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So kam es zum deutschen Gold-Coup

Es war ein unglaubliches Finale von Richard Ringer!

Kurz vor Ende des 42,195 Kilometer langen Marathon holte der Deutsche nochmal alles aus sich heraus und sicherte sich in unwiderstehlicher Art und Weise den EM-Titel in München.

„Unfassbar - ich wollte 2018 performen und bin das erste Mal ausgestiegen. Und jetzt bin ich Europameister“, schilderte er total entkräftet, aber überglücklich im Zielbereich.

Es ist dabei nicht nur sein größter Erfolg in seiner Karriere, sondern auch für den DLV ist es historisch. Bisher hat es kein Deutscher geschafft, über diese Distanz den EM-Titel zu holen.

Am nächsten dran war Eckhard Lesse 1974 bei der EM in Rom, als er für die DDR auf Platz zwei lief. Die letzte EM-Medaille im Marathon gelang Herbert Steffny 1986 in Stuttgart. Er sicherte sich Bronze.

Ringer bekommt Unterstützung von Petros

Dabei begann der Montag für den neuen Europameister Ringer ganz normal. 7 Uhr aufstehen, Getränke für den Lauf vorbereiten und etwas Gymnastik machen, ehe um 7.30 Uhr das gemeinsame Frühstück anstand.

Dort wurde nochmal über das Rennen gesprochen, ehe es über zur wichtigsten Aufgabe ging: Dem Herunterkühlen der Körpertemperatur. „Man muss einfach alles dran setzen, dass man kühl ist“, meinte er nach dem Rennen im ZDF.

So duschte er sich nochmal vor der Abfahrt und vor dem Rennbeginn trug er bereits kühlende Handtücher und seine Mütze mit Eis, die seine Mutter extra für ihn genäht hatte.

Dann ging es los in diesem so harten und unberechenbarem Rennen. „Das ist Marathon. Da kann alles passieren. So bin ich da auch reingegangen. Du kannst alles erreichen, aber auch alles verlieren. Du weißt am Start nicht , ob du ins Ziel kommst“, erläutert er die Herausforderung.

Ein Ziel hatte er dennoch. So wollte er mit seinem Team um den deutschen Rekordhalter Amanal Petros eine Medaille in der Teamwertung holen. Selbiges galt auch für ihre Landsfrauen, die dank einer starken Mannschaftsleistung überraschend EM-Gold gewannen.

Zunächst lief alles nach Plan. Ringer lief mit Petros in der vorderen Gruppe mit und sah lange Zeit gut aus. Doch dann ging es schwerer beim 33-Jährigen, was seinen jungen Teamkollege auf den Plan rief. „Junge, bleib‘ dran. Keine Lücken lassen!“, rief Petros ihm zu.

„Und dann hat er mich wieder zurückgeführt. Echt beeindruckend. Ich habe ihm aber eigentlich gesagt: Amanal, hol dir das Ding, konzentriere dich auf dich“, erzählte Ringer.

Publikum schreit Ringer zum EM-Titel

Doch der gebürtige Eritreer ordnete seine eigenen Ziele denen des Teams unter. Schließlich wollten sie es den Frauen gleich tun. Das war jedoch keine leichte Aufgabe, denn gleich drei Israelis befanden sich mit ihnen in der Spitzengruppe.

Dieser Teamgeist ließ Ringer neue Kraftreserven mobilisieren und ihn trotz zwischenzeitlichen Abständen immer wieder zurückkommen. „Normalerweise sagt man, individuell schafft man das alleine, aber das Team treibt schon Rückstand raus. Und ich habe es nur deswegen wegbekommen, weil ich für das Team in dem Moment gekämpft habe“, beschrieb er im ZDF.

So ließ er sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als er vor der entscheidenden Phase wieder etwas zurücklag. Die finale Motivation bekam er von den zahlreichen Fans an der Strecke und im Zielraum. „Ohne das Publikum wäre ich nicht Europameister geworden. Ich habe gar nichts mehr gehört, so laut war es. Das hat mich einfach getragen“, versichert er.

DLV hofft auf Motivationsschub von Ringer-Erfolg

Mit dieser Kraft zog er dann an dem in Führung liegenden Maru Teferi aus Israel vorbei und sicherte sich den Titel, auf den er so lange gewartet hatte.

Bereits 2018 wollte er sich über 10.000 Meter in Berlin zum Europameister küren. Als einer der Top-Favoriten musste Ringer aber vorzeitig das Rennen beenden und war zutiefst enttäuscht.

Mit der Corona-Pandemie kam dann der Wechsel auf die Marathonstrecke - eine Entscheidung, die sich als richtig herausstellte. „Er hat es klasse gemacht, ich bin stolz auf ihn“, lobte Petros nach dem Triumph.

Dieser Coup, der den Gewinn der Silbermedaille im Team überstrahlt, soll dem hart kritisierten DLV-Team nun den nötigen Schub geben. „Es ist genau das eingetreten, was wir uns alle gewünscht und erhofft haben. Ich gehe davon aus, dass der Funke im Team gezündet hat“, meint Präsident Jürgen Kessing.

Diesen Eindruck bestätigte auch Sprinterin Alica Schmidt auf SPORT1-Nachfrage nach ihrem 400-Meter-Viertelfinale: „Es war unfassbar. Wir saßen da auch alle schon bei dem Frauen-Marathon vor dem Fernseher und haben mitgefiebert. Wir haben alle geschrien, als der Endspurt kam. Es war der absolute Hammer, denn damit hat keiner gerechnet. Das war auf jeden Fall schon mal ein Gänsehautmoment.“