Wie die Niederlande einen Weltklub prägen

Wie die Niederlande einen Weltklub prägen

Der Wechsel von Memphis Depay ist ein weiteres Kapitel in der womöglich unendlichen Geschichte einer guten alten Tradition.

Der Niederländer wechselt ablösefrei zum FC Barcelona, für die Katalanen ein echter Transfer-Coup. Mit dem 27-Jährigen erhält der Klub einen Offensivspieler mit internationaler Klasse - in so mancher Situation sogar Weltklasse. Und das zum Nulltarif, was angesichts der finanziellen Schwierigkeiten von Barca besonders wichtig ist.

So weit, so ungewöhnlich. Doch beim Deal mit Depay schwingt auch etwas Gewöhnliches mit. Niederländer in Barcelona, das kennt die Fußball-Welt. Oranje, das am heutigen Sonntag im EM-Achtelfinale auf Tschechien trifft (EM: Niederlande - Tschechien ab 18 Uhr im LIVETICKER), prägte den katalanischen Weltklub immer wieder.

Cruyff läutet Ära der Niederländer ein

Alles begann mit dem längst legendären und 2016 in seiner Wahlheimat Barcelona verstorbenen Johan Cruyff.

Im Jahr 1973 war "König Johan" von Ajax Amsterdam zu den Blaugrana gewechselt. Er blieb fünf Jahre als Spieler, in denen er Katalonien verzauberte und sich einen nahezu göttlichen Ruf erspielte. Zehn Jahre nach seinem Abschied kehrte er zu Barca zurück - als Trainer. Er bliebt acht Jahre im Amt und verließ Barcelona daraufhin nie wieder dauerhaft.

Cruyff legte den Grundstein für eine besondere Beziehung zwischen niederländischen Fußballern und einem Klub einer Stadt, die rund 1500 Kilometer von der Landeshauptstadt der Niederlande entfernt ist. Der FC Barcelona hat bis heute einen besonderen Reiz für Spieler aus dem fußballverrückten deutschen Nachbarland.

Schon ein Jahr nach Cruyff hatte sich ein zweiter Niederländer nach Katalonien getraut. Johan Neeskens kam ebenfalls von Ajax, um noch länger bei Barca zu bleiben als sein bewunderter Landsmann.

Koeman als gutes Beispiel der Niederlande-Connection

Nach dessen Abschied dauerte es weitere zehn Jahre, bis mit Ronald Koeman 1989 der nächste prägende Niederländer einen Vertrag bei Barca unterschrieb. Sein Treffer brachte dem Klub 1992 den ersten Europapokalsieg der Landesmeister. Koeman ist heute Trainer der Katalanen - auch so ein Beispiel von einer Jahrzehnte langen Anziehungskraft.

Richard Witschge spielte zwei Jahre an der Seite von Koeman und nach ihm hatte Barca endlich wieder einen Cruyff.

Johans Sohn Jordi Cruyff kam 1994 aus der Barca-Akademie La Masia und unterschrieb einen Profivertrag. Er blieb allerdings nur noch zwei Jahre in Barcelona, ehe er sich Manchester United anschloss. Jordi war nicht ganz mit dem Talent seines Vaters gesegnet, wurde aber ein guter Fußballer mit internationalem Format, der neun Länderspiele für Oranje absolvierte.

Bis zur Jahrtausendwende sollten in der Folge noch einige Niederländer den Weg zum FC Barcelona finden. Die Namen: Der heutige Bondscoach Frank de Boer, Ronald de Boer, Patrick Kluivert, Michael Reiziger, Ruud Hesp, Winston Bogarde, Phillip Cocu und Boudewijn Zenden. Kein Zufall, denn von 1997 bis 2000 schwang Louis van Gaal das Zepter bei den Katalanen.

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Davids bleibt nur sechs Monate bei Barca

Im Jahr 2000 läutete Marc Overmars mit seinem Wechsel vom FC Arsenal zu Barca eine neue Zeitrechnung ein - mit klangvollen Namen. Edgar Davids, Mark van Bommel und Giovanni van Bronckhorst fanden innerhalb kurzer Zeit zu Barca. Keiner der drei länger blieb allerdings länger als ein Jahr, Davids - mit seiner legendären Brille - nur sechs Monate. Er war von Juventus Turin ausgeliehen.

Barcas wichtigster Niederländer im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends war Frank Rijkaard. Der Trainer betreute zwischen 2003 und 2008 unter anderem Ronaldinho in dessen Glanzzeit und legte die Basis für die Erfolge seines Nachfolgers Pep Guardiola.

Die nächsten Spielertransfers aus den Niederlanden waren weit weniger erfolgreich. 2011 kam mit Ibrahim Affelay ein talentierter Offensivmann, der Wechsel stellte sich allerdings als Missverständnis heraus. Affelay wurde zum FC Schalke 04 und zu Olympiakos Piräus verliehen und schaffte bei Barca nie den Durchbruch. 2016 kam mit Jasper Cillessen ein niederländischer Keeper zu Barca - eine Premiere. Er blieb drei Jahre als Nummer zwei hinter Marc-Andre ter Stegen.

Depay trifft in Barcelona auf de Jong

Vor Depay, der das Nationalteam mit zwei Treffern und einem Assist in die K.o.-Runde führte, lotste Barca noch einen weiteren Niederländer zu sich. Der Stürmer trifft bei seinem neuen Arbeitgeber auf Frenkie de Jong, der im Sommer 2019 Cruyff nacheiferte und von Ajax nach Barcelona wechselte.

Den einen oder anderen Vergleich mit der niederländischen Legende hat er sich de Jong auch wegen seiner Spielweise bereits verdient. Der 24-Jährige, der heute einer der Leistungsträger gegen die Tschechen sein soll, kann auch dem Klub seinen Stempel aufdrücken und eine Ära einläuten (Spielplan & Ergebnisse der EM 2021).

An seiner Seite wird nun Depay die niederländische Flagge hochhalten. Er hat bei Barca einen Vertrag bis Sommer 2023 unterschrieben. Fast wäre mit Georginio Wijnaldum ein weiterer Oranje-Star dazugekommen, doch er entschied sich schließlich für PSG.

Doch: Zwei ambitionierte Niederländer gleichzeitig beim FC Barcelona - das erinnert doch ein wenig an die Zeiten von Cruyff und Neeskens.