Neue Anstoßzeit in der Bundesliga: Es nervt!

Neue Anstoßzeit in der Bundesliga: Es nervt!

Die Bundesliga spielt ab der Saison 2017/18 Sonntagmittag. Der offizielle Anlass ist höchst nichtig und gefährdet deutschen Fußball-Kult. Ein Kommentar von Thomas Gaber

Manfred Manglitz sollte ein Denkmal bekommen. Der ehemalige Torhüter des 1. FC Köln stieß im Jahr 1967 im “Sportstudio” eher ungewollt eine Debatte an, die eine Revolution auslösen sollte. Manglitz erzählte von den Problemen eines Torhüters im diffusen Licht bei winterlichen Spätnachmittagsspielen der Bundesliga und dass die Spieler bald eine Taschenlampe benötigten, um vernünftigen Sport bieten zu können.

Den Bundesliga-Klubs und dem DFB genügten Manglitz’ Erzählungen, um über die Anstoßzeiten von Bundesligaspielen zu diskutieren; ihnen ging buchstäblich ein Licht auf. Man einigte sich schließlich auf Samstag, 15.30 Uhr.

In der ersten Bundesligasaison 1963/64 rollte die Kugel ab 17 Uhr, ein Jahr später ab 16 Uhr. Immer noch zu spät, zumal neben schlechten Lichtverhältnissen Familienprobleme hinzukamen, wenn der Papa erst gegen 19 Uhr nach Hause kam.

Samstag, 15.30 Uhr stiftet Identität

Mittels einer demokratischen Abstimmung wurde ein Kult geboren. Seit fast 40 Jahren ist “Samstag, 15.30” der Inbegriff für die Fußball-Bundesliga. Diese simple Zeitangabe hat Millionen Menschen unterschiedlichster Generationen glücklich gemacht. Samstag, 15.30 - nuff said!

Samstag, 15.30 stiftet Identität, die Primetime liefert der Bundesliga Nahrung. An ihr wurde nie gerüttelt, auch nicht in Zeiten neuer, wachsender Märkte, einer fortschreitenden Kommerzialisierung des Profi-Sports und dem “Überfall” von Privat- und Pay-TV. Ok, der Spieltag wurde mit den Jahren mehr und mehr zerstückelt, aber Samstag, 15.30 hielt sich beharrlich gegen alle Widerstände.

Spiele am Freitagabend gab es in der Bundesliga immer schon und Flutlicht-Action ist per se aufregend. Zwei Anstoßzeiten am Sonntag sind zwar ungeil, aber sie wurden akzeptiert, wenn auch zähneknirschend.

Begründung: Entlastung der Europas-League-Teams

Mit der Einführung von Montagsspielen hat die DFL allerdings bereits überdreht. Das hat in der 2. Liga schon niemandem wirklich gefallen. Der übertragende Free-TV-Sender Sport1, ehemals DSF, musste wahre Kamera-Kunststücke durchführen, um möglichst viele “Scheiß DSF”-Plakate aus dem Live-Bild zu verbannen.

Jetzt geht die DFL aber noch einen Schritt weiter. Ab der Saison 2017/18 soll bereits Sonntagmittag um 13.30 Uhr gekickt werden. Wir reden hier nicht von den Amateurligen, sondern von UNSEREM KIND, der Fußball-Bundesliga. Der Anlass ist höchst nichtig: Es geht um die Entlastung von Teams, die in der Europa League spielen. Als ob es einen großen Unterschied machen würde, ob Mainz 05 sonntags umd 13.30 Uhr oder um 15.30 Uhr spielt.

Die Amateurklubs gehen völlig zurecht auf die Barrikaden. Es geht um ihr Ansehen, vor allem aber um dringend benötigtes Geld. Die Vereine fürchten um Zuschauer- und Einnahmenverluste, sollte die Bundesliga gleichzeitig anstoßen.

Ergebnisse, Tabelle, Spielplan: Alles zur Bundesliga im Datencenter

Kritik von der Basis

Etwa 2,5 Millionen Euro zahlt die Liga an Projekte im Amateurfußball. Ein Witz im Vergleich zu der Summe, die die Liga im Zuge des neuen TV-Vertrags einnimmt. “Die 2,5 Millionen Euro lösen angesichts der 1,16 Milliarden Euro keine La Ola an der Basis aus”, sagte Rainer Koch, als DFB-Vizepräsident verantwortlich für den Amateurbereich, der "Sport Bild".

Koch weiter: “Die Einheit des Fußballs zwischen Amateuren und Profis ist aber wichtiger als jeder Euro, und deshalb muss es darum gehen, die Liga zu überzeugen, dass sie von sich aus und freiwillig deutlich mehr Geld für die Talentförderung an der Fußball-Basis gibt.”

Wir sind nicht in England

Liebe DFL, Du hast viel Gutes getan für den Profifußball in Deutschland. Die Stadien sind voll, die besten Klubs sind auch international recht erfolgreich. Uns geht’s eigentlich verdammt gut. Wir brauchen auch keine Billionen Euro wie die Engländer, um dann jahrelang kein Halbfinale der Champions League zu erreichen. Alles bestens. Aber dieser Sonntagmittag-Gedanke ist totaler Nonsense, das braucht kein Mensch und nervt einfach nur.

Zumal es in Wahrheit nicht um Entlastung der Spieler geht, sondern um bessere Vermarktungsmöglichkeiten. Ein Spiel am Sonntag um 13.30 Uhr lässt sich Fußball boomenden China besser vermarkten als eins um 17.30 Uhr.

Aber Sonntag, 13.30 Uhr ist Bolzplatz-Time! Amateurfußball ist genauso Kult wie die Bundesliga. Belasst es doch einfach dabei.