Dieser Mann lässt die Box-Welt staunen

Dieser Mann lässt die Box-Welt staunen

Er ist 23 Jahre alt. Er ist ein begnadeter Showman und Trash-Talker. Und er hat den Mann vom Thron gestürzt, der bis zu diesem Wochenende als der aktuell beste Boxer der Welt galt.

Teófimo Lopez - passender Spitzname: "The Takeover" - ist nach seinem Sieg über Vasiliy Lomachenko am Wochenende nun Leichtgewichts-Weltmeister der IBF und der WBO. Er ist der Super-Champion der WBA, Träger des WM-Gürtels, den das Fachmagazin The Ring ausgeschrieben hat.

Und einen unter recht wirren Umständen kreierten "Franchise"-Titel des vierten Weltverbands WBC hat er von Lomachenko auch noch übernommen.

Das Bild von Lopez mit dieser riesigen Gürtelsammlung ging um die (Box-)Welt. Sie hat einen "neuen Superstar" (ESPN) - einen blendend vermarktbaren Draufgänger mit großer Klappe und großer Klasse - mit dem Potenzial, eine Gelddruckmaschine wie Floyd Mayweather zu werden.

Von Olympia zu den Profis

Lopez, am 30. Juni 1997 als Sohn honduranischer Einwanderer in Brooklyn geboren, hat die Box-Szene im Sturm erobert, seit er nach seinem Erstrunden-Aus bei den Olympischen Spielen 2016 einen Profivertrag bei der Promotion Top Rank von Bob Arum unterschrieb, dem einstigen Strippenzieher hinter Stars wie Mayweather und George Foreman.

Im November desselben Jahres feierte Lopez sein Debüt im Vorprogramm von Arum-Aushängeschild Manny Pacquiao und sorgte danach mit einer Reihe von spektakulären Knockouts für Aufsehen - die er auch mit frechen Sprüchen und provokativ-ausladenden Jubelgesten inklusive Saltos feierte.

Sinn für Selbstvermarktung bewies er auch, indem er den Siegestanz aus dem populären Videospiel Fortnite kopierte - oder indem er nach einem Sieg über Mason Menard Ende 2018 im Trikot von Kyler Murray posierte, dem damals frisch gekürten Sieger der in den USA vielbeachteten Heisman Trophy als bester College-Footballer.

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Mit dem Trikot von 2019er-Sieger Joe Burrow machte er dasselbe - nachdem er sich gegen den Ghanaer Richard Commey seinen ersten WM-Titel im New Yorker Madison Square Garden gesichert hatte.

Eine Karriere im Eiltempo

Lopez scheint ungern Zeit zu verlieren, zwölf seiner 16 Kämpfe gewann er durch K.o., acht davon in den ersten beiden Runden. Und auch was den Karriere-Aufbau betrifft, hat Lopez Gas gegeben.

Vor einem frühen Griff nach dem ersten WM-Titel - vor dem er auch den bis dahin ungeschlagenen Japaner Masayoshi Nakatani aus dem Weg räumte -, schreckte er nicht zurück. Ebenso wenig vor einem schnellen Vereinigungskampf gegen den zweimaligen Olympiasieger und Ausnahmeboxer Lomachenko.

Bedenken, dass er damit zu früh zu viel wollte, schlug er in den Wind. Die echten Boxgrößen hätten auch groß gedacht, sagte er vor dem Fight: "Die wollten einfach eine Show für die Fans hinlegen und beweisen, dass sie die Besten in ihrer Division waren. Und darauf kommt es an!"

Lopez vergrößerte das Wagnis, indem er den Landsmann von Vitali und Wladimir Klitschko vor dem Kampf bis aufs Blut provozierte - unter anderem, indem er ihn als "kleine Diva" beschimpfte und tönte: "Ich mag den Typen nicht und ich werde Spaß daran haben, sein Gesicht mit meinen Händen zu markieren."

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Auch Papa Lopez mischt ordentlich mit

Lomachenko wirkte eher amüsiert über den Herausforderer. "Ihm hat wohl keiner beigebracht, seine Zunge zu hüten", spottete er vor dem Kampf.

Lopez' Vater Teófimo Lopez hat es eher nicht: Der Papa ist de facto Teil der Show seines Sohns, verwünschte Lomachenko im Vorfeld des Kampfs fleißig mit.

Nach eigenen Angaben war Papa Lopez sauer über den Ukrainer, weil der ihn bei einer Begegnung in einem Hotel 2018 den Handschlag verweigert hätte. Er hätte Lomachenko darauf selbst wüst beschimpft. "Jetzt muss ich deinen Mist auch noch aufräumen", tadelte ihn der Junior anschließend in einem gemeinsamen Podcast-Auftritt.

Lomachenko klagt über Kampfrichter

Die Ankündigung, Großmaul Lopez Jr. eine Lektion zu erteilen, konnte Lomachenko nicht umsetzen.

Von dem Feuer, das sein junger Kontrahent in den Ring brachte, wirkte der Methodiker vor allem in den ersten Runden überfordert: Am Ende sahen alle drei Kampfrichter Lopez vorn, teils glasklar (117:111, 119:102 und 116:112).

Lopez - der sich auch schon mit "Sugar" Ray Leonard und Albert Einstein verglichen hatte - in seinem größten Kampf geliefert, was er versprochen hatte - und damit auch einen noch wagemutigeren Vergleich seines Promoters Arum auch schon ein wenig gerechtfertigt.

Lopez erinnere ihn an einen Weggefährten von einst, sagte Arum vergangene Woche, einen jungen Boxer, "der sehr frech war und deswegen und wegen seiner Leistungen im Ring populär wurde" - obwohl "oft belächelt, weil er zu viel reden würde".

Besagter Boxer sei später als Muhammad Ali bekannt geworden: "Teófimo ist aus dem selben Holz geschnitzt wie er."