Kugel-Beben: Der pulverisierte Rekord hat Schatten

Kugel-Beben: Der pulverisierte Rekord hat Schatten
Kugel-Beben: Der pulverisierte Rekord hat Schatten

Kugelstoßer Ryan Crouser aus den USA hat den mehr als drei Jahrzehnte alten Weltrekord pulverisiert!

Bei den nationalen Olympia-Trials in Eugene/Oregon übertraf der Rio-Olympiasieger mit sensationellen 23,37 m die alte Bestmarke von Landsmann Randy Barnes aus dem Jahr 1990 um gleich 25 Zentimeter.

Crousers Sieger-Weite von Rio - die einen olympischen Rekord bedeutet hatte - war bei 22,52 m gelegen, der 28-Jährige hat diese also um satte 85 Zentimeter übertrumpft.

Seit 2019 hatte der 2,03 Meter große Crouser seine Bestleistungen schrittweise gesteigert und alle seit 1990 hingelegten Weiten getoppt, im Januar ließ er mit 22,82 Metern schon Barnes' 32 Jahre alten Hallen-Weltrekord purzeln.

Im Juli vergangenen Jahres hatte Crouser sich mit 22,91 Metern der 23-Meter-Marke schon weiter angenähert. Sein deutscher Rivale David Storl hatte schon da prognostiziert, dass Crouser auch den Weltrekord packen wird - die Art und Weise, wie es ihm gelungen ist, ist nun aber nochmal ein Quantensprung.

Auf dem alten Weltrekord liegt ein trüber Schatten

Die bisherige Bestmarke hatte Barnes 1990 bei einem Meeting in Westwood aufgestellt und damit den vorherigen Rekord des DDR-Stoßers Ulf Timmermann gebrochen.

Ein Detail, das für Diskussionen sorgen dürfte: Auf Barnes' Rekord liegt ein Doping-Schatten, er war drei Monate danach positiv auf ein anaboles Steroid getestet und 27 Monate gesperrt worden. 1998 wurde der Olympiasieger von 1996 erneut des Dopings überführt und lebenslang verbannt. Bis heute beteuert er seine Unschuld, er hätte immer nur legal verkaufte Nahrungsergänzungsmittel eingenommen. Dass Barnes die Bestmarke trotz der zeitlichen Nähe zu seinem Doping-Skandal nicht aberkannt worden war, ist seit Jahrzehnten ein Streit-Thema.

Barnes war seinerzeit einer der ersten Top-Kugelstoßer, die mit der Drehstoß-Technik anstelle der vorher dominierenden Angleit-Technik große Erfolge gefeiert hatten. Wie Crouser die Drehstoß-Variante zuletzt perfektioniert hat, gilt als bahnbrechend.

Crousers Rekord dämpft auch die ohnehin geringen Gold-Hoffnungen des zweimaligen Weltmeisters Storl, der als letzter Weltklasse-Athlet noch aufs Angleiten setzt, von Verletzungsproblemen geplagt ist und bei der Vorbereitung auf Rio obendrein von einer Corona-Infektion zurückgeworfen worden war (und danach mit einer sorgenvollen Warnung vor Corona als Doping-Treiber aufhorchen hatte lassen).

Nicht der erste Aufsehen erregende Rekord vor Olympia

Crousers Bestmarke reiht sich ein in eine ganze Serie Aufsehen erregender Top-Leistungen im laufenden Olympia-Jahr: Über die 10.000-Meter-Distanz verbesserten in diesem Jahr erst Sifan Hassan, dann Letesenbet Gidey den Weltrekord, schlagzeilenträchtig war auch der Aufstieg von Shelly-Ann Fraser-Pryce zur zweitschnellsten 100-Meter-Läuferin der Geschichte hinter der früh verstorbenen und hoch umstrittenen Legende Florence Griffith-Joyner.

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Seit 1996 war bei den Männern kein Weltrekord in einer der vier Stoß- und Wurfdisziplinen verbessert worden.

Auch bei den Frauen stammen die Rekorde mit der Kugel und dem Diskus aus den Achtziger.

Die Bestmarken mit dem Hammer und dem Speer sind hingegen dort deutlich jünger: Frauen-Hammerwerfen ist eine recht junge Disziplin, der aktuelle Frauen-Speer wurde erst 1999 eingeführt.

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Mit Sportinformationsdienst (SID)