Werbung

Die wundersame Auferstehung des "Löwen"

Die wundersame Auferstehung des
Die wundersame Auferstehung des

Das Symbol von Francesco Acerbi ist der Löwe. Das Raubtier prangt auf seiner Brust sowie seinem rechten Arm und steht für den unbändigen Willen, den Acerbi in der Vergangenheit brauchte.

2013 erhielt Acerbi während einer medizinischen Untersuchung bei seinem damaligen Verein Sassuolo die schockierende Diagnose: Hodenkrebs.

Morgens TV-Sendungen, abends lange Party-Nächte

Der Tumor wurde entfernt, tauchte kurz darauf allerdings wieder auf. Es gab nur eine Möglichkeit: Der Italiener musste sich einer Chemotherapie unterziehen.

Während der dreimonatigen Therapie verlor Acerbi vollends die Kontrolle über sein Leben. Jeden Morgen schaute er stundenlang TV-Sendungen, nachmittags gönnte er sich etwas Ruhe, damit er am Abend feiern gehen konnte.

Europameisterschaft: Die EM-Kader aller Teilnehmer

Die Partyausflüge erstreckten sich regelmäßig über die ganze Nacht. Durch die Chemotherapie verlor Acerbi seinen Appetit, wenn er doch etwas aß, dann Thunfisch-Pizza mit Zwiebeln. "Manchmal aß ich aber auch gar nichts, und ich schlief auch nicht", erinnerte sich Acerbi in der Zeit an frühere Zeiten.

Doch auch zuvor war Acerbi kein mustergültiger Profi im Stil von Cristiano Ronaldo. "Ich habe eher gefeiert als trainiert. Ich habe alles getrunken und ernsthaft überlegt, mit dem Fußball aufzuhören", sagte er im Nachhinein über seine Zeit vor der Krebserkrankung.

Die Krebserkrankung veränderte Acerbis Leben

Ohnehin ist Acerbi durchaus als Spätstarter bezeichnen, erst im Alter von 23 Jahren feierte er bei Chievo Verona sein Debüt in der Serie A. Von Verona ging es für den Innenverteidiger über den AC Mailand und Genua zu Sassuolo. Durch die Krebserkrankung und die ungesunde Lebensweise sprach alles für ein vorzeitiges Karriereende – es kam jedoch anders: Acerbi wachte etwa ein Jahr nach seiner Krebsdiagnose mitten in der Nacht erschrocken auf.

"Plötzlich dachte ich an all die Sorgen, die ich meinen Eltern bereitet hatte, an all die verpassten Gelegenheiten und die durchzechten Nächte. An diesem Morgen hatte ich Angst vor meinem eigenen Schatten", erzählte Acerbi. Daraufhin suchte er einen Therapeuten auf.

Während eines Nachmittagsschlafs habe Acerbi schließlich einen seltsamen Traum gehabt: "Es war, als wären mein Vater und Gott ein und dieselbe Person, die mich zur Besserung drängte. Ich weinte und erkannte, dass der Krebs eine Chance war. Ich hatte wieder etwas, gegen das ich kämpfen konnte."

Daraufhin veränderte Acerbi sein Leben von Grund auf. Statt Alkohol und Pizza gab es von nun Wasser und Reis mit Gemüse, durchzechte Nächte wichen einem strikten Trainingsplan. Es lohnte sich: Acerbi absolvierte von Oktober 2015 bis Januar 2019 149 Spiele in Folge, ihm fehlten damit nur 13 Spiele bis zum Rekord von Javier Zanetti.

Erste Europameisterschaft für Acerbi

"Der Krebs hat mir das Leben gerettet. Dafür danke ich Gott“, sagte Acerbi später.

Acerbi spielte so stark auf, dass Leicester City ihn verpflichten wollte. Der Abwehrmann lehnte jedoch ab, er wusste zu schätzen, was er in Sassuolo hatte.

Anfang 2018 wechselte der 1,92 Meter große Koloss schließlich zu Lazio Rom und spielte in der Champions League. Mit der Umstellung seines Lebenswandels fing der mittlerweile gläubige Acerbi außerdem damit an, krebskranke Kinder und Menschen mit Behinderung zu besuchen.

In Rom hielt Acerbi daran fest. "Diese Leute umarmen sich, sagen immer 'danke' und urteilen nicht über andere Menschen. Sie helfen mir, das Leben aus der richtigen Perspektive zu sehen", erklärte er diesen Umstand.

Europameisterschaft: Italiens völlig verrückte Kader-Präsentation

Ein kleiner Junge, den er regelmäßig besuchte, überstand den Krebs nicht. "Er ist mein Löwe, er ist im Kampf gestorben", schrieb Acerbi nach dem Verlust – und ließ sich einen Löwen tätowieren.

Acerbi ist mittlerweile einer der besten Innenverteidiger der Serie A und wird sieben Jahre nach der Chemotherapie in diesem Sommer an seiner ersten Europameisterschaft teilnehmen. Er wird seine Gegner sicher spüren lassen wollen, warum er als "der Löwe" bezeichnet wird.

VIDEO: Angela Merkel spricht Jogis Jungs Mut zu