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Ohne Messi? So schwer wird Koemans Aufgabe bei Barca

Am 20. Mai 1992 hat der FC Barcelona zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte den europäischen Fußballthron bestiegen.

Und seit diesem Tag wird Ronald Koeman bei den Katalanen verehrt. Denn es war er, ein Abwehrspieler, der mit seinem Tor zum 1:0 in der Verlängerung das Finale des damaligen Pokals der Landesmeister gegen Sampdoria Genua entschieden hat.

28 Jahre später soll der Niederländer die Blaugarana wieder retten, diesmal als Trainer. Dafür hat er sogar den Job als Nationaltrainer seines Heimatlandes kurzerhand aufgegeben. Und das obwohl Oranje bei der ins kommende Jahr verlegten EM gute Chancen ausgerechnet werden, während das stolze Barca nach dem desaströsen 2:8 gegen den FC Bayern in der größten Krise seit vielen Jahren steckt.

Messi wird zu Koemans erster Herausforderung

Die Vereinsführung macht schon lange einen kopf- und ratlosen Eindruck, viele Leistungsträger wie Gerard Piqué, Sergio Busquets und Luis Suarez haben ihren Zenit überschritten. Und selbst die Institution Lionel Messi wirkt derzeit alles andere als glücklich im blau-roten Trikot.

Der Umgang mit den Befindlichkeiten des argentinischen Superstars dürfte auch die erste große Herausforderung für Koeman werden. Zumal die Spekulationen um einen baldigen Abschied Messis von Tag zu Tag mehr werden. Der katalanische Radiosender RAC 1 berichtete am Donnerstag bereits von einem ersten Treffen mit Koeman. Dabei soll Messi zu verstehen gegeben haben, dass er sich eher einen Wechsel als einen Verbleib in Barcelona vorstellen könne.

Der 33-Jährige habe zudem seinen Unmut über die aktuelle Situation kundgetan, berichtet RAC 1. Barcelona steht in dieser Saison erstmals seit sechs Jahren ohne einen einzigen Titel da.

"Messi ist der beste Spieler der Welt. Du willst ihn in deinem Team haben", hatte Koeman noch am Mittwoch bei seiner Vorstellung als Nachfolger von Quique Sétien gesagt. Er hoffe, das der Argentinier noch ein paar Jahre für Barca spiele, so Koeman.

Sollte dies aber nicht der Fall sein und Messi gar vor dem Ablauf seines bis 2021 laufenden Vertrages Barcelona verlassen, wäre Koeman wohl gezwungen, den ohnehin geplanten Schnitt früher und radikaler vorzunehmen als ursprünglich gedacht.

Koeman verhalf vielen Talenten zum Durchbruch

Dass er junge Talente entwickeln kann, hat er schon zu Beginn seiner Trainerkarriere unter Beweis gestellt.

Es war Koeman, der Anfang des Jahrtausends keinem Geringeren als Zlatan Ibrahimovic zum Durchbruch verhalf. Als der Schwede aus Malmö nach Amsterdam wechselte, hatte er unter Co Adriaanse kaum Einsätze bekommen. Erst als Koeman übernahm, blühte der spätere Superstar auf.

Auch Wesley Sneijder und Nigel de Jong verdanken ihr Profi-Debüt bei Ajax dem ehemaligen Weltklasse-Libero und jetzigen Barca-Coach.

In Barcelona hatte er schon 1998 als Co-Trainer unter Louis van Gaal gearbeitet. Später kehrte er zwar wieder zurück in die Niederlande und holte dort als Cheftrainer mit Ajax und der PSV Eindhoven drei nationale Titel.

Van Gaal und Cruyff prägen Koeman

Aber van Gaal hat ihn neben Johan Cruyff, der zur Zeit von Koemans Finaltor 1992 den FC Barcelona trainiert hatte, am meisten geprägt.

Daher bevorzugt er einen ähnlichen Fußball wie sein in Barcelona verehrter Vorgänger Pep Gaurdiola. Allerdings hat er von van Gaal gelernt, wie wichtig auch Positionstreue und defensive Struktur sind. Im System von Cruyff waren die Spieler nicht fest an ihre Positionen gebunden, was offensiv zwar eine enorme Power entwickelte, in Kontersituationen aber immer wieder für Gefahr sorgte.

Koeman verbindet deswegen gerne beide Systeme und stellt bei schwächeren Gegnern gern einen defensiven und zwei offensive Mittelfeldspieler auf. Bei stärkeren Kontrahenten gewinnt jedoch der Sicherheitsaspekt, Koeman ersetzt dann einen offensiven Mittelfeldakteur durch einen eher defensiv orientierten Spieler.

Seine persönliche Note verleiht er dem System dadurch, dass Koeman seine Flügelspieler mehr ins Zentrum rücken lässt, während diese sowohl bei van Gaal als auch bei Cruyff an der Seitenlinie kleben sollten.

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Von der Spielphilosophie erfüllt er damit genau die Anforderungen, die der FC Barcelona an die Mannschaft stellt. Nur mit welchen Spielern?

Vor einem Jahr noch hatte Koeman beim katalanischen Sportsender Esport3 gesagt, man müsse die Mannschaft verjüngen und die Akademie La Masia wieder mehr ins Blickfeld nehmen. "Den ganzen Kern" müsse man austauschen, hat er damals gefordert.

Nun kann er damit selbst gleich anfangen.

Xavis Schatten verfolgt Koeman

Die nötige Zeit für den Umbruch wird man ihm in Barcelona allerdings kaum einräumen. Denn sollten nicht schnell Erfolge eingefahren werden, dürften die Kritiker Oberwasser bekommen. Einer von ihnen ist Victor Font, ein Gegner von Koeman und aussichtsreicher Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen im März nächsten Jahres.

"Wenn ich Präsident werde, wird Koeman in der Saison 2021/22 auf keinen Fall Trainer bei Barca sein", sagte Font dem Radiosender El Larguero.

Stattdessen wolle er den früheren Mittelfeldstrategen Xavi, ebenfalls eine Barca-Legende installieren. "Die Führung entscheidet, wer das Team führt und in unserem Fall wäre er das", kündigte Font schon einmal an.

Es ist nicht zu erwarten, dass sich die Unruhe rund um den Verein in nächster Zeit legt. Koeman wird auf und neben dem Platz großes Durchsetzungsvermögen beweisen müssen, wenn er auch als Tainer so verehrt werden will wie als Spieler.