Die Hintergründe des geplatzten Rangnick-Deals

Seit Monaten ging das Gerücht um, doch am Ende ist der Wechsel von Ralf Rangnick zum italienischen Traditionsklub AC Mailand geplatzt.

Eine entsprechende Meldung des kicker bestätigte Rangnicks Berater Marc Kosicke: "Die AC Milan und Ralf Rangnick sind übereingekommen, dass es aktuell weder der richtige Zeitpunkt ist, noch das Momentum für eine Zusammenarbeit spricht. Deswegen und unter Berücksichtigung der guten Entwicklung und der Ergebnisse unter Trainer Pioli hat man gemeinsam entschieden, dass Ralf Rangnick keine Funktion bei der AC Mailand übernimmt."

Auf SPORT1-Nachfrage wollte er sich nicht weiter zu der Sache äußern. Doch war die Entscheidung wirklich so geräuschlos und einvernehmlich?

Tatsächlich kam der Deal nach SPORT1-Informationen hauptsächlich deshalb nicht zustande, weil die sportliche Situation einfach eine andere ist als noch vor wenigen Monaten, als die Verhandlungen zwischen den beiden Parteien begannen.

Das war Anfang November 2019, als es den ersten Kontakt gab zwischen Milan und Rangnick, der schon immer ein großer Fan des Vereins war.

Milan von Platz 14 in die Europa League?

Wer Rangnick kennt, der weiß, dass ihn extreme Herausforderungen reizen. Milan - unter den damaligen Voraussetzungen - wäre so eine Herausforderung gewesen.

Damals belegte der Verein Platz 14 und versank im Mittelmaß, inzwischen hat Milan wieder in die Spur gefunden und es winkt sogar die Qualifikation für die Europa League.

Daher sei es nun eine gemeinsame Entscheidung aller Beteiligten gewesen, nicht zusammenzukommen, da es keinen Anlass mehr gebe, einzugreifen. Stattdessen verlängerte Trainer Stefano Pioli seinen Vertrag beim 18-maligen Meister bis 2022. Der Italiener hatte im vergangenen Oktober die Nachfolge von Marco Giampaolo angetreten, der nach nur sieben Spielen entlassen worden war.

Am Dienstagabend setzte Milan mit einem 2:1-Erfolg bei US Sassuolo seinen Aufwärtstrend fort.

Lob und Verlängerung für Stefano Pioli

"Pioli hat auf brillante Weise die Phase der Pause infolge der Pandemie gemeistert. Mit ihm wächst die ganze Mannschaft", begründete der Verein die Verlängerung.

Die Coronakrise trug also sicherlich auch dazu bei, dass aus der Liaison zwischen Rangnick und Milan nichts wurde. Denn während in anderen Vereinen vorschnell Personalentscheidungen getroffen wurden, wurde bei Milan die Situation in Ruhe beobachtet, analysiert und bewertet. Mit dem Ergebnis, dass Pioli das Vertrauen ausgesprochen bekam.

"Wir sind am Anfang eines außerordentlichen Weges. Wenn wir weiterhin so arbeiten, können wir immer wettbewerbsfähiger werden", erklärte der Trainer nach seiner Vertragsverlängerung.

Mit Pioli in die Zukunft heißt es jetzt also bei Milan - dabei schien eine Rangnick-Verpflichtung noch im Mai nur noch Formsache, der 62-Jährige hatte sogar schon damit begonnen, Italienisch zu lernen.

Ibrahimovic: "Wer ist Rangnick?"

So ganz einvernehmlich fiel die Entscheidung zur Absage der Zusammenarbeit also nicht, zumal Rangnick einige Dinge auch kritisch sah, sich deshalb mit einer finalen Zusage zierte.

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In unzähligen Verhandlungen ging es um Macht, Personal und die Ausrichtung des Klubs. Dabei wunderte sich Rangnick offenbar, dass er oft nur von einem Teil der Verantwortlichen empfangen wurde. Stand der Verein also nicht geschlossen hinter seiner Verpflichtung?

Diesen Eindruck verstärkten unter anderem Aussagen von Stürmerstar Zlatan Ibrahimovic. "Wer ist Rangnick? Ich weiß nicht, wer Rangnick ist", hatte der Milan-Profi auf eine entsprechende Frage in einem Interview mit der Gazzetta dello Sport gesagt.

Auch Vereinslegende Paolo Maldini, inzwischen Technischer Direktor des Klubs, lästerte: "Bevor er Italienisch lernt, sollte er das Konzept von Respekt überdenken." Rangnicks angebliche Forderungen seien wie ein "Platzsturm".

Wie geht es mit Rangnick weiter?

Wie SPORT1 erfuhr, war Maldini jedoch nicht die treibende Kraft für den geplatzten Rangnick-Deal. Zumal noch nicht klar ist, ob er Technischer Direktor bleibt.

Und wie geht es mit Rangnick weiter?

Laut italienischen Medien hatte der frühere Bundesliga-Trainer schon mit Red Bull über die Auflösung seines Dreijahresvertrages als "Head of Sport and Development Soccer" verhandelt. Nun bleibt er weiter im Amt, hat noch einen Vertrag bis 2021.

Wie SPORT1 weiß, nahm Rangnick den geplatzten Milan-Deal ganz entspannt auf. Obwohl er den Job gerne übernommt hätte, sei er weder enttäuscht noch erleichtert über das Ende der Hängepartie, heißt es aus seinem Umfeld.