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Fan-Rückkehr "das falsche Signal" - auch Söder und Spahn zweifeln

Der Profifußball darf sich offenbar bis zum Herbst keine Hoffnungen auf eine Rückkehr von Fans in die Stadien machen.

"Die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister der Länder sind gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsminister zu der Überzeugung gelangt, dass vor dem Hintergrund der pandemischen Lage die Öffnung der Stadien für Zuschauerinnen und Zuschauer nicht vertreten werden kann", hieß es in einer Pressemitteilung nach den Beratungen der Gesundheitsministerkonferenz (GMK).

Eine Zuschauerrückkehr wäre nach Auffassung der GMK das falsche Signal, auch an andere gesellschaftliche Bereiche, hieß es darin weiter: "Analog zu den bis Ende Oktober untersagten Großveranstaltungen sind die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsminister der Auffassung, auch für den möglichen Besuch der Fußballstadien erst im Herbst zu einer erneuten Bewertung kommen zu können." Damit dürfte aller Voraussicht nach die kommende Bundesligasaison (ab 18. September) ohne Zuschauer starten.

Die GMK würdigte zwar das Konzept der Deutschen Fußball Liga (DFL), sah allerdings auch Probleme. "So wird die nähere Ausgestaltung vor Ort den jeweiligen Gesundheitsämtern überlassen und auch die Risiken bei An- und Abreise zu Spielen bleibt ohne Lösungsvorschlag. Insbesondere die Gesundheitsämter sind auf die Kontaktnachverfolgung, den Schulstart und den Rückreiseverkehr konzentriert."

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Kaylaci übt Zweifel

Die 36 deutschen Profiklubs hatten sich zuletzt auf ein Konzept für die Rückkehr von Zuschauern in der Corona-Pandemie geeinigt. Der Plan sieht keine Stehplätze und keinen Alkohol bis Ende Oktober, Verzicht auf Gästefans bis Jahresende sowie die Sammlung sämtlicher Kontaktdaten vor.

Zunächst hatte der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Dilek Kalayci (SPD), Zweifel an einer baldigen Rückkehr der Zuschauer in die Fußballstadien genährt.

"Wir haben nicht vor, einen Beschluss zum Hygienekonzept der DFL zu fassen", sagte die Berliner Gesundheitssenatorin der Berliner Morgenpost.

Söder kann sich Fans im Stadion "nicht vorstellen"

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat Zweifel. "Ich habe mich sehr für den Start von Geisterspielen eingesetzt, das läuft auch hervorragend. Aber bei vollen Stadion zum Bundesliga-Start bin ich außerordentlich skeptisch. Es ist auch nicht klug, wenn wir den Schulstart haben, den wir beginnenden Herbst haben, zu überlegen, dass wir dann zusätzlich 20.000, 25.000 Leute in den Stadien haben", sagte der CSU-Vorsitzende, der auch von einer "verheerenden Signalwirkung für die Gesellschaft" sprach.

Söder lobte diesbezüglich die "theoretisch guten Ansätze", die praktische Umsetzung sei aber "sehr schwierig". Deshalb betonte der 53-Jährige, dass die Rückkehr der Zuschauer "vielleicht im Verlauf der Saison" in Betracht gezogen werden sollte.

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat sich gegen eine schnelle Rückkehr von Zuschauern ausgesprochen. "Tausende Zuschauer in den Stadien - das passt nicht zum aktuellen Infektionsgeschehen", teilte der CDU-Politiker bei Twitter mit: "Jetzt heißt es, keine vermeidbaren Risiken einzugehen. Das Konzept der DFL ist in der Theorie gut. Entscheidend ist in der Pandemie aber die Praxis im Alltag."

Zuletzt waren die Infektionszahlen in Deutschland wieder gestiegen. "Wir spüren, dass wir wachsam bleiben müssen. In der jetzigen Situation wären Zuschauer auf den Rängen das falsche Signal", sagte Spahn weiter. Nach Kalaycis derzeitiger Einschätzung stehe "der Profifußball auf der Prioritätenliste der Gesundheitsminister nicht ganz oben".

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Keine Testkapazitäten für Fans

DFB-Präsident Fritz Keller hatte zuletzt die Idee von Massen-Präventivtests für Stadionbesucher ins Spiel gebracht, davon hält Kalayci wenig.

"Die Idee, dass unter anderem alle Besucherinnen und Besucher nach Testungen wieder ins Stadion kommen können, wird von der Mehrheit der Minister kritisch gesehen. Ganz besonders, weil vor und nach dem Spiel niemand große Menschenansammlungen und Alkoholkonsum ausschließen und kontrollieren kann", sagte Kalayci: "Wir brauchen die Testkapazitäten zurzeit in vielen anderen Bereichen - beispielsweise für Schulen, Kitas, Pflegeheime, Krankenhäuser und Reiserückkehrer."

"Das Virus breitet sich wie ein Lauffeuer aus"

Auch der Ärzteverband "Marburger Bund" warnte indes vor einer Fan-Rückkehr in die Stadien. "Die Gefahr von Massenansteckungen wäre real. Wenn wir Pech haben, sitzt ein Superspreader unter den Fans, und das Virus breitet sich wie ein Lauffeuer aus", sagte die Vorsitzende Susanne Johna der Neuen Osnabrücker Zeitung und erinnerte an die Gefahren von COVID-19: "Jemand kann überhaupt noch keine Beschwerden haben, aber trotzdem steckt sein Rachen schon voller Viren. Und wenn dann geschrien und gejubelt wird, kann es blitzschnell gehen."

Die Bestrebungen der DFL seien zwar nachvollziehbar, sagte Johna weiter: "Aber dass ihr Konzept Ansteckungen verhindert, halte ich für unrealistisch." So könne sie sich etwa nicht vorstellen, dass Fans bei einem Torerfolg ihrer Mannschaft auf ihren Sitzen bleiben. "Da liegt man sich in den Armen und denkt nicht an Corona", sagte Johna: "Alles andere wäre geradezu unmenschlich."

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