Worte, die sich Hoeneß vielleicht hätte überlegen sollen

Worte, die sich Hoeneß vielleicht hätte überlegen sollen

Vorweg: Dass Uli Hoeneß eine lebende Fußball-Legende ist, als Spieler, aber noch mehr als Manager und Mr. FC Bayern, der den Münchener Fußballverein über drei Jahrzehnte mit viel Mut, besonderem Geschick und teils unermüdlichem Kampf zum Weltklub geformt hat, steht außer Frage.

Hoeneß war ein Wegbereiter des ganz großen Fußball-Geschäfts, von dem heute so viele leben.

Zum Beispiel auch die Managementagenturen, die sich um Wohl und passende Arbeitsverträge der Spieler kümmern - gern auch "Berater" genannt. Auf die hatte es Hoeneß nun mal wieder abgesehen und äußerte ein paar mittlerweile ziemlich antiquierte Sichtweisen!

Im Buch "Für die Helden von morgen" von Felix Neureuther äußerte Hoeneß seinen Unmut darüber, dass bei den Vertragsverhandlungen ständig Berater mit am Tisch sitzen.

"Heute gibt es kaum mehr einen Spieler, der selbst verhandelt, der bei diesen Gesprächen überhaupt dabei ist", sagte Hoeneß, der zum Vergleich wenig überraschend die guten, alten Zeiten heranzog: "Als Paul Breitner und ich damals unsere Verträge verhandelt haben, da sind wir selbst am Tisch gesessen, da war kein anderer für uns dabei. Da haben wir uns gefetzt, aber wir haben uns das alles selbst ausgemacht.“

Hoeneß: "Spieler werden immer mehr fremdgesteuert"

Hoeneß' stärkster Vorwurf in Richtung der Spieler-Managements zielte aber in Richtung einer persönlichen Vorteilsnahme.

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Hoeneß wenig missverständlich: "Ich sehe das Problem bei den heutigen Spielern vor allem darin, dass sie durch ihre Berater ein bisschen und immer mehr fremdgesteuert werden. Die Berater haben leider nicht immer den Vorteil der Spieler im Auge, sondern viel mehr den eigenen."

Worte, die sich Hoeneß im Vorfeld vielleicht hätte einmal mehr überlegen sollen. Sie rücken wieder eine Branche in schlechtes Licht, die zum ganz großen Teil längst hochseriös arbeitet.

An Spielern wird nicht vorbei gewirtschaftet

Schwarze Schafe gibt es wohl (und leider) immer - aber wie doch in jedem Geschäftsbereich. Zum Beispiel auf der anderen Seite: Vereinsmanager, die sich mal an Transfers persönlich bereichert haben, sollen auch heute noch in Amt und Würden sein. Aber, sie sind eben die absolute Ausnahme.

Und so ist es auch bei den Spielerberateragenturen. Die Provisionen, die ihre Manager bei Vertragsabschlüssen erhalten, kennen die Spieler heute sehr genau - sie geben sie mit ihrer Unterschrift überhaupt erst frei. An ihnen vorbeigewirtschaftet, wonach es in den Hoeneß-Aussagen klingt, wird nicht.

Ganz entscheidend: Bei den Vertrags-Verhandlungen im Profibereich hat sich seit den Hoeneß-Breitner-Zeiten eine Menge getan. Die Vertragswerke, mit all ihren Optionen und Klauseln, sind derart aufwendig und nicht nur für Laien kompliziert geworden, dass es fast fahrlässig wäre, als junger Fußballer ohne Branchen-Profi in die Gespräche zu gehen - bzw. diese eben nicht von Experten führen zu lassen.

Die dann halt auch wissen, wie Abmachungen und Kontrakte im bezahlten Fußball aktuell aussehen - und nicht zuletzt welche Gehälter gezahlt werden und marktkonform sind.

Hoeneß' Bewertung ist nicht zeitgemäß

Die Chance, dass Spieler am Ende ihre Unterschrift unter einen Vertrag setzen, der ihnen in entscheidenden Details später zum großen Nachteil werden könnte, wäre ohne fachliche Beratung ziemlich groß. Auch die Vereine haben Juristen, die für sie arbeiten und an den Verträgen feilen.

So sehr Hoeneß' Gefühlswelt in dem Bereich vielleicht noch zu verstehen ist - so wenig zeitgemäß ist seine Bewertung der Spielermanagements. Zeiten ändern sich.

Tobias Holtkamp, der Autor dieses Textes, war in der Chefredaktion von Sport Bild und Chefredakteur von transfermarkt.de. Heute berät er Sportler und Marken in ihrer inhaltlichen und strategischen Ausrichtung. Für SPORT1 schreibt Holtkamp als Kolumnist die wöchentliche "Bundesliga-Kolumne".