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Wo die Probleme des HSV wirklich liegen

Wo die Probleme des HSV wirklich liegen
Wo die Probleme des HSV wirklich liegen

Daniel Thioune hat aufgegeben. Zwar ist der Aufstieg in die Bundesliga rechnerisch noch möglich, zumindest über die Relegation. Aber der HSV kapituliert schon jetzt: "Es macht keinen Sinn mehr, über die Mannschaften um uns herum zu reden. Wir brauchen nicht über Dinge zu reden, die sich nicht realisieren lassen, wenn wir keine Fußballspiele gewinnen", hatte Trainer Thioune nach dem 1:1 gegen den Karlsruher SC gesagt.

Es klingt so, als glaube er nicht mehr daran, dass das seiner Mannschaft noch mal gelingt: ein Fußballspiel gewinnen. (Spielplan und Ergebnisse der 2. Bundesliga)

Das Unentschieden gegen den KSC ist das fünfte sieglose Spiel in Folge. In der Rückrunde hat der HSV gerade einmal 16 Punkte geholt – in der Hinserie waren es noch 36. Ein eklatanter Einbruch, der an die beiden Spielzeiten zuvor erinnert, als dem HSV jeweils kurz vor Ende der Saison die Puste ausging. (Tabelle der 2. Bundesliga)

Dieses Szenario hat sich nun zum dritten Mal in Serie wiederholt. Und es wirft Fragen auf: Woran lag es denn diesmal? Wieder am Trainer? Oder ist dieser Klub einfach untrainierbar? Man muss an den Anfang zurück, um das Ende besser verstehen zu können.

Der CHECK24 Doppelpass mit Nagelsmann-Berater Volker Struth und Lena Goeßling am Sonntag ab 11 Uhr im TV auf SPORT1

Verpflichtung von Thioune sorgte für Euphorie

Als der HSV nach dem verpassten Aufstieg in der vergangenen Saison mit Daniel Thioune vom VfL Osnabrück einen jungen, empathischen Trainer verpflichtete, keimte im Umfeld mal wieder Hoffnung auf, dass man es diesmal wirklich anders machen will. Das intern ausgegebene Ziel lautete Entwicklung, nicht unbedingt Aufstieg.

Dafür gab es vom Aufsichtsrat grünes Licht. Egal wie die Saison ausgehen würde: Trainer Thioune, Sportvorstand Jonas Boldt und Sportdirektor Michael Mutzel sollten das volle Vertrauen genießen.

Nur passte dieser eher defensive und demütige Ansatz nie so recht zu den Handlungen. Wer einem anderen Klub den Trainer für eine halbe Million Euro Ablöse wegkauft, den besten Zweitligastürmer Simon Terodde verpflichtet, Sven Ulreich vom FC Bayern München dazu holt, beim direkten Konkurrenten Holstein Kiel wildert und an Top-Spieler Jae-sung Lee baggert, sendet das klare Signal: Wir sind der Primus der Liga.

Eine Rolle, die der HSV öffentlich aber nie einnehmen wollte und aus taktischen Gründen von sich wies.

Die Highlights der Samstagsspiele am Sonntag ab 9 Uhr in Hattrick Pur - Die 2. Bundesliga im TV auf SPORT1

Aufstieg kein Wunsch, sondern eine Pflichtaufgabe

Dabei war stets klar, dass der direkte Aufstieg mit dem höchsten Etat der Liga kein Wunsch, sondern eine Pflichtaufgabe sein würde. In der letzten Saison teilte sich der HSV noch mit dem VfB Stuttgart die Rolle des Schwergewichts in der Liga, dieses Jahr waren die Hamburger allein.

Alle anderen Klubs können finanziell nicht mithalten. Ist es dann zu viel verlangt, vom HSV zu erwarten, um die vorderen beiden Plätze zu spielen? Die Verantwortlichen wussten um den wirtschaftlichen Druck, aufsteigen zu müssen, wollten ihn jedoch von der Mannschaft fernhalten. Das klappte zeitweise ganz gut.

Erst als die Mannschaft in der Hinrunde von Sieg zu Sieg eilte, Terodde nach Belieben traf und der HSV für lange Zeit Tabellenführer war, hatte der Kub etwas zu verlieren: den Vorsprung, das Vertrauen in sich selbst und das Vertrauen der Fans. Die Rückrunde machte schließlich deutlich, dass nur ein paar Prozentpunkte weniger an Einstellung und Anspannung zu einer deutlich schlechteren Punkteausbeute führen.

Am deutlichsten zu sehen war das bei der 1:2-Niederlage gegen den SV Sandhausen.(BERICHT: HSV macht selbst Kroos fassungslos)

Wenn man nicht einmal dem Druck eines Abstiegskandidaten standhalten kann, der zuvor 14 Tage in Quarantäne war und kaum gemeinsam trainieren konnte, läuft nicht nur ein bisschen, sondern gehörig etwas schief.

Die Highlights der Freitagsspiele ab 22.30 Uhr in Sky Sport News - Die 2. Bundesliga im TV auf SPORT1

HSV steht ein radikaler Umbruch bevor

Was bedeutet das erneute Scheitern nun für die Zukunft des HSV? Sportvorstand Jonas Boldt hat nach dem 1:1 gegen den KSC eine fehlende Leistungskultur im Klub beklagt. Allerdings ist er inzwischen seit zwei Jahren an der Führungsspitze für genau dieses Thema verantwortlich.

Wirklich verändert oder gebessert hat sich auch unter Boldt nichts - der HSV zahlt weiter gut, leistet aber wenig. Auch dieser Aspekt umfasst das Problem der fehlenden Leistungskultur, die Boldt mit seinen Transfers selbst konterkariert hat. Deshalb braucht der Klub nach der Saison einen echten Neuanfang und keinen weiteren Versuch, den Aufstieg mit teuren Spielern, großen Namen und der Brechstange erzwingen zu wollen.

Denn die Rahmenbedingungen in der nächsten Saison werden gänzlich andere sein.

Der HSV wird nicht nur seinen Etat kürzen und seine aufgeblähte Geschäftsstelle mit zahlreichen Direktoren und Abteilungen verkleinern müssen. Er wird auch nicht mehr die Nummer eins dieser Zweiten Liga sein, wenn neben Schalke auch Köln, Bremen oder Berlin absteigen.

Spätestens dann ist der HSV kein gefühlter Erstligist mehr, sondern ein normaler Zweitligaklub. Für diese Ausgangslage braucht es eine neue strategische Ausrichtung. Erst danach kann entschieden werden, ob das vorhandene (Führungs-)Personal für die Aufgabe das richtige ist.

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