Neymars großes Schmierentheater

Jammern, heulen, provozieren: Neymar spulte gegen Costa Rica mal wieder das volle Programm menschlicher Emotionen ab. Oder wollte sich Brasiliens Superstar doch nur plump inszenieren?

Nah am Wasser gebaut: Neymar nach dem Sieg gegen Costa Rica
Nah am Wasser gebaut: Neymar nach dem Sieg gegen Costa Rica

Es kann am Freitagnachmittag kaum einen schlimmeren Job gegeben haben, als Schiedsrichter der Partie zwischen Brasilien und Costa Rica zu sein. Da wurde geschauspielert und Zeit geschunden, Verletzungen vorgetäuscht, Schwalben produziert, gestikuliert und lamentiert. Und zwei Protagonisten waren immer mittendrin: Schiedsrichter Björn Kuipers und Neymar.

Der größte aller Gaukler legte in St. Petersburg wieder einen Auftritt hin, der sich hart an der Grenze bewegte. Neymar ist gewiss immer die Reizfigur gegnerischer Abwehrreihen und aller Raubeine dieser Welt, der Superstar wird so oft gefoult wie kein anderer Spieler bei dieser WM, manchmal auch wirklich hart attackiert und permanent provoziert.

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Insofern kann man einen gewissen Frust nachvollziehen, wenn mal wieder ein verheißungsvoller Angriff durch ein taktisches Foul unterbunden wurde und es sich der Gegner zum Spaß macht, dabei die jeweiligen Delinquenten auszutauschen – damit auch keiner irgendwann mit Gelb-Rot vom Platz fliegt.

Übertriebenes Schauspiel

Aber Neymar übertreibt es mit seinem Schauspiel, mit seinen Provokationen, seinem Gejammer und Lamentieren. Mehr als ein Dutzend Mal wurde er bei Kuipers vorstellig, legte sich mit dem Referee aus den Niederlanden an, debattierte und fuchtelte mit den Armen. Neymar bedrängte Kuipers auf dem Platz und beim Gang in die Halbzeitpause, er verfolgte den Unparteiischen sogar noch im Kabinentrakt.

Wälzte sich auch nach eher harmlosen Fouls auf dem Boden, forderte quasi permanent Gelbe Karten. Dazu legte er sich mit seinen Gegenspielern an, beharkte sich speziell mit Costa Ricas Oviedo und Jhonny Acosta. Die „Krönung“ war sein Faller vor dem vermeintlichen Elfmeter. Natürlich hatte der Gegenspieler kurz den Arm an Neymar und brachte den aus leicht aus der Balance. Aber dann mit Verzögerung zu fallen, ist nichts als ein schlechter Betrugsversuch.

Inszeniert und einstudiert

Nachdem Kuipers auf Anraten des Videoassistenten die Szene nochmals beurteilte und den Elfmeter zurücknahm, beschwerte sich Neymar nicht. Das mag den einen oder anderen erstaunt haben, hat aber einen ganz einfachen Grund: Im Stadion wurde die Szene über die Videowand eingespielt und jeder, selbst die brasilianischen Fans, konnte erkennen, dass dies für einen Elfmeter schlicht zu wenig war.

Als die Selecao doch noch den Führungstreffer erzielt hatte, rannte er Acosta nochmal über den Haufen. Und als Neymar dann noch zu seinem Tor gekommen und das Spiel vorbei war, sackte er plötzlich zusammen. Auf Knien heulte er los, das Gesicht in den Händen vergraben. Losgelöst vom Druck, sollte wohl die Message sein. Wirksam eingesetzt im vollen Bewusstsein, dass die Kameras auf ihn gerichtet sein werden nach dem Abpfiff. Da waren nicht mehr viel Authentizität oder echte Gefühle. Das wirkte inszeniert und einstudiert. Und irgendwie auch peinlich für einen Spieler seines Formats.