Hoch anerkannte Tennis-Ikone redet nun Saudi-Deal das Wort

Hoch anerkannte Tennis-Ikone redet nun Saudi-Deal das Wort
Hoch anerkannte Tennis-Ikone redet nun Saudi-Deal das Wort

Nein, Billie Jean King kennt keine Berührungsängste.

Jedoch: Dass die Unvoreingenommenheit der 79 Jahre alten Tennis-Ikone, vor 50 Jahren Gründerin der Spielerinnen-Vereinigung WTA und zwölffache Grand-Slam-Siegerin, auch im Fall von Saudi-Arabien gilt, das erstaunt viele gerade doch.

Zusammenarbeit mit einem Land, in dem Frauen so gut wie keine Rechte haben und Homosexualität unter Strafe steht? King findet, dass das kein Tabu sein sollte, führt dabei auch ihre eigene, in Hollywood verewigte Geschichte als Beleg an.

Die von vielen Diskussionen begleitete Anbahnung eines Engagements des autoritären Golfstaats mit der Tennis-Szene hat damit eine Fürsprecherin, die viel Gewicht hat.

Billie Jean King verweist auf ihren „Battle of the Sexes“

Man könne, sagte die Amerikanerin am Freitag vor dem Beginn von Wimbledon, nun mal „keine Veränderungen erwirken, wenn man sich nicht engagiert“. Sie würde auch persönlich „dahin gehen und mit ihren reden.“

King ist eine unermüdliche Kämpferin für die Gleichberechtigung, sie tritt zudem - selbst lesbisch - stets auch für die Rechte Homosexueller ein. Wie passt das zusammen damit, dass sie nun einem weiteren Machtzuwachs des Saudi-Regimes das Wort redet? Kann, darf, soll vor allem die WTA dem Werben Saudi-Arabiens erliegen, das mit seinen Fantastilliarden schon die Formel 1, den Fußball und zuletzt die Profi-Golfer zu Gehilfen seines „Sportswashings“ gemacht hat?

Sie darf, wie King findet.

„Man kann Menschen nur durch Begegnungen ändern“, zitiert sie The National: „Wenn man die Menschen nicht trifft, nicht mit ihnen diskutierst, nicht nach Veränderung fragst, dann passieren sie nicht.“ King verwies auch explizit auf ihren berühmten „Battle of the Sexes“ mit Bobby Riggs und was dieser in den Köpfen der Menschen bewirkt hätte, indem sie ihr Anliegen sichtbar gemacht hätte: „Das hat Veränderung in den Herzen und Köpfen der Männer ausgelöst, mehr als bei den Frauen. Ich kann nicht aufzählen, wie viele Männer zu mir gekommen sind und gesagt haben: ‚Ich habe nie so sehr über meine Tochter nachgedacht, aber durch dieses Match ist mir klar geworden, dass sie dasselbe haben sollte wie mein Sohn.“

Genau solche ungeahnten Effekte erhofft sich King auch in Saudi-Arabien: „Man weiß nie, was man auslöst in anderen Ländern. Vielleicht beeinflusst man nur einen Menschen im Zuschauerbereich, aber vielleicht ist das der nächste Anführer eines Landes, Ausnahmesportler, CEO oder jemand, der die Welt verändert.“

„Ist die Richtung, in die sich unser Sport bewegt“

Tatsächlich wird schon geredet, denn: Saudi-Arabien macht allem Anschein nach nun auch im Tennis ernst. Im vergangenen Dezember spielte unter anderem Alexander Zverev ein Showturnier in Diriyah, jetzt hat sich das Königreich darum beworben, im Dezember die ATP-Finals der so genannten NextGen auszurichten, also der Spieler unter 21 Jahren. Enthalten ist auch das Angebot, ein ähnliches Turnier für die Frauen zu veranstalten. Vor allem der WTA kommt das nicht ungelegen.

„Wenn man in unserer Position ist, dann sollte man Veränderungen unterstützen“, sagte WTA-Chef Steve Simon am Freitag bei der 50-Jahr-Feier, die erneut im Gloucester Hotel stattfand. Tatsächlich hat die WTA während der Corona-Pandemie und durch den vorübergehenden Rückzug aus China erst mal an Umsatz eingebüßt. Nun aber hat sie versprochen, dass die Preisgelder der Frauen bei Turnieren der 1000er- und 500er-Kategorie bis 2033 auf das Niveau der Männer angehoben werden.

Kurzum: Die WTA braucht Geld. Und in Saudi-Arabien haben sie genug davon. Ein Turnier dort wäre „ein Fortschritt für Frauen“, sagt Simon. Sloane Stephens aus den USA, Siegerin der US Open 2017 und Mitglied im WTA-Spielerrat sagt, wichtig wäre, dass sich „alle Spielerinnen“ dort dann auch „sicher und wohl“ fühlen. Also auch Spielerinnen wie Darja Kassatkina - die Weltranglistenelfte aus Russland ist lesbisch.

Selbst Simon gibt ja zu: „Saudi-Arabien hat noch einen langen Weg vor sich“, vor allem, wenn es um die Gesetze gegen die Homosexualität gehe, „aber Veränderungen sind zu erkennen.“ Sollte es wichtige Turniere in Saudi-Arabien geben, dann, sagt die Weltranglistenerste Iga Swiatek aus Polen, müsse sie eben hin: „Ich bin bereit, dort zu spielen, wo uns die WTA hinschickt.“ Ihrem männlichen Kollegen Andy Murray würde dies nicht gefallen, aber: „Unglücklicherweise ist das die Richtung, in die sich unser Sport bewegt.“

Billie Jean King findet bemerkenswerterweise, dass es keine ganz falsche ist.