Neu im Kino: „Cortex“ von Moritz Bleibtreu: Das Regiedebüt des Jahres

Peter Zander

Hä? Das ist die erste Reaktion, die einen in diesem Film entfährt. Ein biederer Ehemann schreckt immer wieder aus wirren Träumen auf. Ein junger Mann starrt ängstlich auf sein Handy. Handlungsstränge, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Dann sieht man den Gatten, Hagen (Moritz Bleibtreu), bei seinem öden Job als Sicherheitsmann in einem Supermarkt.

Im Überwachungsmonitor sieht er plötzlich Niko (Jannis Niewöhner), den jungen Mann. Der aber schaut fordernd zurück, als ob er den Beobachter durch die Kamera fixieren könnte. Und plötzlich steht Niko im Krankenhaus auch vor Karoline (Nadja Uhl), Hagens Frau, die Ärztin ist. Von ihr lässt er sich verarzten. Und flirtet dabei ungeniert. Während Hagen immer wieder von ihm träumt. Ihn sogar als sein Spiegelbild sieht.

„Cortex“: der Trailer zum Film

Der junge Niko (Jannis Niewöhner) kommt immer wieder zu demselben, verlassenen Café.<span class="copyright">Warner Bros 2020</span>
Der junge Niko (Jannis Niewöhner) kommt immer wieder zu demselben, verlassenen Café.Warner Bros 2020

Hä? Diese Reaktion befällt einen immer wieder in diesem Film. Drängt sich der Kleinkriminelle in die etwas eingeschlafene Ehe hinein? Sind das nur Wahnvorstellungen eines unter Schlafstörungen leidenden Midlife-Kriselnden? Oder haben wir es hier mit einer diffusen Bewusstseinsspaltung zu tun? Das Faszinierende an „Cortex“ ist, dass er diese Ungereimtheiten nicht etwa auflöst, sondern den Hä?-Affekt zur eigentlichen Dramaturgie erhebt.

Der Hä?-Affekt wird zur Dramaturgie

Nicht nur der verstörte Ehemann, auch der Zuschauer kann Wahn von Wirklichkeit bald nicht mehr unterscheiden, fühlt sich wie in einem Labyrinth, aus dem man nicht mehr rausfindet, sondern in das man sich im...

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