Helfen Brillen gegen eine Coronavirus-Infektion?

Eine chinesische Studie legt eine gewisse Schutzwirkung durch Brillen vor einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus nahe. Doch die Zahlen fußen auf sehr wenigen Proband*innen.

Unter 276 Covid-19-Patient*innen in einem chinesischen Krankenhaus trugen nur 30 eine Brille. Dient die Sehhilfe auch als Schutz vor dem Coronavirus? Foto: Symbolbild / gettyimages / Narith Thongphasuk / EyeEm
Unter 276 Covid-19-Patient*innen in einem chinesischen Krankenhaus trugen nur 30 eine Brille. Dient die Sehhilfe auch als Schutz vor dem Coronavirus? (Symbolbild: Getty Images / Narith Thongphasuk / EyeEm)

Eine aktuelle Veröffentlichung im Fachblatt für Augenmedizin Jama Ophthalmology, das von der American Medical Association herausgegeben wird, legt eine Schutzwirkung von Brillen gegen eine Infektion mit dem Coronavirus nahe.

Dazu hat ein Team von Ärzt*innen um Weibiao Zeng insgesamt 276 Covid-19-Patient*innen untersucht, die zwischen dem 27. Januar und dem 13. März in einem Krankenhaus in Suizhou behandelt worden waren. Suizhou ist eine Millionenstadt in der chinesischen Provinz Hubei.

Statistische Annahme: die Vergleichswerte von Brillenträger*innen in Hubei

Laut Studienbeschreibung lag der Alters-Median der Patient*innen bei 51 Jahren, 155 waren männlich, 121 weiblich. Doch der entscheidende Punkt: Von allen Infizierten trug niemand Kontaktlinsen und nur 30 hatten eine Brille. Von den 30 wiederum waren 16 sogenannte „long term wearers“, die ihre Sehhilfe täglich mehr als acht Stunden trugen. Was gerade mal einem Anteil 5,8 Prozent aller Patient*innen entspricht.

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Diesen Wert verglichen die Ärzt*innen mit einer statistischen Annahme, wie viele Menschen derzeit in der Hubei-Region eine Brille tragen könnten. Als Ausgangswert für ihre Berechnung nutzten sie dafür eine Untersuchung des chinesischen Gesundheitsministeriums aus dem Jahr 1985. Die hatte damals herausgefunden, wie viele Studierende in Hubei kurzsichtig waren. Das Ergebnis: 31,5 Prozent. Diesen Wert nahm das Team um Zeng als Vergleichswert für alle Einwohner*innen in Hubei heute: Demnach wären 31,5 Prozent kurzsichtig und würden Brille tragen – genauso wie ihre 16 „long term wearers“.

Menschen fassen sich pro Stunde bis zu zehnmal ans Auge

Das zeigt, dass unter den untersuchten Patient*innen die Brillenträger*innen unterrepräsentiert sind. Woraus Zeng und sein Team schlossen, dass „Menschen, die täglich und lange eine Brille tragen, weniger anfällig für eine Infektion mit dem Coronavirus“ seien. Ihre Ergebnisse könnten einen Hinweis darauf liefern, dass die Augen ein bislang unterschätzter Übertragungsweg für das Virus sei. Das sei auch deshalb plausibel, so Zeng, weil sich Menschen laut anderen Studien rund zehn Mal pro Stunde an die Augen fassen. Viren könnten über die Finger zuerst an die Augen und dann recht einfach in den Körper gelangen. Brillengläser würden solche unwillkürlichen Berührungen verhindern.

Doch sie schränkten ihre Ergebnisse auch ein. In ihrer Studie schreiben die Ärzt*innen, dass die untersuchten Fälle zu wenige seien, um ihr Ergebnis auf eine größere Gruppe auszuweiten. Zudem stamme ihr Vergleichswert der Brillenträger*innen in Hubei aus einer jahrealten Untersuchung und sei nicht aktuell erhoben worden.

Augen gelten als mögliche Übertragungswege

Doch auch andere Untersuchungen zeigen, dass die Augen durchaus als Übertragungsweg dienen können. Im März haben Forschende um Wei Denk einen Rhesusaffen über die Bindehaut mit SARS-CoV-2 infiziert. Im Juni wurde im Fachblatt The Lancet eine Metastudie aus 172 Beobachtungsstudien aus 16 Ländern veröffentlicht. Das Ergebnis: Nicht nur Social Distancing von über einem Meter und Gesichtsmasken senken demnach die Gefahr einer Infektion, sondern auch Augenschutz war „mit weniger Infektionen assoziiert“. Das schreibt das Science Media Center in ihrer regelmäßig aktualisierten Publikationsliste zu wichtigen Coronavirus-Studien.

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Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schreibt auf Infektionsschutz.de konkret von den Augen als Eintrittspforte für das Coronavirus. Da heißt es:

„Eine Ansteckung kann erfolgen, wenn virushaltigen Flüssigkeitspartikel an die Schleimhäute der Nase, des Mundes und ggf. der Augen einer anderen Person gelangen. Auch eine Übertragung durch Schmierinfektion über die Hände, die mit der Mund- oder Nasenschleimhaut sowie mit der Augenbindehaut in Kontakt gebracht werden, ist prinzipiell nicht ausgeschlossen.“

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