Mit dieser emotionalen Geste feiert Sarina Wiegman den EM-Titel

Im Augenblick ihres größten Erfolges nahm sich Englands Europameisterinnen-Trainerin Sarina Wiegman einen sehr privaten, rührenden Moment für eine ganz spezielle Geste.

Jubel nach dem Schlusspfiff: Am rechten Arm von Englands Trainerin Sarina Wiegman ist gut das spezielle Armband zu sehen. (Bild: Richard Sellers/Soccrates/Getty Images)
Jubel nach dem Schlusspfiff: Am rechten Arm von Englands Trainerin Sarina Wiegman ist gut das spezielle Armband zu sehen. (Bild: Richard Sellers/Soccrates/Getty Images)

Das ganze Wembley-Stadion explodierte förmlich. Nach einem aufopferungsvollen Kampf über 120 Minuten hatten es die Engländerinnen tatsächlich geschafft. Vor fast 90.000 euphorischen Zuschauer*innen hatten sie den EM-Titel im eigenen Land gewonnen und das auch noch gegen die lange übermächtige DFB-Elf. Die Spielerinnen kannten kein Halten mehr und auch die sonst stets so disziplinierte bis mürrische Trainerin Sarina Wiegman fiel in den Jubel ein. Allerdings erst, nachdem kurz alleine auf den Rasen geschritten war und sie sich dort einen sehr privaten Moment nahm.

Wiegman schreibt Fußball-Geschichte

Es war eigentlich eine unmögliche Mission, auf die sich Sarina Wiegman eingelassen hatte. Sie hätte sich auch auf ihren Lorbeeren ausruhen können. Denn mit ihrem Heimatland war die 52-jährige Fußballtrainerin über alle Maßen erfolgreich. Als Nationaltrainerin führte sie die Niederlande 2017 zum unerwarteten Titel bei der Heim-EM. Zwei Jahre später, im letzten Turnier der Vor-Corona-Zeit schaffte sie fast den nächsten ganz großen Wurf. Die Niederländerinnen stürmten bei der WM in Frankreich bis ins Finale. Nur den US-Amerikanerinnen um Superstar Megan Rapinoe mussten sie sich geschlagen geben und wurden Zweite. Es war aber auch einfach die schönste, die symbolträchtigste Geschichte, dass die lautstarken Vorreiterinnen in Sachen Gleichstellung mit einem Titel in Paris krönen konnten. Bei dieser EM war es nun die Geschichte der "Lionesses" - der Löwinnen - die die Schlagzeilen beherrschte. Und Autorin dieser Geschichte war ausgerechnet Wiegman.

Trotz ihrer Erfolge stieß sie zunächst nicht unbedingt auf Gegenliebe bei den englischen Fans und Medien. Doch mit jeden Sieg und mit der wachsenden Begeisterung während dieses denkwürdigen Turniers, wurde ihre Ernsthaftigkeit und fast emotionslose Reaktion auf die fantastischen Leistungen ihrer Mannschaft mehr und mehr zur liebenswerten Schrulle. Beim Finale brandete jedes Mal Jubel auf, wenn die Bildschirme im Stadion die Trainerin in Großaufnahme zeigten. Und als die Erlösung nach dem Schlusspfiff von ihr abfiel und sie den Emotionen freien Lauf ließ, waren natürlich auch alle Kameras auf die Niederländerin gerichtet.

Die emotionale Geschichte hinter ihrer Geste

Doch ihr erster Gedanke galt nicht den Spielerinnen oder dem Pokal. Wiegman küsste ein silbernes Armband an ihrem rechten Handgelenk. Es war eine Geste für ihre Schwester. Denn diese war tragischerweise nur wenige Wochen vor dem Beginn des Turniers verstorben. Wiegman nahm sich damals nur eine Woche frei, um aus dem Trainingslager der "Lionesses" abzureisen und mit ihrer Familie zu trauern. Die Mannschaft entschloss sich, im Gedenken an die Schwester ihrer Trainerin, beim ersten Vorbereitungsspiel gegen Belgien mit schwarzen Armbändern aufzulaufen. "Es zeigt, was für großartige Menschen sie sind und wie eng das Team zusammensteht," sagte sie nach dem 3:0 Sieg. "Ich glaube, meine Schwester wäre stolz."

Nun, im Moment ihres Triumphes, dachte sie wieder an ihre verstorbene Schwester und schickte mit dem Armband-Kuss einen emotionalen Gruß. Auf der Pressekonferenz erklärte sie den anwesenden Journalist*innen: "Ich küsse dieses kleine Armband, es gehörter meiner Schwester, die im Vorlauf des Turniers gestorben ist. Ich glaube, sie war heute hier, sie war im Torgestänge". Sie wäre sicher bei dem Finale dabei gewesen, fügte Wiegman noch hinzu und sagte: "Sie wäre sehr stolz auf mich und ich ich bin sehr stolz auf sie."

Diese emotionale Geste wird die Europameisterin nur noch beliebter bei den englischen Fans machen. Sie ist zudem die erste Trainerin überhaupt, Männer eigeschlossen, die mit zwei verschiedenen Teams Europameisterin werden konnte. Als sie bei der PK nach dem Finale gefragt wurde, ob sie sich ihres neuen Promi-Status' in England eigentlich bewusst sei, lachte sie nur und antwortete: "Nein, ich werde einfach wieder in mein ruhiges Leben zurück kehren." Ganz so einfach dürfte das nach dieser Euphorie und dem englischen Sommermärchen nicht sein. Die britische "Dailymail" jedenfalls, ernannte sie kurzerhand zur "Engländerin ehrenhalber".

Im Video: 'It's Come Home' - Englands Fans feiern EM-Triumph