Lindsey Vonn: Königin ohne Krone

Lindsey Vonn hat mit großer Wahrscheinlichkeit ihr letztes Rennen bei Olympischen Spielen absolviert. Aber man muss sich um sie keine Sorgen machen. Der US-Star hat mit einer gehörigen Portion Selbstinszenierung gut vorgesorgt. Das nimmt man nicht überall positiv auf. Warum eigentlich?

Lindsey Vonn verabschiedete sich aus Pyeongchang mit Küsschen. (Bild: Getty Images)
Lindsey Vonn verabschiedete sich aus Pyeongchang mit Küsschen. (Bild: Getty Images)

Lindsey Vonn ist Dritte in der Abfahrt geworden. Das ist die große Nachricht, die in Deutschland am Morgen die Runde macht. Dass Sofia Goggia aus Italien der erste Platz gelungen ist ….. Beiwerk. Wer Silber geholt hat? Puh, da wird’s schon eng.

Bevor der Name der Norwegerin Ragnhild Mowinckel fällt, wird eher noch erwähnt, dass Vonn wieder Tränen vergossen hat. Dass sie mit den Initialen ihres Großvaters auf dem Helm fuhr, oder dass sie sich gut sichtbar für jedermann an der Piste umzog – inklusive Sport-BH-Blitzer. Mal wieder Futter für ihre Kritiker.

Es war wohl das letzten Olympische Rennen von Vonn. Dementsprechend ist ein wenig Aufmerksamkeit ganz normal. Im Fall der 33-jährigen US-Amerikanerin geht das Interesse der Wintersport-Fans aber über das normale Maß hinaus.

Vonn kann Selbstinszenierung

Wo Vonn auch hinkommt, die Augen sind auf sie gerichtet. Das hat viele Gründe. Die FAZ nennt es “Sucht nach Aufmerksamkeit”, andere bezeichnen es als “Glamour” oder “Flair.” Vonn ist eben einer der letzten echten Stars im Wintersport.

Landsfrau Mikael Shiffrin lästerte im Oktober: “Sie will nur Beachtung.” NTV nennt sie “Tinderella”, die Sportschau spricht von einer Drama-Queen.” Lara Gut stellte 2016 fest: “Sie macht das immer. Immer Theater. Das wird immer so sein.”

Hier eine Träne, dort ein Foto mit Hund: Vonn kann Selbstinszenierung. Muss ihr das unbedingt negativ ausgelegt werden? Sie weiß ganz genau, welche Knöpfe sie für die ein oder andere Überschrift drücken muss.

Sicherlich ist nicht alles gespielt und auch nicht alles echt. Die extrovertierte Vonn hat eine bewegte Vergangenheit, sie nimmt Medikamente gegen Depressionen, ihre letzten Beziehungen, unter anderem die mit Golf-Superstar Tiger Woods, scheiterten mit viel Medienecho.

Sportlicher Erfolg garantiert keine Aufmerksamkeit

Auf der anderen Seite steht eine extrem ehrgeizige Sportlerin. Bronze ist ok, sagte sie in Pyeongchang, aber Gold wäre natürlich besser. Seit Jahren hegt sie den Wunsch, gegen Männer anzutreten und sich endlich dem letzten Leistungsvergleich zu unterziehen.

Doch sportlicher Erfolg alleine bringt nicht unbedingt Aufmerksamkeit. Frag nach bei Viktoria Rebensburg. Selbst in einem relativ populären Sport wie Ski Alpin konnte Vonn Weltcup für Weltcup gewinnen, ohne bemerkt zu werden. Wirklich veränderte das erst der Triumph bei Olympia 2010.

Nicht schwer auszudenken, was passiert, wenn Vonn das nächste Kapitel ihrer Post-Sportlerin-Karriere aufschlägt. Und genau dafür hat sie vorgesorgt, das beweisen die laufenden Winterspiele. Sie war bei weitem nicht so erfolgreich wie gewünscht – und beherrscht doch die Schlagzeilen.

Vonn hat für Karriereende vorgesorgt

Vonn hat sich über den sportlichen Erfolg hinaus bekannt gemacht. Das fußt einerseits auf ihren vergangenen Leistungen, andererseits aber auch genauso auf ihrer öffentlichen Darstellung in allen möglichen Facetten.

Daraus kann man ihr einen Strick drehen, muss man aber nicht: Nach dem Karriereende warten schwere Jahre, eine Spitzensportlerin wie sie musste bis dahin vieles in ihrem Leben auf der Piste unterordnen.

Somit hilft jede Überschrift und jeder Artikel später dabei, Türen zu öffnen. Das bedeutet Sponsorenverträge, Aufgaben als Expertin, Auftritte im TV. Vonn bleibt ein bekanntes Gesicht und das ist in einem schwierigen Markt nicht zu unterschätzen.