Warum Mönchengladbach dem BVB gefährlich wird

Hallo Bundesliga-Freunde,

die kritischen Worte von Uli Hoeneß zum vermeintlichen "Geschäftsmodell" des BVB haben sie in Dortmund genau vernommen. Der Vorwurf, sich immer mehr als Durchlauferhitzer für große Karrieren zu positionieren statt dann auch feste Heimat der ausgebildeten Stars zu werden, trifft die Schwarzgelben durchaus am wunden Punkt.

Denn natürlich würden sie sich auch in Dortmund nichts mehr wünschen, als eine Elf zum Beispiel mit Ilkay Gündogan, Robert Lewandowski, Pierre-Emerick Aubameyang, allesamt im besten Alter, flankiert von Top-Talenten wie Jaden Sancho und Erling Haaland, auf den Platz zu schicken.

Doch, und Hoeneß weiß das, davon ist der BVB weit entfernt. Denn im Gegensatz zum FC Bayern sind die Dortmunder auf hohe Transfereinnahmen angewiesen, ihr System fußt darauf. Sie werden sich immer wieder von ihren begehrtesten Spielern trennen müssen - und neue Talente einbauen, die die hohen Erwartungen hoffentlich erfüllen. Es bleiben immer teure Wetten.

Eine andere Borussia kommt dem Hoeneß-Ideal, das sich der FC Bayern als Fußball-Weltmarke aufgrund riesiger Umsätze vor allem in den Bereichen Vermarktung und Sponsoren leisten kann, ein gutes Stück näher.

Mit einem Mann an der Spitze, der nicht nur schon häufiger als Kandidat für das Management des Rekordmeisters gehandelt wurde, sondern auch über 13 Jahre für die Bayern spielte - und deren Mentalität und Einstellung wohl tief in sich verankert hat.

Borussia Mönchengladbach leistet unter der Führung von Sportdirektor Max Eberl seit vielen Jahren herausragende Arbeit. In vielen kleinen Schritten gelang dem Traditionsverein mittlerweile ein großer Sprung - in die absolute Spitzengruppe der Bundesliga, sportlich, ja, aber eben auch wirtschaftlich.

Und nun scheint es, als sei für die Mönchengladbacher auch der BVB nicht mehr außer Reichweite. Im Gegenteil, es spricht einiges dafür, dass die Elf vom Niederrhein den Dortmundern in der neuen Saison richtig gefährlich werden kann.

Ginter-Millionen sind Eberl nicht so wichtig

Wichtiger als die etwa 40 Millionen Euro für Verteidiger Matthias Ginter, die die Borussia bei einem Verkauf hätte verdienen können, ist Eberl, dass die erfolgreiche Mannschaft der Vorsaison gerade jetzt zusammen bleibt.

Dass keinen Schlüsselstelle, sowohl sportlich aber eben auch im über Monate gewachsenen Gefüge, neu besetzt werden muss. Ein Luxus, den sich europaweit nur die größten Vereinen leisten können. Selbst Bayern, Dortmund und Leverkusen verlieren in diesem Sommer aller Voraussicht wichtige Spitzenspieler. Leipzig muss Timo Werner ersetzen.

Eberl hat große Pläne mit seiner Borussia. Die Champions League jetzt, für die sie sich qualifiziert haben, sehen sie nicht als Ziel - sondern sie soll wieder ein Anfang sein.

Sie fühlen und sehen im Grunde keine Grenzen in Mönchengladbach. Das treibt sie an, das motiviert auch Trainer Marco Rose, dessen nicht von allen unkritisch gesehene Installation vor einem Jahr, als Dieter Hecking als Tabellenfünfter gehen musste, zu 100 Prozent gelungen ist. Die Borussia hat einen riesigen Entwicklungsschritt gemacht.

Spieler von Rose begeistert

Die Spieler lieben die Arbeit mit Rose und seinem Team, er bringt sie rasant voran, findet die richtigen Worte, viele schwärmen von seinen Überzeugungen, und vor allem: wie er sie präsentiert. Wie schnell er Antworten findet. Eberl würde lieber heute als morgen Roses Vertrag verlängern, obwohl er noch fast zwei Jahre läuft.

Der erwähnte Ginter gab im kicker Einblicke in die Gespräche mit Eberl, der ihm zugesagt habe, keine Leistungsträger ziehen zu lassen - und nun Wort halten müsse. Ginter: "Das ist sehr wichtig, weil wir in dieser Zusammensetzung großes Potenzial haben. Wenn wir noch zwei, drei Jahre so zusammenbleiben, kann richtig was entstehen."

Es wird sehr spannend, wer in den nächsten Jahren die stärkste Borussia stellt.

Tobias Holtkamp, der Autor dieses Textes, war in der Chefredaktion von Sport Bild und Chefredakteur von transfermarkt.de. Heute berät er Sportler und Marken in ihrer inhaltlichen und strategischen Ausrichtung. Für SPORT1 schreibt Holtkamp als Chef-Kolumnist die wöchentliche "Bundesliga-Kolumne".