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Brandrede nach Frauen-Blamage: "Wir machen alles kaputt"

Alexandra Popp (r., mit Trainerin Steffi Jones) nimmt nach der Blamage kein Blatt vor dem Mund

Die deutschen Fußballerinnen haben mit einer historische Pleite einen peinlichen Tiefpunkt erreicht - und Stürmerin Alexandra Popp zu einer Brandrede veranlasst.

"Wir machen gerade alles kaputt, was wir uns im deutschen Frauenfußball über Jahre aufgebaut haben", sagte Alexandra Popp der dpa: "So geht es nicht weiter. Es muss knallen innerhalb des Teams."

Katastrophale Fehler hinten, harmlos nach vorne: Die Auswahl von Bundestrainerin Steffi Jones unterlag nach einer desolaten Vorstellung Island mit 2:3 (1:1) und kassierte nach zuletzt 26 Siegen in Serie eine Niederlage in der WM-Qualifikation.

Popp nahm Jones von ihrer Kritik zwar aus ("Dem Trainerteam ist nichts vorzuwerfen"), nach dem Debakel bei der EM erhalten die Diskussionen um die einstige Weltmeister-Heldin nun neue Nahrung.

"Darf uns als Deutschland nicht passieren"

Die sportliche Lage, in die sich ihr Team manövriert hat, ist prekär: Die punktgleichen Isländerinnen (6) verdrängten mit ihrem ersten Sieg über Deutschland überhaupt das DFB-Team von der Tabellenspitze der Gruppe 5. Nur die sieben Gruppensieger qualifizieren sich direkt für die WM in zwei Jahren. Die vier besten Gruppenzweiten müssen in eine Playoff-Runde.

"Wir sind sehr enttäuscht. Wir hatten uns viel vorgenommen, waren aber vor allem in der ersten Halbzeit stark verunsichert. Das darf uns als Deutschland nicht passieren", hatte Kapitänin Babette Peter selbstkritisch nach dem Abpfiff im ZDF gesagt.

Jones fügte sichtlich verärgert hinzu: "Das geht nicht, dass man uns mit so einfachen Mitteln schlägt. Das ist mir zu wenig, dass wir nur 15 Minuten gegenhalten. Wenn wir nicht unsere Einstellung ändern, werden wir lange brauchen, um wieder in die Erfolgsspur zu kommen."

Die Bundestrainerin legte nach: "Da kann man von einem Tiefpunkt sprechen. Das war zu wenig. Die Ampel ist auf Rot. Wir müssen sehen, dass wir uns schnell aus dem Tal wieder herausspielen",

Rückkehrerin Popp (42.) traf in Wiesbaden für den Gastgeber, kurz vor Schluss konnte Lea Schüller (88.) nur verkürzen. Doppeltorschützin Dagny Brynjarsdottir (15./58.) und Elin Metta Jensen (47.) sorgten für die Sensation.

Jones riskanter Wechsel geht nicht auf

Beim isländischen Führungstreffer sah die überraschend von Jones aufgestellte Torhüterin Laura Benkarth schlecht aus. Benkarth hatte als Belohnung für ihre tadellosen Leistungen als Schult-Ersatz bei den beiden Qualifikationssiegen gegen Slowenien (6:0) und in Tschechien (1:0) sowie in der Bundesliga den Vorzug vor der etatmäßigen Nummer eins Almuth Schult erhalten.

In ihrem achten Länderspiel machte die 25-Jährige aber einen überwiegend unsicheren Eindruck.

Marozsan fehlt an allen Ecken und Kanten

Vor 4292 Zuschauern ließ sich die deutsche Mannschaft von der robusten Gangart der mutig aufspielenden Isländerinnen schwer beeindrucken. In der deutschen Offensive fehlte es ohne einige verletzte Stammkräfte um Kapitänin Dzsenifer Marozsan an Struktur und zündenden Ideen.

Bei einem schlecht verteidigten Einwurf nach knapp einer Viertelstunde reagierte Benkarth bei einer Flanke zu zögerlich, so dass die lauernde Brynjarsdottir abstauben konnte. Nach der Pause deckte Island die Schwächen der deutschen Mannschaft schonungslos auf. Bei Jensens Schuss aus rund zwölf Metern war Benkarth machtlos, erneut die starke Brynjarsdottir vollendete einen Konter eiskalt.

Vor der Partie war Anja Mittag offiziell verabschiedet worden. Die Angreiferin war nach der EM und 158 Länderspielen (50 Tore) aus dem Nationalteam zurückgetreten. Ihre Erbinnen stehen vor einer ungewissen Zukunft.