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Löw beerdigt Mannschaftsrat - das steckt dahinter

Der Umbruch in der deutschen Nationalmannschaft schreitet weiter voran - und macht auch vor den Strukturen innerhalb des Teams nicht Halt.

Dem radikalen Schnitt nach dem WM-Debakel 2016, den Bundestrainer Joachim Löw mit der Ausbootung des Weltmeister-Trios Mats Hummels, Thomas Müller und Jérôme Boateng Anfang des Jahres deutlich unterstrich, fiel nun auch eine vermeintliche Institution zum Opfer: der gute alte Mannschaftsrat.

Gemeinsam mit den Spielern habe man besprochen, "dass ein klassischer Mannschaftsrat alter Prägung nicht mehr passend für unser Miteinander ist", sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff der Sport Bild.

Bierhoff: "Ausdruck von gelebten flachen Hierarchien"

Der Schritt sei auch "Ausdruck von gegenseitigem Vertrauen und gelebten flachen Hierarchien bei der Nationalmannschaft", ergänzte Bierhoff.

Vom ursprünglichen Gremium waren ohnehin nur noch Kapitän Manuel Neuer und Toni Kroos übrig, Letzterer hatte obendrein die jüngsten Länderspiele gegen Argentinien und in Estland verletzungsbedingt abgesagt.

Was bedeutet dieser Schritt? Und wie sollen die Führungsrollen innerhalb des Teams künftig verteilt werden?

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"Der Fußball hat sich in den letzten 20 Jahren so stark verändert", sagte der langjährige Freiburg-Trainer Volker Finke im CHECK24 Doppelpass auf SPORT1.

Neue Struktur nach "Capitano" Ballack

Für ihn war "Capitano" Michael Ballack der "letzte hierarchisch angeordnete Chef" der DFB-Auswahl. "Dann kam Philipp Lahm, er hat die flache Hierarchie eingeführt. Das war nicht Löw. Lahm hat alle mitgenommen, die sich auch in der Kabine eingebracht haben", sagte Finke. "Wir hatten sieben, acht sogenannte Führungsspieler."

Als Leader der neuen Generation drängt sich in erster Linie der Name Joshua Kimmich auf. Durch den Umbruch beim FC Bayern schlüpfte Kimmich auch dort zuletzt verstärkt in die Chef-Rolle. Die Nationalmannschaft führte der 24-Jährige im Testspiel gegen Argentinien vergangene Woche erstmals als Kapitän aufs Feld.

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"Ich finde es ein bisschen schade, dass wir überlegen, ob Kimmich der Post-Ballack-Anführer ist", meinte Finke und sprach sich für eine flache Hierarchie aus.

Kimmich als Ballack-Ersatz?

Kimmichs früherer Trainer bei RB Leipzig, Alexander Zorniger, räumte im CHECK24 Doppelpass ein: "Es geht nicht darum, einen Ballack-Ersatz zu erschaffen, das ist Jo auch nicht. Jo nimmt Leute mit. Er hasst es nur, wenn Leute ihn daran hindern, dass er erfolgreich ist. Da legt er sich dann mit Gott und der Welt an."

Bei den Bayern ist Kimmich seit dieser Saison Teil des Mannschaftsrats, den Trainer Niko Kovac mit Beginn dieser Saison wieder eingeführt hat. Er habe ihn so bestimmt, dass er das ganze Team repräsentiert, begründete Kovac die Entscheidung. Neben Kimmich als Vertreter der jüngeren Generation gehören noch Kapitän Manuel Neuer, sowie Thomas Müller, Robert Lewandowski, David Alaba und Thiago dem Gremium an.

Ein solcher Rat dient generell als Schnittstelle zwischen dem Trainer und der Mannschaft, regelt in erster Linie organisatorische Dinge und ist wichtig bei möglichen Konflikten innerhalb des Teams.

Neue Kommunikation in der Nationalmannschaft

Mit der Auflösung will man beim DFB nun die in den vergangenen Jahren eingeschlagenen Wege konsequent fortführen. Feste Strukturen werden damit aufgebrochen.

Im Juni berichtete Kapitän Neuer von "verschiedenen Runden", in denen "themenbezogen" die Belange der Mannschaft besprochen werden.

Ein regelmäßiger Austausch findet in Zukunft also weiterhin statt – und im Sinne des Umbruchs auf neuen Wegen.

"Außerhalb der Länderspielphasen informieren und kommunizieren wir über unsere App", sagte Teammanager Thomas Beheshti. "So halten wir uns gegenseitig ständig auf dem Laufenden."