Neustart der DFB-Elf? Back to Rumpelfußball

Bundestrainer Joachim Löw setzt in Spiel eins nach der WM-Blamage auf bewährte Kräfte und kramt die Taktik aus dem Weltmeister-Jahr 2014 hervor. Eine Veränderung gibt es nur bei der Spielweise, doch die ist quasi alternativlos.

Alle auf die Zehn! Drei deutsche Spieler versuchen, Kylian Mbappe zu stoppen.
Alle auf die Zehn! Drei deutsche Spieler versuchen, Kylian Mbappe zu stoppen.

Eines vorweg: Das war ein ordentlicher Auftritt der deutschen Nationalmannschaft. Leidenschaft, Einsatz, Intensität – alles da. Auch die Schinderei für die Extra-Meter. Die Fans haben auch nichts anderes verdient nach der peinlichen WM-Vorstellung.

Das Publikum hatte vor dem Spiel mit einer beeindruckende Choreographie in Herzform seine Zuneigung demonstriert, gleichzeitig aber auch an die Ehre der Spieler appelliert. Die Botschaft kam an, jeder Spieler warf sich rein. “Es ging darum, dass wir den Leuten zeigen, dass wir nicht nur aus Jux und Dollerei hierherkommen und mal so nebenbei ein Nationalspiel machen. Man hat gesehen, dass wir zeigen wollten, dass ein Herz ins uns steckt. Ich hoffe, das ist uns gelungen”, sagte Thomas Müller.

In Spiel eins nach der WM ging es nicht darum, den Gegner mit Offensivpower aus den Schuhen zu spielen. Es ging auch nicht unbedingt darum, zu gewinnen. Es ging um Wichtigeres: Den in Russland bei den Fans fahrlässig verspielten Kredit bei den Fans zurückzuerobern. Zu zeigen, dass man zurecht das deutsche Nationaltrikot tragen darf. Dass man beißen kann.

Die deutsche Elf in der Einzelkritik

Löw von Özil “menschlich enttäuscht”

Sané und Brandt außen vor

Ein vernünftiges Spiel macht noch lange keinen Sommer. Die WM-Blamage kann auch nicht durch einvernünftiges Spiel weggewischt werden. Aber der Auftritt gegen den Weltmeister war ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Von einem echten Neuanfang zu sprechen, ist allerdings Quatsch. Joachim Löw stellte ausnahmslos WM-Fahrer in die Startelf. Und er ließ erneut Deutschlands technisch beste Kicker draußen. Leroy Sané und Julian Brandt saßen auf der Bank, Magie am Ball gab es so nur auf der Gegenseite mit dem genialen Kylian Mbappe.

Löw stellte dafür vier Innenverteidiger auf. Auch das ist nicht ungewöhnlich für ihn, bei der WM 2014 spielte Innenverteidiger Benedikt Höwedes das Turnier als Außenverteidiger von vorne bis hinten durch. Zudem sicherte Löw Spielmacher Toni Kroos wie bei der WM 2014 mit einem Sechser ab. In Brasilien war es Bastian Schweinsteiger, in München Joshua Kimmich. Also alles im Prinzip wie immer.

Hauptsache nicht verlieren

Es gibt lediglich eine Änderung: Löw steht neuerdings auf Safety first, sein Credo vom schnellen, vertikalen Fußball wurde ad acta gelegt. Löw will den Gegner nicht mehr mit totalem Fußball überrennen, er will in erster Linie erstmal nicht verlieren.

Und so wurde es in der ersten Halbzeit auch ein eher langweiliges Ballgeschiebe. Quer, nach hinten, quer – das Risiko wurde minimiert, der Sicherheitspass war en vogue. Nicht so prickelnd für die Fans, aber quasi alternativlos. Keine Mannschaft versteht es derzeit so gut, Fehler des Gegners im Spielaufbau auszunutzen wie der Weltmeister.

Löws Marschroute ging auf, Deutschland stand defensiv gut, machte eben wenig Fehler und spielte sogar mal wieder zu Null. Diese Art von Fußball hat es bei der deutschen Nationalmannschaft schon lange nicht mehr gegeben, das letzte Mal 2002. Da wurde Deutschland Vize-Weltmeister, der Begriff “Rumpelfußball” hielt Einzug und erreichte Legendenstatus. Rumpelfußball, was despektierlich klingt, war seinerzeit eher mit Anerkennung verbunden. Nicht schön spielen, aber erfolgreich sein. Ergebnisfußball eben. Nichts anderes will Joachim Löw. Zumindest vorerst. Notfalls auch mit Rumpelfußball.