Hat Bayern zu wenig um Flick gekämpft?

Hat Bayern zu wenig um Flick gekämpft?
Hat Bayern zu wenig um Flick gekämpft?

Seit dieser Woche herrscht Klarheit: Hansi Flick folgt nach der EM auf Joachim Löw als Trainer der deutschen Nationalmannschaft.

Bevor es dazu überhaupt kommen konnte, hatte der Coach Mitte April die Bosse des FC Bayern um eine Vertragsauflösung am Saisonende gebeten. Dem Abschiedswunsch von Flick leistete der Rekordmeister schließlich Folge.

Doch hätte der FC Bayern vorher mehr tun können, um Flick zum Bleiben zu überreden?

Kahn hatte "das Gefühl, wir kriegen das hin"

"Ich hatte viele Gespräche mit Hansi. Zwischendurch hatte ich das Gefühl, wir kriegen das hin", verriet Bayern-Vorstand Oliver Kahn im Interview mit SPORT1. "Aber dass das Thema Nationalmannschaft in ihm gearbeitet hat, als Jogi Löw seinen Rücktritt nach der EM angekündigt hat, ist nicht wegzudiskutieren."

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Das "Thema Nationalmannschaft" war das eine Motiv für Flicks Abschieds - nach SPORT1-Informationen aber nicht der Hauptgrund. Der fortlaufende Zwist mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic belastete den Erfolgstrainer bei seiner Arbeit in München.

Rückblickend beurteilt Kahn die Meinungsverschiedenheiten zwischen Flick und Salihamidzic so: "Es liegt in der Natur der Sache, dass es da auch mal unterschiedliche Auffassungen geben kann. Der Trainer schaut immer auf den aktuellen Kader. Der Sportvorstand muss vor allem in der Coronazeit auf die wirtschaftlichen Aspekte achten."

Kahn betont, man habe beim FC Bayern "alles versucht, um Hansi in München zu halten". Doch von außen betrachtet ergibt sich im Nachhinein ein nicht ganz so eindeutiges Bild. (KOMMENTAR: Flick hat keine andere Wahl!)

So lief die Flick-Entscheidung

Flick war im April nach dem Champions-League-Aus gegen PSG auf die Bayern-Bosse zugegangen und hatte in einem Gespräch auch Kahn seine Entscheidung mitgeteilt.

Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge war bei dieser wichtigen Verkündung anwesend. Ihn hatte Flick zuerst informiert. (BERICHT: Gespräch ohne Salihamidzic! So lief Flicks Entscheidung)

Die Reaktion von Kahn soll eher zurückhaltend ausgefallen sein, der einstige Torhüter habe reserviert gewirkt.

Hoeneß versteht Kritik an Salihamidzic nicht

Zudem unterstützt Ehrenpräsident Uli Hoeneß bekanntermaßen Salihamidzic. Der 69-Jährige brach bei SPORT1 einmal mehr eine Lanze für den Bayern-Sportvorstand.

"Ich kann die Kritik an Salihamidzic nicht nachvollziehen. Ich war 40 Jahre beim FC Bayern in leitender Funktion und bin weiterhin im Aufsichtsrat. Immer, wenn wir einen Spieler gekauft haben, waren alle im Verein dafür verantwortlich. Und nicht der Trainer oder der Manager alleine. Das ist jetzt nicht anders", stellte Hoeneß klar.

Bayerns Ehrenpräsident stellte klar: "Tatsache ist: Hasan kann gar nicht alleine Spieler kaufen. Das lässt die Satzung der FC Bayern München AG gar nicht zu. Bei jedem Transfer muss auch die Unterschrift von Karl-Heinz Rummenigge oder einem anderen Vorstandsmitglied drauf sein."

Nur Rummenigge setzte sich für Flick ein

Unter den Verantwortlichen soll sich einzig Rummenigge bis zum Schluss vehement für Flick eingesetzt haben, wie er es auch schon im SPORT1-Interview im März tat. Ein Umstand, der den Sextuple-Coach enttäuscht zurückgelassen habe.

Es zeigt auch, dass es zwischen dem 56 Jahre alten Trainer und dem Klub nicht mehr passte. Den Bayern-Bossen gelang es nicht, ein Umfeld für Flick zu schaffen, in dem er lieber weiterarbeiten wollte, als zum DFB zu gehen.

Der Fußballlehrer wollte mehr Mitspracherecht bei der Kaderplanung und die Zeichen deuteten klar darauf hin, dass es mit Flick und Salihamidzic nicht gemeinsam weitergehen konnte.

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Kahn: "Haben sicherlich nicht alles richtig gemacht"

Dass sich die Verantwortlichen beim FC Bayern nach dem öffentlich angekündigten Wechselwunsch von Flick überrumpelt fühlten, ist nur zum Teil nachvollziehbar. Der Zeitpunkt, als der Coach noch vor der sicheren Meisterschaft in der Bundesliga seine Abschiedsgedanken verkündete, ist durchaus zu hinterfragen - auch Kahn räumt nun Fehler ein.

"Es ist nicht so, dass wir uns im Rückblick alle auf die Schulter klopfen. Wir haben sicherlich nicht alles richtig gemacht. Auch wir werden uns in den nächsten Wochen hinsetzen und zurückschauen, was wir hätten besser machen können. Wo wir uns anders hätten verhalten müssen", gab Kahn gegenüber SPORT1 zu.

Zugleich blickte der Vorstand optimistisch in die Zukunft. "In der Vergangenheit sind schon häufiger große Spieler und große Trainer weggegangen, und fast immer ging es beim FC Bayern noch erfolgreicher weiter", stellte Kahn klar.