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Kommentar: Rudi Völler wird neuer DFB-Sportdirektor: So soll Aufbruch aussehen?

Mit Rudi Völler übernimmt ein erfahrener Mann die sportliche Leitung der Nationalmannschaft. Könnte man sagen. Oder aber auch: Es zieht der Muff aus alten Jahren wieder beim DFB ein.

Ein Kommentar von Moritz Piehler

Wird schon schiefgehen. Tante Käthe übernimmt die Zukunft des DFB. (Bild: REUTERS/Thilo Schmuelgen)
Wird schon schiefgehen. Tante Käthe übernimmt die Zukunft des DFB. (Bild: REUTERS/Thilo Schmuelgen)

"Ein Rudi Völler, es gibt nur ein' Rudi Völler..." Wer das Lied sofort mitsingen kann, kennt sich gut aus im deutschen Fußball, zumindest dem der 90er. "Tante Käthe" wird Völler liebevoll genannt, wegen seiner einst blonden, mittlerweile schlohweißen Lockenpracht. Der Weltmeister von 1990 gehört zu einer anderen Epoche des Fußballs. Ehrlicher, bodenständiger, würden manche sagen, die ihn damals für seinen legendären "Weißbier-Ausbruch" mit Sportmoderator Waldemar Hartmann feierten. Von gestern und aus der Zeit gefallen, könnte man aber auch sagen. Der DFB wollte einen Aufbruch nach dem blamablen Aus in Katar (und in Russland zuvor). Doch die Zeichen stehen nach der Ernennung von Völler mehr denn je auf Business as Usual. Das kann nicht gut sein.

Tante Käthe, ein Titan und ein Brausemanager sollen es richten

Sein Vorgänger Oliver Bierhoff war schon zu Spielerzeiten der BWLer unter den Kickern. Den Fans war er irgendwie suspekt, mit seinen gegelten Haaren und dem glatten Auftreten. Selbst sein Golden Goal zum EM-Sieg 1996 konnte ihn nie wirklich zum Publikumsliebling machen. Das setzte sich in seinen Jahren als Sportlicher Leiter des DFB-Teams fort. Seine krachend gescheiterte Umbenennung der Nationalelf in "Die Mannschaft" kam vielen (nicht zu Unrecht) als hohler Marketing-Gag vor. Dennoch steht Bierhoff wie kaum ein anderer für den Aufbruch der Nationalmannschaft in ein moderneres Zeitalter des deutschen Fußballs. Nichts ist mehr übrig geblieben von den "Bratwurskickern" und "Rumpelfüßlern" der frühen 2000er. Stattdessen ist der Anspruch seit Klinsmanns 2006er Sommermärchen, spätestens aber seit dem begeisternden Auftritt bei der WM 2010, nicht nur erfolgreich zu spielen, sondern auch schön. Daran hatte eben auch der glatte Bierhoff seinen Anteil. Nach der aus vielerlei Hinsicht verdorbenen WM in Katar zog man beim Verband die Notbremse. Doch der vielbeschworene Neustart fühlt sich ziemlich altbacken an.

Schon die schnell berufene "Task Force" (klar, drunter gehts nicht) las sich im Dezember wie ein Who-is -Who des deutschen Fußballs - von gestern. Oliver Kahn, Matthias Sammer, Karl-Heinz Rummenigge und auch Rudi Völler sollten den deutschen Fußball bis zur EM 2024 wieder auf richtige Bahnen lenken. Einziger Hauch von Frische war Oliver Mintzlaff. Also der wirtschaftliche Vertreter ausgerechnet jenes Fußballvereins, der von den Fans gehasst wird, wie kaum ein anderer: RB Leipzig. Von Frauen oder Diversität keine Spur, was dem DFB sofort entsprechenden Spott einhandelte.

Rückfall in fußballerische Steinzeiten

Rudi Völler bildet nun den letzten Baustein dieses ewigen Kreislaufs. Wenn es nicht so läuft, wie erwartet, besinnt man sich auf Altbewährtes. Dabei gehört Völler ja nun mit seiner DFB-Trainer-Zeit von 2000-2004 genau in jene Zeit, die man so unbedingt hinter sich lassen wollte. Klar, er ist dem Fußball treu geblieben und als Geschäftsführer von Bayer Leverkusen immer nah dran am Alltag geblieben. Aber ist ein 62-Jähriger wirklich der richtige Mann, um den größten Sportverband der Welt in die Zukunft zu führen?

Denn dem DFB-Team fehlte es in Katar ja nicht nur an sportlichem Erfolg. Es fehlte der Esprit, es fehlte der richtige Umgang mit heiklen politischen Debatten dieser Zeit, es fehlt aber auch der hoffnungsvolle Nachwuchs. Vergleicht man das deutsche Team mit denen aus England, Spanien oder Frankreich kann einem schon Angst und Bange werden, was die Zukunftsaussichten angeht. Es müsste also, wie schon so oft, eine breite Debatte um die Nachwuchsförderung angestoßen werden. Während man den Verband gleichzeitig in die Moderne führt und den Fußball als wichtiges gesellschaftliches Vehikel versteht, das er sein kann. Diese Altherrenriege scheint dafür alles andere als geschaffen zu sein.

Ein erfolgreiches Heimturnier 2024 könnte die Gemüter besänftigen, an den Grundproblemen würde dies aber kaum etwas ändern. Das kurzfristige Denken der Verantwortlichen wirkt wie ein Rückfall in fußballerische Steinzeiten. Vielleicht hätte es ja doch noch mehr Alternativen gegeben, als nur "ein' Rudi Völler"...

Im Video: Kahn, Sammer und Völler sollen DFB beraten