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Katar-Boykott: Lesben- und Schwulenverband fordert Haltung

Manuel Neuer trug beim Gruppenspiel der DFB-Mannschaft gegen Ungarn eine Regenbogen-Kapitänsbinde am Arm.
Schon bei der EM im Sommer gab es Ärger um die Regenbogen-Kapitänsbinde von Manuel Neuer. (Bild: REUTERS/Kai Pfaffenbach)

In genau einem Jahr soll die umstrittene Fußball-WM in Katar beginnen. Doch der Druck auf den DFB steigt. Jetzt fordert der Lesben- und Schwulenverband einen Boykott.

Die Kritik am Austragungsort der Weltmeisterschaft im Winter 2022 ist vielseitig. Und sie wird lauter. Da geht es um den Zeitpunkt, der Spielpläne auf der ganzen Welt durcheinander wirbelt. Die klimatischen Bedingungen in dem Wüstenstaat. Aber es geht auch um größere Themen. Das Zustandekommen der Vergabe unter notorisch undurchsichtigen Bedingungen. Vor allem aber die furchtbaren Konditionen, unter denen die Arbeiter die Stadien und Infrastruktur in Katar errichten müssen. Seit der Vergabe 2010 sollen mehr als 6500 Arbeiter dort ums Leben gekommen sein, hat unter anderem der britische Guardian recherchiert.

Haltung zeigen

Nun rückt auch die Menschenrechtslage im Wüstenemirat mehr und mehr in den Fokus. Alfonso Pantisano, Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD), forderte im kicker eine klare Haltung von Fußballfans und DFB. In einem Post auf Twitter unterstrich Pantisano seine Forderung: "Haltung zeigt sich nicht, indem man gerade steht auf dem Fußballplatz. Haltung zeigt sich darin, dass man stehen bleibt und kein Territorium betritt, das mit Blick auf die Menschenrechte ein Minenfeld ist." In Katar würden die Menschenrechte mit den Füßen getreten, so Pantisano. "Homosexuellen droht in Katar die Todesstrafe. Und ja, ich bin echt wütend, dass diese Spiele nach Katar verkauft wurden."

"Mehr als nur eine Regenbogenarmbinde!"

Mit einfachen Gesten sei nicht genug getan. Pantisano fordert einen umfassenden Boykott: "Wir müssen ganz klar sagen: Unser Geld kriegt ihr nicht, unsere Sponsorengelder kriegt ihr nicht, uns als Wirtschaftsfaktor, wenn wir zu euch rüberfahren oder eure Merchandisingprodukte kaufen, kriegt ihr nicht, unsere teuer bezahlten Fernsehrechte und uns als Zuschauer kriegt ihr nicht." Nur dann könne sich an den Zuständen in Katar etwas ändern. Seine Wut und Verzweiflung richteten sich "gegen uns in der westlichen Welt, dass wir jedes Mal ein Preisschild für den Verkauf unserer Haltung gegenüber Menschenrechten und Menschenwürde haben." Da reiche es nicht aus, nur Symbole zu zeigen, auch wenn er DFB-Kapitän Manuel Neuer ausdrücklich für das Tagen der Regenbogen-Binde bei der EM lobte: "Ich finde jedes Zeichen der Solidarität wichtig, doch eine Regenbogenbinde wird kein Menschenleben retten."

Offene Kritik aus Dänemark und Finnland

Neben Verbänden äußern sich vermehrt auch Nationalspieler kritisch gegenüber der WM in Katar. Zuletzt hatte der dänische Verband Protestaktionen angekündigt, nachdem sich die Nationalmannschaft für das Turnier qualifiziert hatte. Auf den Trikots soll Platz für kritische Botschaften geschaffen werden, die Sponsoren werden sich nicht an offiziellen Aktivitäten in Katar beteiligen. Auch der Kapitän der finnischen Nationalmannschaft, Tim Sparv, hatte sich mit deutlichen Worten an die Fußball-Gemeinde gewandt. Im Magazin Players Tribune schrieb der Ex-Fürther: "Denkt an das Privileg, das wir als Spieler haben und an die Kraft unserer Plattformen. Diese Arbeiter haben nicht das gleiche Privileg, aber wir können sie unterstützen, indem wir ihre Geschichten erzählen und gemeinsam unsere Stimme erheben." Zum Auftakt der WM-Qualifikation war auch die DFB-Mannschaft mit der Aufschrift "Human Rights" als Zeichen in Richtung Katar aufgelaufen. Doch nun gerät der DFB zunehmen unter mehr öffentlichen Druck, sich deutlicher zu positionieren, als nur durch ein T-Shirt.

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