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Kommentar: Nach der Giftattacke auf Nawalny – auf Putins groben Klotz gehört ein grober Keil

Schon ein toller Hecht: Russlands Präsident Wladimir Putin. (Bild: REUTERS/Alexei Nikolskyi)
Schon ein toller Hecht: Russlands Präsident Wladimir Putin. (Bild: REUTERS/Alexei Nikolskyi)

Der Kreml scheint hinter der Vergiftung des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny zu stecken. Zeit fürs Ehrlichmachen.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Der Name Nowitschok beschreibt mit einem Wort die Herrschaft in Russland. Wer dem System allzu lästig oder gefährlich wird, dem wird eingeschenkt, und zwar mit diesem militärischen Nervengift. Angesprüht oder auf eine Türklinke geschmiert geht auch. Nowitschok kriegt man nicht im Supermarkt. Nowitschok ist ein gut beschütztes Privileg des Staates.

In den zweifelhaften Genuss dieses Vorzugs ist nun ein Kremlkritiker gekommen. Alexej Nawalny war auf Wahlkampftour. Vergiftet brach er zusammen, wurde nach Deutschland geflogen; hier wurde dann das Nervengift nachgewiesen. Die russischen Ärzte, die Nawalny zuerst behandelten, hatten es nicht gefunden. Immerhin war das Krankenhaus dort bald voll von Grauuniformierten. Der Geheimdienst lässt grüßen.

Nawalny ist nicht das erste Nowitschok-Opfer. Und es ist bekannt, dass Russlands Präsident Wladimir Putin, der mehr ein Diktator ist, die Sprache der Gewalt beherrscht: Der Krieg in Tschetschenien, in der Ukraine, Annexion der Krim und Mordanschlag auf Dissidenten im Berliner Tiergarten.

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Kanzlerin Angela Merkel kennt Putin. Russisch wird sie noch sprechen können, und auch ein paar Brocken Deutsch beherrscht Putin aus seiner Agentenzeit während der DDR. Gelernt ist gelernt. Wie bei Nowitschok. Bisher setzte sie auf leise Töne gegenüber Putin, mit Rücksicht auf die enge geografische Nachbarschaft, auf die wirtschaftliche und kulturelle Verbundenheit. Auch ist Russland nicht klein. Und es gibt die Geschichte, denn Deutschland hatte die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg überfallen, einen grausamen Krieg gegen die Zivilbevölkerung geführt, Millionen Menschen getötet und war dann auch noch von den sich wehrenden und dann vorrückenden Truppen befreit worden – von sich selbst. Sollte man nicht vergessen.

Die Sprache des Geldes

Nur kommen wir mit leisen Tönen nicht weiter. Deshalb hat Merkel auch ihre Stimme lauter sprechen lassen. Denn nun müssen Druckmittel auf den Tisch, die Putin versteht und vor allem spürt.

Wenn wir der Meinung sind, dass es nicht sein darf, dass der russische Staat Hackerangriffe zum Beispiel auf unseren Bundestag steuert, dann müssen wir Konsequenzen aufzeigen. Nichts anderes tut Putin selbst: Seine Kritiker sollen wissen, dass es ihnen wie Nawalny ergehen kann.

Wenn wir der Meinung sind, dass Staatsmedien aus Russland auch in Deutschland Desinformation betreiben, dann müssen wir dies aus Demokratiegründen aushalten – aber es muss mehr angesprochen werden.

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Praktisch tätig werden kann der Staat indes bei zwei Themen: Zum einen müssten die Oligarchen um Putin getroffen werden. Diese superreichen Privatpersonen, die mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion groß wurden und die Putin stützen sowie von ihm beschützt werden, sollen spüren, welche Folgen ihr Pakt hat. Konten, Handel, vieles könnte ihnen hierzulande gestrichen werden. Da reicht es auch nicht aus, sich hinter der EU zu verstecken, die Bundesregierung muss jetzt eigenhändig Initiative zeigen.

Tee? Nein, Danke

Das zweite für Putin schmerzvolle Thema ist der Bau der Gaspipeline Nordstream. Sie soll direkte Erdgasimporte aus Russland ermöglichen. Außenpolitisch ist diese Leitung eh ein Desaster, weil sie viele kleine Staaten umgeht und andere Optionen negiert. Auch droht eine größere Abhängigkeit, denn eine Pipeline kann schnell mal stillstehen. Daher sollten jetzt die Arbeiten niedergelegt werden.

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In Russland scheint Putin recht fest im Sattel zu sitzen; nichts anderes als eigene Stabilisierung hat der Ex-Geheimdienstler betrieben, seit Jahrzehnten. Es geht nicht darum, den Russen Empfehlungen auszusprechen, wie sie sich am besten regieren lassen sollten. Aber sie sollten schon merken, dass sie einen Präsidenten haben, dessen man sich im Ausland schämen würde.

Und hierzulande könnten sich einige „Russlandversteher“ fragen, ob sie denn wirklich gern Tee mit Putin trinken würden. Man weiß ja nie.

Im Video: Gift-Anschläge auf Kreml-Kritiker