Keeper-Koloss, Gratis-Coach, Kreisliga-Kabine: Sutton United im Porträt

Letzte Woche Bayern München, diese Woche Sutton United.

Der FA Cup wäre nicht der FA Cup, würde er nicht so außergewöhnliche Geschichten erzählen wie diese. Fünf Tage nach der 1:5-Klatsche in der Allianz Arena muss der FC Arsenal im Achtelfinale des englischen Pokals an der Gander Green Lane ran (ab 20.55 Uhr im LIVETICKER). Beim 17. der National League, der fünfthöchsten Spielklasse.

Für das Team um Mesut Özil und Shkodran Mustafi ein Spiel wie jedes andere, steht Sutton vor dem bislang größten Erlebnis seiner Vereinsgeschichte.

SPORT1 stellt den Amateurklub aus dem Süden Londons vor.

1. Der kugelrunde Torwart

Obwohl er keine Minute zur sensationellen Qualifikation für die Runde der letzten 16 beigetragen hat, ist Wayne Shaw die Symbolfigur des Klubs. Shaw, das ist der "roly-polie Goalie", der kugelrunde Ersatztorwart von Sutton.

Der 45-Jährige bringt stattliche 150 Kilo auf die Waage. Früher arbeitete er als Eisverkäufer, heute ist er Torwart-Trainer und für die Instandhaltung des Kunstrasen-Platzes zuständig. Abends dreht er dort immer das Flutlicht ab.

Dem Arsenal-Spiel blickt er mit großer Vorfreude entgegen. In der Daily Mail kündigt er an: "Wenn sich die Chance ergibt und ich etwas Einsatzzeit bekomme, höre ich danach sofort auf zu spielen. Es wäre die Geschichte meines Lebens."

2. Der Kapitän, den jeder Kreisliga-Kicker liebt

Dartford, Cheltenham, Wimbledon, Leeds: Suttons Weg bis ins Achtelfinale war steinig. Kapitän Jamie Collins hatte großen Anteil daran. Beim 1:0 gegen Leeds erzielte der Mittelfeldspieler das entscheidende Tor - und das, obwohl er am Abend zuvor ordentlich zugelangt hatte.

"Am Abend vor dem Spiel traf sich das Team um 20 Uhr Uhr zum Abendessen. Er hatte um 19 Uhr einen Burger mit Pommes bestellt und mehrere Guinness getrunken. Anderthalb Stunden später haute er sich dann Nudeln mit Huhn rein und sechs Pints später ging er zu Bett. Nächsten Morgen folgte ein großes Frühstück, dann ein kleines Schläfchen und noch ein Frühstück. Danach schoss er uns zum Sieg. Er ist ein toller Kerl", berichtet Kult-Keeper Shaw.

Und Collins selbst weiß schon, was er nach dem Arsenal-Spiel vor hat. "Ich werde wahrscheinlich trinken, egal wie das Spiel ausgeht. Mein Boss hat mir am Dienstag freigegeben", verrät der 32-jährige Bauarbeiter der Sun.

3. Der Trainer, der für seinen Job bezahlt

Auch Suttons Trainer Paul Doswell käme gut in der Kreisliga an. Kürzlich wurde er wegen Rauchens seiner E-Zigarette am Spielfeldrand vom Schiedsrichter ermahnt. "Ich kann tun, was ich will", so seine Antwort.

Nach dem Erfolg über Wimbledon in Runde drei und Leeds in Runde vier lud Doswell die Mannschaft zur Party im Stadion ein. Die Spieler feierten mit ihrem "Vorgesetzten" bis in die Morgenstunden.

Doswell ist nicht nur in dieser Hinsicht Gold wert für Sutton. "Wir bezahlen ihm keinen Penny. Das ist einzigartig", sagt Vereinspräsident Bruce Elliott dem Telegraph. Ganz im Gegenteil: Der Coach sponsert den Klub sogar schon seit 2008. Er hat sich eine erfolgreiche Immobilienfirma aufgebaut.

"Er bezahlt quasi, um für uns zu arbeiten. Das zeigt, wie er diesen Klub liebt", schwärmt Elliot.

4. Modrige Kabinen und lauwarme Duschen

Özil und Co. erwartet an der Gander Green Lane kein Luxus. Die Kabinen sind alles andere profitauglich. An den braunen Wandfliesen haften Spinnweben, es riecht wie in einer typischen Kreisliga-Umkleide nach Moder.

"Das Dach leckt und der Boiler ist kaputt", kündigt Trainer Doswell zudem vor dem Match an: "Im besten Fall können Arsenals Spieler lauwarm duschen."

5. Umbauarbeiten vor und am Spieltag

Ursprünglich war angedacht, das Spiel im Selhurst Park, dem Stadion von Crystal Palace, auszutragen. Sutton verwarf diesen Gedanken jedoch schnell und entschied sich dazu, an der heimischen Gander Green Lane mit nur knapp 800 Sitz- und 4200 Stehplätzen zu spielen.

Der Klub musste dafür einige Normen der FA erfüllen und Umbauarbeiten tätigen.

Neben einem neuen Flutlicht wurde auch eine provisorische Tribüne für die Arsenal-Fans, zusätzliche Toiletten und eine Tunnelkamera angebracht. Dazu bekamen die beiden Coaching Zonen einen neuen Anstrich.

Sutton-Trainer Doswell freut sich schon auf den Handshake mit Arsene Wenger. Er hält den derzeit stark in der Kritik stehenden Übungsleiter für einen "großen Fachmann".

Mitleid hat er mit ihm nach dem Debakel gegen die Bayern allerdings nicht: "Es tut mir für Leute wie Pep Guardiola, Jose Mourinho oder Wenger überhaupt nicht leid, wenn sie mal kritisiert werden, denn sie sind ein Teil dieser verrückten Welt namens Fußball."