Kommentar: FIFA-Präsident Infantino: Peinliches Theater

FIFA-Präsident Gianni Infantino muss dringend an seinem Image schrauben. Dafür ist er sich nicht mal zu schade für ein peinliches Schauspiel mit Altstars und Gastarbeitern.

FIFA-Präsident Gianni Infantino (Mitte) spielt sich zwischen Alessandro Del Piero (gelbes Trikot) und dem Brasilianer Cafu (türkis) zum Schiedsrichter auf. (Bild: REUTERS/Ibraheem Al Omari)
FIFA-Präsident Gianni Infantino (Mitte) spielt sich zwischen Alessandro Del Piero (gelbes Trikot) und dem Brasilianer Cafu (türkis) zum Schiedsrichter auf. (Bild: REUTERS/Ibraheem Al Omari)

Spätestens nach dieser WM kann kein Zweifel mehr an der alles durchdringenden Korruption der FIFA herrschen. Wenn die Vergabe nach Katar ein Gutes hatte, dann, dass das Augenmerk endlich einmal genauer auf die Machenschaften der FIFA gelenkt wurden. Die Abgründe, die sich auftaten, zeigen, dass sich auch in der Post-Blatter-Ära nichts zum Besseren geändert hat. Infantino scheint genau dort weiterzumachen, wo sein Schweizer Landsmann aufgehört hatte. Seine wirre Brandrede zum Beginn der Turniers unterstrich dies bereits eindrücklich. Sein letzter PR-Gag ist dann nur noch die logische Konsequenz einer geschmacklose Inszenierung.

Ein Toter stört die Party nur

Die Menschenrechtsverletzungen in Katar begleiten diese WM weiterhin. In der vergangenen Woche starb wieder ein Gastarbeiter bei einem Unfall im Hotel der saudi-arabischen WM-Delegation. Der philippinische Mann war Medienberichten zufolge von einem Gabelstapler gestürzt, vermutlich hatte er keine Sicherheitsausrüstung getragen. Die FIFA hat den Tod des Arbeiters bestätigt und Katar angeblich Untersuchungen eingeleitet. Der offizielle WM-Orgachef Nasser Al-Khater reagierte allerdings sehr gereizt auf Nachfragen von Journalisten. Immer diese nervige freie Presse. Klar, man will ja einfach nur ein schönes Fußballfest feiern in Katar. Da stört so ein Toter die Party natürlich. Und Infantino? Gibt sich derweil leutselig bei einem PR-Spiel mit alten Superstars und Gastarbeitern.

"Fußball vereinigt die Welt", rief der Schiri / Präsident vor dem PR-Kick mit "Arbeitern, Fans und Volunteers" aus Katar aus und spuckte einen weiteren zur Marketingphrase verkommenen ursprünglich echten Kern des schönen Spiels in den Wüstensand. Doch dort wächst bekanntlich nicht so viel, auch wenn man noch so viel Geld mit der Gießkanne verteilt.

Verblendet auf dem FIFA-Thron

Dass sich von David Beckham bis Alessandro Del Piero unzählige verdiente Fußballer kaufen und einspannen lassen vor den Karren der FIFA und Katars, ist einfach nur unwürdig. Und während das Turnier in seine Endphase geht, setzt Infantino mit dem Gastarbeiterspiel ein Zeichen. Ein - wie die FIFA - von Grund aus falsches und verzerrendes: Guckt her Welt, alles in Ordnung. Sind doch alle gesund. Ein Schau-Spiel im wahrsten Sinne des Wortes.

Oder wie der Kaiser Franz Beckenbauer, der gern wichtige Details im Schlund des Vergessens verschwinden ließ, sagte: "Ich habe noch keinen einzigen Sklaven in Katar gesehen." Infantino offensichtlich auch nicht. Was er überhaupt noch so sieht vom FIFA-Thron aus, ist eh ungewiss. Zwar kein Kaiser, aber auch ein Sonnenkönig kann schon mal von den Strahlen geblendet werden.

FIFA - Die Meisterin im Teppichknüpfen

Wer wirklich etwas von innen verändern will, hätte die menschenwürdigen Umstände für Arbeiter zur Bedingung für eine WM-Vergabe machen müssen. Oder zumindest ständig und offensiv thematisieren. Stattdessen wird der mit reichlich Banknoten geknüpfte FIFA-Teppich des Schweigens über all die Ungeheuerlichkeiten gelegt. Von einem öffentlichkeitswirksamen Match können sich weder die Angehörigen der verstorbenen Arbeiter etwas kaufen, noch diejenigen, die nicht versichert sind oder monatelang auf ihren Lohn warten. Und es steht ja doch zu befürchten, dass David Beckham seine 180 Millionen Euro PR-Prämie von Katar auch nicht mit den Gastarbeitern teilen wird.

Vermutlich wird nie ganz aufgeklärt werden, wie viele Menschen diese unselig WM wirklich das Leben gekostet hat. Doch selbst, wenn Infantino am Ende doch noch stolpern sollte, ist eines sicher: Das Monster FiFA wird sich nicht verändern. Und anderorts nimmt man sich bereits ein Beispiel am mächtigsten Sportverband der Welt. Die Tischtennis-WM im Einzel wurde für 2025 soeben nach Katar vergeben. Infantino kommt bestimmt gerne vorbei und spielt ein Showmatch mit einem Gastarbeiter.

Im Video: Infantino: Fühle mich "homosexuell" und "behindert"