Olympia 2018: Warum zum Teufel nicht in München?

Brutale Kälte, miese Stimmung: Die Winterspiele in Pyeongchang sind bislang keine Spaßveranstaltung für Sportler und Fans. Das IOC bekommt die Quittung. Dabei hätte alles so schön sein können…

Pyeongchang setzte sich bei der Wahl gegen München durch
Pyeongchang setzte sich bei der Wahl gegen München durch

Täglich 20.000 Zuschauer in der Chiemgau-Arena in Ruhpolding beim Biathlon, die JEDEN Athleten anfeuern. Volle Tribünen und ein deutsches Fahnenmeer bei den Skirennen im Weltcup erprobten Garmisch. Lärmender Jubel an der Bob- und Rodelstrecke in Königssee. Tausende Münchner bei der Edelmetall-Vergabe auf der Medal Plaza am Marienplatz. Kuhglocken-Alarm der Schweizer Fans, Vikinger-Hauben der begeisterungsfähigen Norweger, stolze Österreicher, die sich die rot-weiß-roten Landesfarben auf die Wangen schmieren. Es hätte alles so schön sein können…Hätte.

Bei der Abstimmung über die Vergabe der Winterspiele 2018 im Jahr 2011 setzte sich Pyeongchang klar gegen München durch. Mit 63:25 Stimmen entschied sich das mächtige IOC für Südkorea. Man wolle neue Märkte erschließen, hieß es damals. Die Wintersport-Tradition im Herzen der Alpen hatte keine Chance.

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Wetter-Chaos in Pyeongchang: Sportler fürchten um ihr Leben

“Es ist ein Trauerspiel”

Was das IOC mit seiner Wahl angerichtet hat, hat das erste Wochenende in Pyeongchang gezeigt: leere Tribünen, keine Stimmung. Laut wird’s nur beim Shorttrack, weil das die einzige Sportart ist, in der die Koreaner realistische Medaillenchancen haben.

Stattdessen hüpfen beim Eishockey der Frauen Propaganda-Girls von Nordkoreas Diktator Kim Jong Un umher, unecht und uninspirierend. Die Athleten, die sich vier Jahre auf so ein Großereignis vorbereiten, beklagen das Desinteresse an ihren Wettkämpfen. “Es ist ein Trauerspiel”, sagte Biathlon-Bundestrainer Gerald Höhne.

Sein Schützling Simon Schempp rechnet vor: “Hier sind vielleicht 200 Leute. Am Trainingstag in Oberhof, Ruhpolding und Antholz sind das schon zehn Mal so viele. Aber für Olympia ist das hier nichts Neues, wenn es so weit weg ist von Mitteleuropa.” Und TV-Expertin Kati Wilhelm fühlt sich bei den Biathlon-Wettkämpfen “wie bei einem Popelwettkampf.”

Eins muss man klar stellen: Den Organisatoren und zahlreichen Volunteers vor Ort ist kein Vorwurf zu machen. Sie geben ihr Bestes, stehen sich bei Temperaturen bis zu minus 25 Grad bis tief in die Nacht die Füße in den Bauch.

Dass bereits mehrere Wettkämpfe aufgrund des Wetters unterbrochen, verschoben oder abgesagt werden mussten, kann natürlich auch in Europa passieren. Gab es auch alles schon. Aber dass es Mitte Februar in Südkorea in der Regel schweinekalt ist und man damit Athleten und Zuschauern keinen Gefallen tut, hat man schon bei der Abstimmung 2011 gewusst, offenbar aber bewusst ignoriert.

Acht Milliarden Euro für Spiele im Eisschrank

Die Tatsache, dass das IOC den starken europäischen TV-Markt bedienen will und die Wettkämpfe zeitlich entsprechend Europa-gerecht terminiert, verstärkt das Problem der leeren Ränge und schlechten Atmosphäre vor Ort. Wer hat schon Lust, um 23 Uhr mit ein paar Hanseln neben sich einen auf super Stimmung zu machen? Das funktioniert nicht.

Über acht Milliarden Euro haben die Spiele im koreanischen Eischrank gekostet. Eine stimmungsvolle Veranstaltung kann man sich aber nicht kaufen. Seit vielen Jahren werden in Pyeongchang Weltcup-Biathlonrennen ausgetragen, die Erfahrung hat gezeigt, dass die Südkoreaner damit wenig anfangen können.

Die Spiele in Pyeongchang haben gerade erst begonnen. Noch ist genügend Zeit, aus den Geisterspielen ein echtes Erlebnis für Sportler und Fans zu machen. So recht dran glauben mag aber niemand.