Kommentar: Warum die AfD im Fußball nicht ausgegrenzt werden sollte

Nachdem der FC Bundestag nur einen Teil der Antragsteller aufnehmen wollte, wird er auch in Zukunft ohne AfD-Mitglieder auf dem Platz stehen (Bild: Maximilian König)
Nachdem der FC Bundestag nur einen Teil der Antragsteller aufnehmen wollte, wird er auch in Zukunft ohne AfD-Mitglieder auf dem Platz stehen (Bild: Maximilian König)

Eintracht Frankfurt, FC Bundestag: AfD-Mitglieder erhalten dort Gegenwind. Was als mutige Haltung erscheint, ist in Wirklichkeit demokratischer Murks.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Wenn es keine Märtyrer gibt, muss man sich welche backen. Opfer, die stellvertretend für andere leiden, am besten für eine Idee, sind harte Währung im politischen Wettstreit – so war es in der Antike, und ist es heute nicht anders.

Die AfD lebt vom Oszillieren zwischen Opferhaltung und Täterbewusstsein, zwischen all der Jagd (auf die Bundesregierung, wie Alexander Gauland tönte, oder auf Nachbarn der Hautfarbe Jerome Boatengs, wie Gauland einmal haspelte) muss sich der gestandene Rechtspopulist auch ausruhen, Hatz ermüdet, und nichts eignet sich besser zur geistigen Aufladung als ein Opferspiel.

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Die AfD ist also gern ein Opfer, da nimmt die Partei jede Chance wahr, und gerade gelingt ihr dies meisterhaft im Fußball, sie verwandelt sozusagen eine Steilvorlage nach der anderen. Blöd, dass man sie ihr immer wieder liefert und sich dafür auch noch feiert.

Der Präsident von Eintracht Frankfurt gibt hierfür ein gutes Beispiel. Kämpferisch trat Peter Fischer bei der Mitgliederversammlung auf, als er erklärte: AfD-Mitglieder können keine Eintracht-Mitglieder sein. Das ist erstmal ein Zeichen, eine Haltung gegen den Rassismus in dieser Partei, gegen die Engstirnigkeit; schließlich ist Fußball ein Volkssport und durchlebt all die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen auf seine Art, und weil Fußball eine kämpferische Komponente in sich trägt, wirken bei ihm die konfliktträchtigen Gesellschaftsthemen umso stärker.

Fußball ist kein Club

Doch genau da beginnt das Problem. Fußball ist Massensport, kein Clubsport. Wer ausschließt, verweigert sich einer Debatte. Aber wie lässt sich aus etwas ausschließen, welches eh das ALLES in einer Gesellschaft ist? Nun ist der Ausschluss aus einem Fußballverein keine Abschiebung zum Planeten Mars, aber die Kriterien dafür sollten eng umschrieben werden. Akute Menschenfeindlichkeit zum Beispiel sollte ein Umstand sein, der nicht gerade Gruppentauglichkeit in sich birgt. Reicht aber dafür eine Mitgliedschaft in der AfD?

Dass die Partei menschenfeindliche Züge in sich trägt, ist eindeutig. Nur bewegen diese sich noch im verfassungsrechtlichen Rahmen, die Partei ist nicht verboten. So sollte ein Mitglied aus einem Fußballverein ausgeschlossen werden, wenn persönlich klar erkennbar ist, dass dieses seine Menschenfeindlichkeit in den Club hineinträgt und dort auch den Fußball für seine miesen Gedanken zu nutzen sucht. Reine Mitgliedschaft reicht dafür nicht aus.

Eintracht Frankfurt stellte sich nahezu geschlossen hinter Präsident Peter Fischer und seinen Anti-AfD-Kurs (Bild: dpa)
Eintracht Frankfurt stellte sich nahezu geschlossen hinter Präsident Peter Fischer und seinen Anti-AfD-Kurs (Bild: dpa)

Daher zeigt Fischer bei seiner Eintracht die falsche Haltung. Ein guter Marketingtrick war es auch, nun steht er toll da. Doch zum Mut gehört die Courage zum Gespräch, zur echten Auseinandersetzung, nicht der Wille nach hygienisch reiner Atmosphäre.

Fußball wurde immer von Nazis, Rassisten und Rechtspopulisten instrumentalisiert. In kleinen Fanbereichen wird deren Unkultur ausgelebt, zieht andere an – sie muss begrenzt werden durch klare Haltung; da könnten die Fußballvereine viel effektiver arbeiten und ihre Fanprojekte intensivieren. Doch Fußballfunktionäre sorgen sich zuweilen mehr um ihre VIP-Logen als um die wenigen verbliebenen Stehplätze.

Masse und Macht

Der Spieß der Rechten wird nicht umgedreht, wenn man ihn in die Ecke stellt. Rechte Argumente gehören gehört und gestellt. Nur durch Argumente. Bei der Mitgliederversammlung von Eintracht Frankfurt saßen auch ein paar AfD-Mitglieder, aber sie meldeten sich nicht zu Wort. Vermutlich wird ihnen die Lust ob der aufgeheizten Stimmung im Saal, welche sich eindeutig gegen die AfD wendete, dazu vergangen sein.

Die Masse hat immer die Macht, und diesmal richtete sich die Meute gegen AfD-Mitglieder, die ansonsten, unter ihresgleichen, gern gegen andere Minderheiten hetzen. Nur nennt man das, was die Eintracht-Mitgliederversammlung veranstaltete, nicht das Umdrehen eines Spießes, es ist nur der Kampf mit gleichen Mitteln; viel besser wäre gewesen, wenn niemand in eine Minderheit gedrückt würde und dabei die Überzeugung haben müsste, nicht wirklich das Wort ergreifen zu können.

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Das Gewese, welches der FC Bundestag derzeit betreibt, hilft in der Angelegenheit kaum. Die Kickergruppe der Abgeordneten tut sich schwer damit, AfD-Parlamentarier aufzunehmen. Dass ein Rabauke wie Sebastian Münzenmaier nicht dabei sein soll, überzeugt: Der AfD-Politiker hatte sich nach Meinung des Mainzer Amtsgerichts bei Angriffen von Hools auf Fans der Beihilfe zur schweren Körperverletzung schuldig gemacht; Münzenmaier bestreitet dies und hat Berufung eingelegt, aber für die Zwischenzeit sollte er jeden Ball ruhen lassen – welche Mannschaft will einen mit solchem Urteil dabeihaben?

Bei anderen AfD-Abgeordneten ist aber schon zu fragen, warum ihr Mitgliedschaftsantrag auf Eis liegt. Der FC Bundestag wäre eine prima Chance, den Rechtspopulisten die Folgen ihrer Worte aufzuzeigen, sie in Kontakt mit jenen zu bringen, die Objekt ihrer Hetze sind. Stattdessen hat die Rumeierei des FC Bundestag zur Folge, dass die AfD dankbar ihre eigene Parlamentsfußballmannschaft gründet.

Demokratie ist eben kein Spaziergang.