Neymar-Transfer: Die Verlogenheit der Topklubs

Mit dem bevorstehenden Blockbuster-Transfer von Neymar haben Paris St. Germain und Investor Nasser Al-Khelaifi das Financial Fair Play der Uefa brutal ausgehebelt. Das Geschrei unter den Topklubs und Verbänden ist groß. Das ist verlogen – sorgen Bayern, Barca und Co. doch selbst für einen finanziell komplett aus den Fugen geratenen Fußball. Ein Kommentar von Johannes Kallenbach.

Wird den FC Barcelona sehr wahrscheinlich verlassen: Superstar Neymar
Wird den FC Barcelona sehr wahrscheinlich verlassen: Superstar Neymar
  • Barca bestätigt Neymars Wechselwunsch

  • PSG ist bereit, die festgeschriebene Ablösesumme von 222 Mio. Euro zu zahlen

  • Das Land Katar will Neymar für einen Job als WM-Botschafter 300 Mio. Euro zahlen. Davon soll Neymar die Ablöse selbst begleichen, damit PSG nicht gegen Financial Fairplay verstößt

  • Der spanische Fußball-Verband will den Deal vor Gericht verhindern

Nasser Al-Khelaifi wird sich ins Fäustchen lachen. Mit der spektakulären Verpflichtung von Neymar hat der katarische Milliardär und Präsident von Paris St. Germain allen europäischen Spitzenklubs und dem Kontinentalverband Uefa ein Schnippchen geschlagen. Das Financial Fair Play, so viel steht jetzt fest, ist für Investoren der Marke Khelaifi keine Handlungsanweisung mehr, sondern nur störende, aber letztlich unerhebliche Randerscheinung.

Der Aufschrei ist groß. Noch am Montag plante der abgebende Verein FC Barcelona eine Klage, falls Paris St. Germain seine Pläne in die Tat umsetzen würde. Eine Allianz mit weiteren europäischen Topklubs gegen die Aushöhlung des FFP sollte geschmiedet werden. Auch der spanische Verband schaltete sich in die Diskussion ein. Kernaussage: Es dürfe einem Investor, für den Geld gar keine Rolle spielt, nicht gestattet werden, dem Fußball jegliche wirtschaftliche Vernunft zu entziehen.

Dieses Vorgehen wäre nachvollziehbar, wenn Barcelona, Madrid und Co. – dazu gehört auch der FC Bayern – in den vergangenen Jahren nicht selbst hart daran gearbeitet hätten, das finanzielle Gleichgewicht im europäischen Fußball derart in ihre Richtung zu verschieben, dass von einem fairen Wettbewerb schon seit geraumer Zeit nicht mehr die Rede sein kann.

Reichtum und Erfolg auf Kosten der restlichen Klubs

Schauen wir doch auf die Fakten: Trotz des neuen, faireren TV-Vertrags bekommen der FC Barcelona und Real Madrid immer noch fast ein Drittel der gesamten TV-Einnahmen für die Primera Division. Ohne Champions League-Gelder, versteht sich.

Die Bayern machen in Deutschland 70 Prozent mehr Umsatz als der zweitstärkste Klub – Borussia Dortmund. Der Rest der Liga ist so weit abgeschlagen, dass das viel zitierte Fernglas nicht einmal für die Vorstellung der Münchner Finanzkraft ausreichen würde. Trotzdem drohte Karl-Heinz Rummenigge medienwirksam mit dem Ausstieg aus der Zentralvermarktung der DFL, sollten die Bayern arge Umsatzeinbußen hinnehmen müssen.

Diese Unwucht akzeptierten die Topvereine, so lange der Erfolg da war und die absoluten Spitzenspieler aufgrund von Strahlkraft und sportlicher Perspektive weiterhin lieber nach Madrid, Barcelona und München als nach Paris oder zu Manchester City wechselten. Erst jetzt, da sich das ändert, soll der Untergang des modernen Fußballs auf einmal gekommen sein? Das ist lachhaft.

Die Kritik ist verlogen

Die Kritik am, zugegeben, absurden Transfergebaren von Nasser Al-Khelaifi ist nicht nur schwer nachzuvollziehen, sondern auch verlogen. Vor allem der FC Barcelona sollte sich zurückhalten. Der Verein hat durch Transfers von Minderjährigen selbst massiv gegen Regeln des internationalen Fußballs verstoßen und dafür eine Transfersperre kassiert. Den etablierten Topklubs geht es schlicht darum, ihre Pfründe verteidigen zu wollen – aber mit Sicherheit nicht um das Wohl des europäischen Fußballs.

Ist diese Entwicklung gut? Keineswegs. Ist sie mit dem Neymar-Transfer erst angestoßen worden? Eben nicht. Sind die eigenständigen Spitzenklubs schuldlos? Auf keinen Fall.

Der Defekt begann viel früher und wurde hingenommen, solange die milliardärsfreien Vereine die Hosen anhatten. Damit scheint nach dem Neymar-Transfer von PSG endgültig Schluss zu sein. Trotzdem sollten die Verantwortlichen in München, Madrid und Barcelona sehr genau überlegen, wie ihre Kritik an Al-Khelaifi ausfällt. Schließlich ernten sie nur, was sie selbst gesät haben.

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