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Kohfeldt steht bei Werder auf der Kippe

Kohfeldt steht bei Werder auf der Kippe
Kohfeldt steht bei Werder auf der Kippe

Werder Bremen im freien Fall!

Der Nordklub taumelt dem Bundesliga-Abstieg entgegen. Beim FC Augsburg setzte es die nächste Niederlage. Mit 0:2 unterlag die Elf von Florian Kohfeldt im Kellerduell beim FC Augsburg.

Gegen die Fuggerstädter nutzte Werder auch eine fast 40-minütige Überzahl nichts. Diese machten sich die Bremer dann auch noch selbst zunichte, was Kohfeldt dazu veranlasste, seinen eigenen Spieler anzuzählen. (Service: Tabelle der Bundesliga)

"Wir brauchen nicht drumherum zu reden. Ich breche den Stab nicht über 'Grosso'. Aber das ist natürlich die dümmste Gelbe Karte der Saison", kritisierte Kohfeldt Christian Groß nach dessen Gelb-Roter-Karte bei Sky.

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Normalerweise ist Kohfeldt einer, der sich schützend vor seine Spieler stellt. Doch auch beim 38-Jährigen liegen so langsam aber sicher die Nerven blank. Doch Kohfeldt wäre nicht Kohfeldt, wenn er nicht direkt den Blick auf das nächste Spiel richten würde. "Wir werden das schaffen nächste Woche und das gewinnen. Wir können nicht klagen, wir sind noch nicht abgestiegen, wir haben noch ein Spiel. Ich erwarte von jedem, dass er für diesen Verein kämpft", appellierte er an seine Spieler.

Ob er am kommenden Wochenende aber noch an der Seitenlinie steht, ist noch längst nicht klar. "Wir haben eine brutal große Enttäuschung, so dass ich keine klaren Aussagen treffen möchte", vermied Geschäftsführer Frank Baumann am Samstagabend im ZDF-Sportstudio auf Nachfrage ein klares Bekenntnis zu seinem Trainer. "Ich möchte mich mit meinen Kollegen und dem Aufsichtsrat abstimmen. Wir müssen sehen, dass wir eine große Chance verpasst haben."

Bremer Sieg gegen Gladbach ist Pflicht

Am letzten Spieltag tritt Werder gegen Borussia Mönchengladbach an. Ein Sieg ist Pflicht, sonst droht der direkte Abstieg. Gewinnt Bremen nicht und der 1. FC Köln siegt parallel gegen Absteiger Schalke 04, wäre der erste Bremer Abstieg seit 1980 besiegelt. Und selbst bei einem Bremer Erfolg wäre der direkte Klassenerhalt nur bei gleichzeitigem Punktverlust von Arminia Bielefeld beim VfB Stuttgart gesichert. (Service: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)

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Auf alle anderen Rechenspielchen sollten sich die Bremer tunlichst nicht einlassen. Gegen die noch ums internationale Geschäft kämpfenden Gladbacher muss zwingend ein Sieg her. Doch leichter gesagt als getan. Werder Bremen hat das Siegen aktuell komplett verlernt.

Der letzte Bundesliga-Sieg datiert vom 26. Februar, ein 2:1 gegen Eintracht Frankfurt. Seitdem ging es nur noch bergab, acht der vergangenen neun Bundesliga-Spiele gingen verloren, lediglich am vergangenen Wochenende erkämpfte Kohfeldts Team ein 0:0 gegen Bayer Leverkusen.

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Immerhin im DFB-Pokal feierten die Bremer vor nicht allzu langer Zeit ein Erfolgserlebnis. Dort drangen die Norddeutschen bis ins Halbfinale vor und verloren Ende April äußerst unglücklich gegen RB Leipzig. Erst in der 120. Minute fiel der Siegtreffer der Bullen.

Baumann spricht von möglicher Insolvenz

Als wäre die sportliche Misere nicht schon schlimm genug, plagen den Traditionsklub auch noch massive finanzielle Probleme. Geschäftsführer Baumann nahm vor dem Spiel in Augsburg kein Blatt vor den Mund. Auf die Frage, ob Werder von einer Insolvenz bedroht sei, entgegnete er: "Man kann das nicht komplett ausschließen." Die Bremer Verantwortlichen hätten allerdings einen Plan, das Horrorszenario zu verhindern. "Wir haben aber viele Bausteine, mit denen wir die Liquidität beschaffen wollen", erklärte Baumann.

Unter anderem hat Werder eine Mittelstandsanleihe aufgelegt. "Wir haben positive Resonanz erhalten", erklärt Baumann: "Sie ist börsennotiert, weswegen auch ein Wertpapierprospekt dabei sein muss. Dort sind alle Risiken aufgelistet. Wir sind aber optimistisch, dass wir die Liquidität beschaffen, um die Insolvenz zu vermeiden und die Lizenz zu bekommen."

Die Anleihe mit dem Titel "Kontrollierte Offensive" soll dem viermaligen Deutschen Meister zusätzliches Geld bringen. Wie alle Profiklubs in Deutschland plagen auch den Tabellensechzehnten massive finanzielle Probleme aufgrund der fehlenden Zuschauereinnahmen durch die Coronapandemie. Pro Geisterspiel fehlen Werder 1,1 Millionen an Zuschauereinnahmen.

Die Lizenz wurde den Bremern nur unter Auflagen erteilt. Bis Mitte September muss die Liquiditätslücke geschlossen werden, sonst droht ein Punktabzug von sechs Punkten. Das geht aus dem Wertpapierprospekt hervor, den die Bremer im Rahmen der Anleihe öffentlich machten. Werder droht also auch im Falles des Klassenerhalts ein Ausverkauf.

Werder kennt die Relegation

Ein Abstieg würde die finanzielle Situation weiter verschlimmern, da zusätzlich auch Einnahmen aus TV-Vermarktung sinken würden. Doch so weit will man in Bremen noch nicht denken. Zunächst steht das Endspiel gegen Gladbach an – danach folgen möglicherweise zwei weitere.

"Wir haben im letzten Jahr auch die Relegation gespielt, wir wissen, was auf uns zukommt. Angst ist da der falsche Freund", gab sich Leonardo Bittencourt kämpferisch. Doch die Situation aus der vergangenen Saison ist nur bedingt mit der in dieser Spielzeit vergleichen.

Damals galt Bremen für viele Experten bereits als abgestiegen, erst am letzten Spieltag rettete sich Werder durch ein 6:1 gegen Köln in die Relegation. Gegen den 1. FC Heidenheim zitterte man sich anschließend mit zwei Remis zum Klassenerhalt.

In dieser Saison wähnte Werder sich frei von allen Abstiegssorgen, um im letzten Saisondrittel komplett abzustürzen. Fraglich, ob dieses Werder einen erneuten Turnaround schafft.

Duell mit dem HSV möglich - was wird aus Kohfeldt?

Zumal es in der Relegation auch noch zum Duell mit dem Nordrivalen Hamburger SV kommen könnte. Die Hamburger befinden sich nach dem ersten Sieg unter Vereinsikone Horst Hrubesch in Aufbruchstimmung und wollen im dritten Anlauf endlich in die Bundesliga zurück. Ein Sieg in einem möglichen Relegations-Duell gegen Bremen würde das Hrubesch-Märchen perfekt machen.

Egal wie die Saison aus Bremer Sicht ändert. Nach der Saison bedarf es einer Zäsur. Mit oder ohne Florian Kohfeldt? Schon in der vergangenen Spielzeit hielt Baumann trotz aller Kritik an Kohfeldt fest, auch diesmal hatten sich die Bremer zunächst für einen Verbleib des Trainer-Eigengewächses entschieden.

"Eine Zukunft bei Werder werde ich mit Frank Baumann nach der Saison besprechen", erklärte Kohfeldt zu seiner Zukunft. "Das haben wir immer so gemacht und danach werden wir eine Entscheidung mitteilen."

Womöglich wird diese Planung von der aktuellen Entwicklung überrollt. Das einzig Positive aus Werder-Sicht: Das Team hat den Klassenerhalt weiter in der eigenen Hand. Und mit Rettung auf dem letzten Drücker kennt man sich in Bremen seit letztem Jahr ja auch aus.