Lahm im Interview: "Wir sind dank Neuer noch nicht ausgeschieden"

Philipp Lahm wurde beim 1:2 gegen Real Madrid zum Champions-League-Rekordspieler des FC Bayern München. Zum 104. Mal lief er in der Königsklasse auf. Der FCB-Kapitän über die Gründe für die Heimpleite, die Chancen im Rückspiel und die schlimmen Ereignisse in Dortmund.

Philipp Lahm, FC Bayern München
Philipp Lahm absolvierte gegen Real Madrid das 104. Champions League-Spiel für den FC Bayern München – eins mehr als Oliver Kahn und damit Vereinsrekord!

1:2 gegen Real Madrid, das Halbfinale ist in weite Ferne gerückt. Was sind die Gründe für die Niederlage aus ihrer Sicht?

Philipp Lahm: Der Spielverlauf war eigentlich ideal für uns. Wir hatten das Spiel im Griff, haben 1:0 geführt und hatten mit dem Elfmeter die riesen Chance, mit 2:0 in die Pause zu gehen. Doch dann lief alles gegen uns: veschossener Elfmeter, das 1:1 unmittelbar nach der Pause. Nach dem Gegentor war definitiv ein Bruch in unserem Spiel, wir haben uns davon nicht erholt. Das war schon bitter und dann kam auch der Platzverweis. Dann wird es natürlich gegen so eine starke Mannschaft wie Real verdammt schwer. Aber wir haben in Madrid noch alle Möglichkeiten.

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War der verschossene Elfmeter von Vidal der Knackpunkt?

Lahm: Nein, mit 1:0 in die Pause zu gehen ist ja auch nicht so schlecht. Klar wäre ein 2:0 besser gewesen, aber wir waren voll im Spiel und haben geführt. Der Knackpunkt war das schnelle Gegentor nach der Pause. Das war schon bitter und noch bitterer war es dann, mit 10 Mann zu Ende spielen zu müssen.

Real hatte in Überzahl jede Menge Platz und hat das Spiel klar dominiert. Warum konnte der FC Bayern nicht dagegenhalten?

Lahm: Wir haben im Mittelfeld viele einfache Bälle verloren. Real hat viel Druck entwickelt und wir konnten uns nicht mehr befreien. Und die wenigen Angriffe haben wir nicht gut ausgespielt.

Javi Martinez ist im Rückspiel gesperrt, Mats Hummels verletzt. Machen Sie sich Sorgen über die Abwehr des FC Bayern in Madrid?

Lahm: Dass Javi gesperrt ist und Mats voraussichtlich nicht spielen kann, ist sicher kein Vorteil für uns. Aber wir haben trotzdem noch alle Möglichkeiten, weil wir dank Manuel Neuer noch nicht ausgeschieden sind. Er hat uns auf dem Weg ins Halbfinale gehalten. Wir können in Madrid gewinnen, nur dann müssen wir sicher mehr zeigen, als wir es heute getan haben.

Wie hat sich das Fehlen von Robert Lewandowski bemerkbar gemacht?

Lahm: Wir hätten am liebsten in solchen Spielen alle Spieler an Bord. Dass uns Lewy fehlt, ist klar. Er hat herausragende Qualitäten und ist unser einziger echter Mittelstürmer. Mit Thomas Müller ist es ein anderes Spiel, weil er mehr hängende Spitze ist. Ich hoffe, dass Lewy bis zum Rückspiel fit wird.

Wie haben Sie die Ereignisse am Dienstagabend in Dortmund wahrgenommen?

Lahm: Ich war natürlich schockiert. Man kann nur froh sein, dass nichts ganz Dramatisches passiert ist. Ich will mich nicht hineinversetzen in die Spieler und das gesamte BVB-Team, das im Bus war. Ein schreckliches Ereignis.

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Hatten Sie heute auf dem Weg ins Stadion ein mulmiges Gefühl?

Lahm: Das hatte ich eher am Dienstagabend unmittelbar nachdem ich von dem Abschlag gehört habe. Da überlegt man sich, wie oft man selbst mit dem Mannschaftsbus unterwegs ist. Wir haben aber vollstes Vertrauen in die Sicherheitsleute, die uns betreuen.

Sie sind Familienvater. Was macht man sich für Gedanken, wenn man plötzlich als Sportler Angst um Leib und Leben haben muss?

Lahm: Das ist keine Sache, die es erst seit dem Anschlag auf den Dortmunder Bus gibt. Vor eineinhalb Jahren gab es beim Länderspiel zwischen Frankreich und Deutschland noch dramatischere Szenen. Klar macht sich darüber Gedanken. Jeder, der irgendwas mit der Gesellschaft, mit der Welt zu tun hat, macht sich Gedanken. Das betrifft nicht nur uns Spieler, sondern jeden, der ins Stadion geht und jeden Journalisten. Jeder Einzelne geht doch ins Stadion, um hier Spaß zu haben. Das sollte im Vordergrund stehen. Es ist sehr schade, dass andere versuchen, uns das zu vermasseln.

Können Sie es nachvollziehen, dass das Spiel in Dortmund nur einen Tag nach dem Anschlag stattfinden musste?

Lahm: Das kann ich nicht beurteilen, ich kann mich nicht in die Spieler hineinversetzen. Aber ich kann mir vorstellen, dass das sehr schwierig ist.