Niko Kovac holt Double mit dem FC Bayern: Der Boss

Niko Kovac steht am Ende seiner ersten Saison beim FC Bayern als Double-Sieger da. Damit gelingt ihm ein Novum im deutschen Fußball. Der Trainer hat mit seiner menschlichen Art einen Großteil der Fans auf seine Seite gezogen – und auch die Vereinsspitze wird sich diesem Votum des Volkes nicht entziehen können.

Niko Kovac wurde als erster Münchner als Trainer und Spieler Double-Sieger. (Bild: Getty Images)
Niko Kovac wurde als erster Münchner als Trainer und Spieler Double-Sieger. (Bild: Getty Images)

Für Yahoo Sport berichtet Andreas Lehner

Mit dem Megafon in der Hand stand Niko Kovac vor der Kurve der Bayern-Fans im Berliner Olympiastadion. Ein kleineres technisches Problem verhinderte den ersten Versuch der Ansprache. Aber kein Problem. Der Capo war ja da und schaffte schnell Abhilfe.

Also richtete Kovac ein paar warme Worte an die vielen tausend Anhänger der Bayern im Stadion. Er bedankte sich für die Unterstützung während der Saison. “Ohne euch wäre das alles nicht möglich gewesen”, sagte Kovac. “Ich kann euch gar nicht sagen, wie stolz ich gerade bin.”

Es war der endgültige Schulterschluss zwischen Kovac und den Fans des FC Bayern München. Bereits vergangene Woche hatte ihn das Münchner Publikum in der heimischen Arena mit Sprechchören gefeiert. Auch in Berlin wurden diese mehrfach angestimmt.

Das Münchner Publikum gilt nicht gerade als das euphorischste im Weltfußball, aber in den letzten Wochen hat es ganz feines Gespür bewiesen. Gespür für einen Menschen, der sich dem Zirkus Profifußball und gerade dem rund um den FC Bayern München mit Demut und Charakter entgegengestellt hat.

Die seit Oktober 2018 anhaltenden, öffentlichen Diskussion um seine Person und seine Eignung für den Job beim FC Bayern haben ihm zwischenzeitlich sichtlich zugesetzt. Er wirkte angeschlagen, ermüdet, aber er verlor nie seine Haltung und seine Überzeugung.

“Hier sitzt Niko Kovac mit einem Jahr mehr Erfahrung in allen Belangen”, sagte er auf der Pressekonferenz nach dem Endspiel. “Ich habe mich nicht verändert, bin der gleiche geblieben. Ich möchte ein Leben lang so bleiben. Ich glaube, das ist das Wichtigste.”

Großer Disziplin und keine Eitelkeiten

Dafür wurde er innerhalb von acht Tagen mit zwei Titeln belohnt. Kovac hat somit das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal als Trainer und als Spieler geholt, das gelang vor ihm noch keinem im deutschen Fußball.

Kovac kam anders als seine Vorgänger Jupp Heynckes, Carlo Ancelotti und Pep Guardiola nicht als international anerkannter Trainerstar zum FC Bayern, er musste sich sein Standing erst erarbeiten und er musste auch noch einige Dinge lernen. Machte dies aber mit großer Disziplin und ohne Eitelkeiten.

Die anfängliche Rotation flog ihm schnell um die Ohren. Er korrigierte sie, auch nach Hinweisen aus der Chefetage. Manche legten ihm das als Schwäche aus, in der Mannschaft bediente er aber offenbar die richtigen Schalter. Die Bayern spielten eine der besten Rückrunden der Vereinsgeschichte.

Gegen den FC Liverpool coachte er die Bayern mit einer defensiven Herangehensweise. Am Ende zu passiv, wie ihm von offizieller Stelle vorgehalten wurde. Eine schnelle Korrektur war nicht möglich, es war ein K.o.-Rückspiel. Welche Lehren er daraus gezogen hat, wird die kommende Saison zeigen, wenn die nächsten Achtel-, Viertel- oder gar Halbfinalspiele in der Champions League anstehen.

Das Fanvolk hat gesprochen

Denn dass es für Kovac beim FC Bayern weitergehen wird, daran besteht nach den zurückliegenden Wochen so gut wie kein Zweifel mehr. Der Bauchmensch Uli Hoeneß hat die Schwingungen im Fanvolk längst registriert und wird sicher nicht zulassen, dass der Vorstand einen Trainer nach diesem öffentlichen Vertrauensbeweis vor die Tür setzt.

Das wird auch der rationalere Karl-Heinz Rummenigge einsehen, der in Berlin gegenüber der ARD zwar nur einen nicht zitierfähigen Satzmix aus seinen Aussagen der vergangenen Wochen hervorbrachte („Nie in Frage gestellt“, „Kein Thema“, „Müssen Titel gewinnen“), aber immerhin auf den bis 2021 laufenden Vertrag des Trainers verwies.

Es dürfte jetzt schnell Klarheit herrschen, vielleicht schon bei der traditionellen Feier auf dem Rathausbalkon am Sonntag auf dem Münchner Marienplatz.

Kovac ließ vor dem Abschied auf die Siegesfeier noch wissen, dass er jetzt zwei, drei Wochen Urlaub brauche, “um runterzukommen. Dann werden wir die neue Saison planen und vorbereiten.”

Er kommt dann als Double-Sieger zum Trainingsauftakt an die Säbener Straße. Hilfe vom Capo wird er bei einer Ansprache dann nicht mehr brauchen, denn er ist jetzt: der “Boss”.