Jetzt muss Klinsmann her!

Jetzt muss Klinsmann her!

Liebe Engländer, es reicht. Wir wollen Euch nicht länger beim Scheitern zusehen. Holt Euch endlich Hilfe! Wie wär es denn mit dem Diver auf der Trainerbank?

Von Moritz Piehler

Wenn man sich die jüngere Geschichte der Englischen Nationalmannschaft anschaut, muss man zwangsläufig in Tränen ausbrechen, vor Lachen oder Scham, je nach Zugehörigkeit. Aber das neueste Kapitel dürfte selbst für Euch Engländer ein Rekord sein. Gerade mal ein Spiel durfte Sam Allardyce die „Three Lions“ auf der Bank betreuen, dann war schon wieder Schluss. Immerhin war sein einziger Auftritt ein 1:0 Sieg in der WM-Qualifikation gegen die Slowakei, eine hunderprozentige Gewinnquote können nicht viele Nationaltrainer auf der Insel vorweisen. Dann wurde dem Mann, der seine Autobiografie bescheiden mit „Big Sam“ betitelte, seine Redseligkeit zum Fallstrick. Freizügig plauderte der 61-jährige mit verdeckten Reportern darüber, wie man die Transferregeln der FA umgehen könne und war auch direkt bereit einen lukrativen Beratervertrag über 400.000 Pfund mit einer fiktiven ostasiatischen Firma abzuschließen. Eigentlich sind diese Details aus dem britischen Komödiantenstadl aber auch egal, denn Fakt ist: Allardyce ist nur das jüngste und bisher peinlichste Beispiel eines gescheiterten englischen Nationalcoaches. Immerhin musste er sich dabei nicht von bärtigen Isländern auslachen lassen, wie Roy Hodgson nach dem EM-Aus im Sommer. 

Hilfe von außen!

Die Premier League macht es vor: die kauft sich mittlerweile handverlesene Talente aus der ganzen Welt zusammen und lässt mit ihren Millionen die anderen Topligen Europas hinter sich. Das gilt nicht nur für die Spieler, auch an der Seitenlinie tummelt sich internationales Topniveau: Wenger, Mourinho, Guardiola, Klopp, die Liga hat sich längst geöffnet. Nur aus den Niederlagen der Nationalmannschaft will man beim Englischen Verband offensichtlich nicht lernen.

Klar, es ist ein sensibles Thema, die eigene Landesauswahl von einem Fremden trainieren zu lassen, besonders, wenn man sich gerade politisch zur absoluten Abschottung hat hinreißen lassen. Aber gerade dann wäre es vielleicht das richtige Signal. Holt Euch endlich Hilfe von außen, liebe Engländer! Ihr habt den Schritt mit Sven-Göran Erikson und Fabio Capello doch ohnehin schon mal gewagt. Denn so lustig es für uns als nicht-englische Zuschauer ist, Euch beim Scheitern zuzugucken, Turnier für Turnier: Das hat der stolze englische Fußball nicht verdient! An Talent mangelt es der Insel nun wahrlich nicht. Warum also versagt ein englischer Trainer nach dem anderen? Seit 1996 ist die Mannschaft nicht mehr über ein Viertelfinale bei einem großen Turnier hinaus gekommen, von Titeln ganz zu schweigen. Mittlerweile dürfte der Job ungefähr so beliebt sein, wie eine Anstellung beim HSV. In der englischen Presse zerreißen die Granden des Inselfußballs Allardyce. Rio Ferdinand, Alan Shearer, Gary Lineker: Jeder hat was beizutragen – außer einer Lösung.

Klinsi und Möller - das wärs

Jetzt übernimmt erstmal doch wieder ein echter Engländer den Posten mit Interimscoach Gareth Southgate. Aber auch der trägt doch den Fluch diverser verlorener Elfmeterschießen in sich. Wie wäre es denn mit Jürgen Klinsmann stattdessen? Der hat sich schon mal in England gegen alle Diver-Vorurteile vom Fehlkauf zur Tottenham Legende hochgeköpft, macht solide Arbeit mit der US-Nationalmannschaft und bringt vor allem mal eine moderne Auffassung von Trainerarbeit mit, die den „Three Lions“ nur gut tun kann. Schon nach der EURO im Sommer soll Klinsi in Gesprächen mit der FA gewesen sein. Man traute sich nicht. Am Ende kam "Big Sam". Wo doch alle wissen: Die Marke „bärbeißiger Autoritätscoach“ hat überall anders doch längst ausgedient. Los, ihr Engländer, traut Euch endlich - und am besten holt ihr dann noch Andy Möller als Elfmetercoach dazu. Dann sehen wir vielleicht auch mal wieder ein englisches Team im Finale.