Maestro selbst im Fokus.

Mit Boatengs Verletzung begann das Unheil.
Mit Boatengs Verletzung begann das Unheil.

Fragen kommen auf. Wie kann es sein, dass sich die Anzahl der Muskel- und Bänderverletzungen unter Guardiola im Vergleich zur Ära Heynckes vervielfacht haben? Wie kann ein potentieller Schlüsselspieler wie Arturo Vidal trotz Daueraufsicht weit unter seinen körperlichen Möglichkeiten sein und zudem das Klima in der Mannschaft durch sein Verhalten belasten? Im Moment führen die Antworten auf diese Fragen unangenehm oft zum Meistertrainer.

Da passt es irgendwie ins Bild, dass mit Manchester City schon Guardiolas neuer Arbeitgeber ab Sommer feststeht und die Verhandlungen darüber schon seit Jahren gelaufen sein sollen. Dieses pikante Detail, veröffentlicht von den City-Verantwortlichen selber, wirft einfach kein gutes Licht auf Pep - egal wie man es dreht und wendet.

Außergewöhnlicher Fußball hin oder her. Verletztenmisere hin oder her. Sollten die Bayern das nächste halbe Jahr in die Binsen setzen, und das wird gefühlt von Tag zu Tag realistischer, dann wird die Ära Guardiola für immer mit den Ereignissen der letzten zwei Wochen verknüpft sein - und dem Trainer eine gewaltige Delle in seine ansonsten so makellose Bilanz schlagen. Der Spanier sägt gerade an seinem eigenen Denkmal, es wird höchste Zeit für eine Kehrtwende.