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Norwegen droht Biathlon-Zoff

Den alles überragenden Johannes Thingnes Bö in den eigenen Reihen, drei Norweger im Gesamtweltcup auf dem Podest, insgesamt fünf Norweger unter den besten sieben Biathleten der Welt: Es schreit geradezu nach Glückseligkeit bei Norwegens Biathlon-Männern.

Aber während die Konkurrenz über die Dominanz der Skandinavier nur noch staunen kann, ziehen im eigenen Lager dunkle Wolken auf. Denn die zweite Reihe macht ihrer Unzufriedenheit Luft.

Grund dafür: das liebe Geld. Da Norwegens Elite-Team lediglich sechs Startplätze für den Weltcup hat, tummeln sich im B-Kader haufenweise Athleten, die ebenfalls internationale Spitzenklasse beweisen könnten, wenn sie nur eine Chance bekommen würden.

„Wir sind auf einem so hohen Niveau, dass wir, wenn wir für eine andere Nation starten würden, direkt im Elite-Kader stünden“, skizzierte Vebjörn Sörum die Situation beim öffentlich-rechtlichen TV-Sender NRK und fügte hinzu: „Ich hoffe, der Verband blickt nach vorne und erkennt, dass wir die nächste Generation sind, die um Weltcup-Siege, Weltcup-Gold und Olympia-Gold kämpfen wird. Ich denke, das haben wir verdient.“

„Einige können sich das leisten, andere nicht“

Mit dieser Meinung steht der 24-Jährige nicht allein da. Auch B-Kader-Kollege Ender Strömsheim betonte, dass es „in Norwegen mehr als sechs gute Biathleten“ gebe. Allerdings brauche es für diese auch „mehr Mittel und Sicherheit im Hinblick auf Finanzen und Investitionen. Das fehlt uns“.

Dabei wollen die Athleten in der zweiten Reihe gar nicht das komplette System umkrempeln. Grundsätzlich würden sich alle in Norwegens B-Kader wohlfühlen. Besonders die Arbeit von Trainer Anders Överby wird hervorgehoben. Gleichzeitig würden aber unter anderem die finanziellen Mittel für das Höhentraining im Vorfeld der Olympischen Spiele in Antholz fehlen.

„Einige können sich das leisten, andere nicht“, machte Sörum klar. Daher forderte der mehrmalige Junioren-Weltmeister: „Angesicht der Leistungsbreite und mit Sicht auf das zukünftige Spitzenniveau halte ich es für ratsam, dort mehr Mittel einzusetzen.“

Dass sich die Förderung dieser Athleten lohne, bewiesen sie in Östersund. Zusammen mit Strömsheim sowie Johannes Dale und Vetle Sjastad Christiansen holte man den Staffel-Sieg vor Frankreich und Deutschland.

Diese Erfolge haben aber ihren Preis. Er selbst habe seine kompletten Ersparnisse für ein Trainingslager in den Fleimstaler Alpen in Trient ausgegeben, gestand Sörum.

Sportdirektor erstickt Hoffnung auf Änderung im Keim

Dennoch kann der Sportdirektor des norwegischen Biathlonverbands die Forderung nach mehr finanzieller Unterstützung nicht ganz nachvollziehen kann. „Ich denke, das System, das wir haben, ist ziemlich gut“, sagte Per Arne Botnan dem NRK und erstickte jegliche Hoffnung auf Änderung im Keim: „Nach dem, was ich von den Ergebnissen sehe, denke ich, dass wir den gleichen Trend fortsetzen werden.“

Zudem verwies er darauf, dass die Trainingskurse für die Biathleten - auch für die Athleten des B-Kaders - größtenteils kostenlos seien. „Wenn Sie etwas mehr Geld bekommen, denke ich nicht, dass es einen großen Unterschied macht.“

Auch eine Erweiterung des Elite-Kaders lehnte er ab. „Dann müssten wir ein Team von zehn bis zwölf Athleten haben“, erklärte er und gab zu bedenken: „Wir sind auch deshalb so gut, weil es einen Kampf um die Plätze gibt.“

Damit scheint im hohen Norden alles beim Alten zu bleiben. Im Biathlon wird Norwegen auch in Zukunft die Benchmark sein, während bei den Athleten der zweiten Reihe der Unmut weiter gärt - bis es vielleicht zum großen Knall kommt.