Ein Machtkampf um Milliarden eskaliert

Es rumort mächtig in der Königsklasse des Motorsports.

In der Formel 1 gibt es schon lange hinter den Kulissen ein Kompetenzgerangel zwischen dem kommerziellen Rechteinhaber Liberty Media und der Automobilbehörde FIA. Es geht um Macht und Money.

Jetzt droht zwischen den beiden Parteien ein Krieg, der eventuell sogar vor Gerichten ausgetragen werden muss. Demnach habe FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem (61) laut den Rechteinhabern aus den Vereinigten Staaten nicht nur seine Kompetenz überschritten, sondern der Formel 1 potentiell Schaden zugefügt.

Grund des Ärgers waren Tweets des FIA-Präsidenten, der zu einem Kaufangebot des saudischen Staatsfonds Stellung nahm. Für 20 Milliarden Dollar wollten die Saudis laut dem US-Wirtschaftssender Bloomberg Liberty Media die kommerziellen Rechte an der Königsklasse abkaufen.

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Dazu muss man wissen: Laut SPORT1-Informationen ist Liberty Media durchaus interessiert, die 2017 für circa acht Milliarden Dollar erworbenen Rechte wieder abzugeben, um einen hohen Gewinn einzufahren.

Bin Sulayem indes grätschte ungefragt hinein. „Als Hüter des Motorsports ist die FIA als Non-Profit-Organisation vorsichtig, wenn es um überhöhte Preisschilder von angeblich 20 Milliarden Dollar für die Formel 1 geht“, twitterte der gebürtige Dubaier. Mehr noch: Den Saudis legte er nahe, ihren gesunden Menschenverstand zu nutzen, an das Wohl des Sports zu denken und einen klaren, nachhaltigen Plan vorzulegen - nicht nur eine Menge Geld.

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Bin Sulayem: „Es ist unsere Pflicht, die zukünftigen Auswirkungen auf die Veranstalter in Bezug auf höhere Austragungsgebühren und andere kommerzielle Kosten sowie mögliche negative Auswirkungen auf die Fans zu überwachen.“

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Diese Einmischung und Einflussnahme auf einen möglichen Verkaufspreis war Liberty zu viel. Die Justiziare des Rechteinhabers Sacha Woodward Hill und Renee Wilm schickten einen Brief an die FIA.

Darin heißt es in Bezug auf den 100-jährigen Rechtevertrag zwischen FIA und Formel 1: „Die FIA hat unmissverständlich zugesagt, dass sie nichts unternehmen wird, was den Besitz, die Verwaltung und/oder Nutzung der kommerziellen Rechte beeinträchtigen könnte. Wir sind der Ansicht, dass diese Kommentare, die über den offiziellen Social-Media-Account des FIA-Präsidenten geäußert wurden, in diese Rechte auf inakzeptable Weise eingreifen.“ Man behalte sich sogar vor, dass die FIA für jeglichen Schaden am Wert von Liberty „haftbar gemacht werden kann“.

Hinter vorgehaltener Hand erinnern einige dabei sogar an Tesla-Boss Elon Musk, der 2018 von der Securities Exchange Commission (SEC) zu einer Geldstrafe von insgesamt 40 Millionen Dollar verurteilt wurde. Musk soll Investoren damals (ebenfalls) mit einem Tweet in die Irre geführt haben, in dem er andeutete, sein Unternehmen Tesla privatisieren zu wollen.

Der Machtkampf zwischen FIA und Formel 1 spitzt sich zu

Allein: Es bleibt die Frage, warum der FIA-Präsident sich so vehement aus dem Fenster lehnt. Will er den Saudis helfen, den Kaufpreis zu drücken? Der Wert der Formel 1 soll derzeit circa 16 Milliarden Dollar betragen. Dazu passt, dass Bin Sulayem sich erst vor kurzem ungefragt positiv über die Verhältnisse in Saudi-Arabien geäußert hatte: „Die Änderungen, die wir hier sehen, sind einfach unglaublich. Ich sehe Frauen Autofahren, Frauen in Restaurants arbeiten, Frauen den Service im Hotel machen. Das ist eine enorme Entwicklung.“

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Fest steht: Der Machtkampf zwischen Liberty Media und dem FIA-Präsidenten spitzt sich zu. Mittendrin stehen die zehn Formel-1-Teams, Red Bull, Mercedes und Co. Sie sind in der Zwickmühle. Einerseits müssen sie sich mit Liberty Media arrangieren, um möglichst viele Einnahmen zu generieren. Auf der anderen Seite dürfen sie es sich nicht mit der FIA verderben, die für das technische und sportliche Reglement zuständig ist. Am Ende müssen sie sich aber entscheiden. Denn der Machtkampf wird weiter eskalieren.

Fakt ist: Liberty will den aufbrausenden und unbequemen Bin Sulayem loswerden. Einen Kompromiss könnte deshalb der Brite David Richards (70) als neuer FIA-Präsident darstellen. Der ehemalige Teamchef von Benetton und BAR soll nach SPORT1-Informationen nicht abgeneigt sein und schon in den Startlöchern stehen. Dafür müsste man Ben Sulayem aber zunächst echtes Fehlverhalten beweisen können.

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