Das neue deutsche Sport-Traumpaar

Das neue deutsche Sport-Traumpaar
Das neue deutsche Sport-Traumpaar

Wenn man an berühmte deutsche Sportler-Paare denkt, fallen einem sofort Britta Steffen und Paul Biedermann ein.

Die beiden Schwimm-Stars waren die Aushängeschilder ihres Sports. Sie gewannen zahlreiche EM- und WM-Titel und stellten sogar einige Weltrekorde auf. Dabei sind die Rekorde von Biedermann über 200 m und 400 m Freistil aus dem Jahre 2009 immer noch gültig.

Fünfeinhalb Jahre lang waren die beiden sympathischen Sportler ein Paar, ehe sie im Oktober 2015 ihr Liebes-Aus verkündeten.

Doch das deutsche Schwimmen hat ein neues Traumpaar, das schon in jungen Jahren für Furore sorgt: Isabel Gose und Lukas Märtens.

Die notwendige Ablenkung vom Schwimmen

Die beiden Kraul-Spezialisten sind bereits seit über zwei Jahren liiert. Dabei leben die 21-Jährigen nicht nur in einer Wohnung, sondern trainieren tagtäglich gemeinsam beim SC Magdeburg.

Trotz ihrer großen Leidenschaft wird außerhalb des Beckens nur selten über das Schwimmen gesprochen. „Wir wollen uns in unserer Freizeit eigentlich wenig mit dem Schwimmen beschäftigen. Schließlich sind wir bestimmt vier, fünf Stunden am Tag im Wasser und sehen unsere Trainingskollegen. Da ist also genug Zeit, um über Schwimmen nachzudenken“, schildert Märtens im SPORT1-Interview.

Doch seine Freundin gesteht gegenüber SPORT1 auch: „Wir versuchen eigentlich immer abzuschalten, wenn wir nach Hause kommen. Schwimmen ist aber auch unser Leben und da kann man es auch nicht vermeiden, drüber zu reden.“

Bisher scheinen sie das richtige Maß gefunden zu haben, denn sie zählen zu den absoluten Senkrechtstartern des Deutschen Schwimm-Verbands.

2021 nahmen sie bereits an den Olympischen Spielen in Tokio teil. Zwar scheiterten sie bei ihren Einzelstarts jeweils in ihren Vorläufen, doch diese internationale Erfahrung machten sie sich im Vorjahr zu Nutze.

Gose rockt bei EM in Rom

Bei der Europameisterschaft in Rom holten sie aus deutscher Sicht die Kohlen aus dem Feuer. Gose legte mit einer überraschenden Silbermedaille über 800 m Freistil vor, ehe ihr Freund einen Tag später denselben Platz über die gleiche Strecke belegte.

Nach einer zwischenzeitlichen Bronzemedaille für Gose über 200 m Kraul, gab es einen goldenen Abschluss der Wettkämpfe.

Erst stand die gebürtige Berlinerin am Startblock - und schockte die italienischen Fans. Über 400 m überflügelte sie die Lokalmatadorin Simona Quadarella und sicherte sich mit einem Vorsprung von 64 Hundertstel den EM-Titel. Es war der erste deutsche EM-Titel über die Distanz seit Dagmar Hase 1997.

Märtens und Gose sorgen für beste EM-Bilanz seit 2012

Neun Minuten später stieg der Magdeburger ins Wasser und ließ seiner Konkurrenz keine Chance. In 3:42,50 Minuten gewann Märtens nicht nur mit über eine Sekunde Vorsprung vor dem Schweizer Antonio Djakovic, sondern stellte auch einen neuen EM-Rekord auf.

„Ich habe gesehen, wie solide sie das gemacht hat - und daran habe ich mir ein Beispiel genommen“, sagte der erste deutsche 400m-Freistil-Europameister seit - ausgerechnet - Biedermann im Jahr 2012 im Anschluss.

Das neue deutsche Schwimm-Traumpaar ließ auch den Verband jubeln. Zum ersten Mal seit zehn Jahren gewann der Verband im Becken zwei Titel - damals schwammen natürlich Biedermann und Steffen zu jeweils drei Siegen.

Märtens so gut dank starker Trainingsgruppe um Wellbrock?

Dieser Triumph hat vor allem das Selbstvertrauen von Märtens gestärkt, der vor der anstehenden WM in Fukuoka ein klares Ziel formuliert. „Ich möchte auf jeden Fall die Leistung vom letzten Jahr bestätigen. Da kam bereits eine WM-Medaille bei raus und das ist jetzt auch mein Ziel“, sagt er zu SPORT1.

Dabei hat er auch Konkurrenz im eigenen Team. So ist Florian Wellbrock amtierender Weltmeister über 1.500 m Freistil - und hat mit zwei WM-Titel im Freiwasser bereits fleißig Selbstvertrauen gesammelt. Zudem ist auch Mykhailo Romanchuk am Start, der seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs mit den beiden deutschen Schwimm-Stars in Magdeburg trainiert.

„Wir haben bereits im Training den Wettkampfgedanken, dass man alles gewinnen möchte. Und wenn man bei uns alles gewinnen möchte, dann muss man schon einiges in die Waagschale werfen und immer bei der Sache sein. Florian Wellbrock und Misha Romanchuk schenken einem im Training nichts“, schildert Märtens den Trainingsalltag.

Diese Konkurrenz macht sich bezahlt. So schwamm er letztes Jahr über 400 m Freistil die weltweit beste Zeit seit fünf Jahren und kam bis auf 1,53 Sekunden an den Fabelrekord von Biedermann ran. Diese Zeit will er irgendwann knacken - vielleicht ja schon bei der WM.

Allerdings gibt es einige Konkurrenten für den Vizeweltmeister von 2022. „Die Australier sind auf jeden Fall ganz heiße Kandidaten für Medaillen. Besonders stark sind dort Sam Short und Elijah Winnington, mit denen ich mich bereits letztes Jahr bei der WM duelliert habe. Aber auch die Amerikaner und auf den kurzen Strecken die Briten sind nicht zu unterschätzen“, schätzt er selbst die Situation ein.

Gose: Harte Konkurrenz in Ledecky und McIntosh

Seine Freundin vermeidet hingegen bewusst das Wort Medaille. „Wir werden beide einfach versuchen, unser Bestmögliches zu geben und dann wird man auch beim ihm sehen, was dabei herausspringt“, meint sie, ergänzt aber, dass eine Medaille ein „Träumchen“ wäre.

Dabei traut ihr Märtens auf jeden Fall einen großen Wurf zu. „Die längeren Strecken liegen ihr wirklich sehr gut. Das sehe ich jeden Tag im Training, wie sie dort einsam ihre Bahnen zieht. Da kann eigentlich kaum ein Mädchen ihr das Wasser reichen“, lobt er seine Freundin.

Allerdings gibt es dort einen großen Haken. Schließlich duelliert sie sich mit Katie Ledecky, die auf den Langstrecken neue Maßstäbe gesetzt hat. „Ich denke, dass sie über 800 m und 1500 m erstmal unschlagbar ist und auch bleiben wird, weil an diese Zeiten noch keine andere Frau rangekommen ist. Ich finde es einfach beeindruckend, was sie macht“, schwärmt Gose.

Zwar endete die Siegesserie der US-Amerikanerin in ihrer Heimat, doch es gibt einen neuen Superstar aus Kanada: Summer McIntosh. Sie stellte über 400 m Freistil gar einen zwischenzeitlichen Weltrekord auf, der in Japan durch die australische Olympiasiegerin Ariarne Titmus pulverisiert wurde.

Doch auch die 21-jährige Deutsche befindet sich auf einem guten Weg. Sie verbesserte in diesem Jahr ihre persönlichen Bestzeiten über 800 m und 1.500 m Freistil.

Festspiele für Gose und Märtens in Japan?

Auch zum Auftakt in Japan ließ Gose aufhorchen und verbesserte im Vorlauf in 4:03,02 Minuten ihren eigenen deutschen Rekord über 400 m Freistil um 19 Hundertstelsekunden.

„Ich bin schon das ein oder andere Mal in Japan gestartet und konnte bisher immer ein positives Fazit ziehen. Deswegen bin ich sehr gespannt darauf, wie es in diesem Jahr verläuft“, freute sich Gose bereits vor dem Start der Wettkämpfe.

Zwar belegte sie im Finale nur den siebten Platz, doch Märtens gewann bei den Männern mit Bronze direkt die erste deutsche Medaille.

Der Schwimmer baut auf eine lautstarke Atmosphäre in Japan. „Für mich ist es definitiv gut“, erläutert Märtens, der sich im Vorfeld den ein oder anderen deutschen Fan im fernen Asien wünscht.

Sein Medaillen-Ziel hat sich der Athlet des SC Magdeburg schon einmal erfüllt. Und wer weiß, vielleicht wird das neue Schwimm-Traumpaar noch zu weiteren Medaillen getragen.

Damit würden sie einmal mehr in die Fußstapfen von Biedermann und Steffen treten.