Werbung

Olympische Skandale: Schmutziges Spiel gegen Spaniens Hockey-Damen in Aserbaidschan

Aserbaidschan wollte das spanische Damen-Hockeyteam zu Fall bringen - so wie hier Nuria Camon im Match gegen die Niederlande in Peking (Bild: REUTERS/Zainal Abd Halim)
Aserbaidschan wollte das spanische Damen-Hockeyteam zu Fall bringen - so wie hier Nuria Camon im Match gegen die Niederlande in Peking (Bild: REUTERS/Zainal Abd Halim)

Der spanischen Hockeymannschaft der Frauen wurde 2008 durch eine Reihe unglaublicher Ereignisse beinahe die Chance auf olympischen Ruhm verwehrt – und am Ende stand eine Reihe positiver Ecstasy-Tests.

Im Fußball gibt es hin und wieder Geschichten von Fans, die bis in die Nacht vor den Hotels gegnerischer Mannschaften singen, um die Spieler wach zu halten. Das sind allerdings ganz kleine Brötchen im Vergleich zu der außergewöhnlichen Geschichte von Aserbaidschans Versuch, die Qualifikation von Spanien für die Olympischen Spiele 2008 zu vereiteln.

Das Regime in Baku war offenbar fest entschlossen, das Hockey-Team international zu etablieren. Bei den EuroHockey Nations Championships 2007 in Manchester fiel der Damen-Kader dadurch auf, dass fast die Hälfte der Mannschaft aus gebürtigen Südkoreanerinnen bestand. Die Spielerinnen hatten alle - "zufälligerweise" am selben Tag - aserbaidschanische Staatsangehörige geheiratet, um einen Pass zu bekommen und für ihre Wahlheimat zu spielen.

Vier Monate vor den Sommerspielen in Peking befand sich Spanien scheinbar auf dem Weg nach China. Nach fünf aufeinanderfolgenden Siegen schien es, als würde Spanien mit Leichtigkeit der Weg durch das olympische Qualifikationsturnier gelingen. Gastgeber Aserbaidschan war auch noch im Spiel und beide Mannschaften sollten im Finale aufeinandertreffen und der Gewinner würde das Ticket nach Olympia lösen.

Die gebürtige Koreanerin Zhang Suleymanova im Duell mit der Spanierin Ester Termens bei den EuroHockey Nations Championships 2007 in Manchester (Bild: Hamish Blair/Getty Images)
Die gebürtige Koreanerin Zhang Suleymanova im Duell mit der Spanierin Ester Termens bei den EuroHockey Nations Championships 2007 in Manchester (Bild: Hamish Blair/Getty Images)

Spaniens olympische Reise erwies sich jedoch als gefährlich. Ihre Mühen begannen in Baku mit einer Fülle von angeblichen Schiebereien und endeten zwar damit, dass sie in Peking antraten, allerdings nur wenige Tage nachdem Aserbaidschan eine Klage vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) eingereicht hatte, um Spanien wegen Dopingverstößen von den Olympischen Spielen auszuschließen.

"Es war die außergewöhnlichste Geschichte internationaler, dreckiger Tricks", erinnert sich Claire Middleton, ehemalige Reporterin vom Daily Telegraph, die die Geschichte veröffentlichte. "Diese ganze Sache kann man sich kaum ausdenken."

Wo soll man anfangen?

Vor einem Poolspiel gegen Kenia meldete Spanien, dass vier Spielerinnen im Team-Hotel zusammengebrochen waren, nachdem sie Gas eingeatmet hatten, das aus der Klimaanlage kam. Spanische Funktionäre hatten ebenfalls beklagt, dass ihre Athletinnen spät in der Nacht Anrufe auf ihr Zimmer bekamen, Feueralarm ausgelöst wurde und die Spielerinnen krank wurden, nachdem sie Wasser getrunken hatten, das ihnen die Organisatoren des Turniers gegeben hatten. Hinzu kamen die angeblichen Drohungen gegen den Turnierdirektor und Eindringlinge in die Anti-Doping-Kontrolle.

Am Vorabend des Endspiels gegen die Gastgeber ging die spanische Mannschaft in einem italienischen Restaurant in Baku essen. Am nächsten Tag konnte sich Spanien über einen Hattrick von Silvia Munoz freuen, die beim 3:2-Sieg gegen Aserbaidschan einen späten Treffer erzielte.

Doch bei einem obligatorischen Drogentest nach dem Finale wurden zwei Spielerinnen positiv auf eine verbotene Substanz getestet, bizarrerweise auf die Droge Ecstasy. Nach den damaligen FIH-Regeln konnte, wenn mehr als ein Mitglied einer Mannschaft positiv getestet worden war, die gesamte Mannschaft aus dem Turnier geworfen werden. Spaniens Reise nach Olympia war gestoppt.

Das spanische Team feiert in Peking ein Tor gegen Südkorea (Bild: REUTERS/Yves Herman)
Das spanische Team feiert in Peking ein Tor gegen Südkorea (Bild: REUTERS/Yves Herman)

Es stellte sich bald heraus, dass die spanische Mannschaft vor dem Spiel an zwei Tischen zu Abend gegessen hatte. Ein Funktionär der International Hockey Federation (FIH) vermutete ein Täuschungsmanover und entnahm der spanischen Mannschaft Haarproben. Die Ergebnisse zeigten, dass ein Großteil der Mannschaft, darunter auch die Ehefrau des verstorbenen Marti Colomer, dem damaligen betagten Präsidenten des Verbandes, an einem der Tische positiv auf MDMA getestet worden war. Natürlich gab es Aufregung in Spanien darüber, warum Spieler und Offizielle eine "Club-Droge" in der Nacht vor ihrem wichtigsten Spiel seit vier Jahren genommen hatten, in dem es um nichts geringeres als die Teilnahme an den Olympischen Spielen ging.

Die FIH befand eine Spielerin eines Dopingverstoßes ohne besonderer Schwere der Schuld für schuldig und ein weiteres Teammitglied wurde von jeglicher Schuld freigesprochen.

Während die Spanier von vorsätzlicher Sabotage während ihrer zweiwöchigen Anwesenheit in Baku sprachen, brachte Aserbaidschan den Fall vor das CAS und versuchte, Spanien aus dem Wettbewerb zu drängen und einen Platz bei den Olympischen Spielen zu ergattern. "Wir sind uns absolut sicher, dass die beiden Frauen damit nichts zu tun hatten. Ich würde mein Leben darauf verwetten", sagte Colomer zu spanischen Medien.

Es gab keine konkreten Beweise für ein Fehlverhalten von Seiten Aserbaidschans.

Was geschah als Nächstes?

Der CAS wies den Fall des angeblichen Dopingverstoßes ab, und eine dritte Berufung Aserbaidschans – die auch den kühnen Antrag beinhaltete, Aserbaidschan als Nachrücker zu den Spielen zuzulassen – wurde nur zwei Tage vor Beginn des olympischen Hockeyturniers abgelehnt.

"Es ist gut zu wissen, dass wir unschuldig sind", sagte der spanische Trainer Pablo Usoz zu lokalen Medien. "Ende gut, alles gut in diesem Mafia-Komplott", fasste es die spanische Zeitung AS zusammen.

Spanien trat zum ersten Spiel in Peking an und verlor mit 0:3 gegen China. Middleton war anschließend bei der Pressekonferenz zugegen, bei der die Emotionen der Spielerinnen nur allzu offensichtlich wurden.

Bei den EuroHockey Championships 2011 trafen auch Spanien und Aserbaidschan wieder aufeinander (Bild: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images)
Bei den EuroHockey Championships 2011 trafen auch Spanien und Aserbaidschan wieder aufeinander (Bild: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images)

"Die gesamte Saga hat die Vorbereitungen Spaniens für die Olympiade konterkariert", erinnert sich Middleton. "Für sie war es schrecklich, eine emotionale Tortur, während Aserbaidschan nichts passiert ist."

Spanien wurde letztendlich Siebter bei den Spielen.

Was geschah mit Aserbaidschan?

Das Damen-Team nahm in der Folge an den Europameisterschaften 2009 und 2011 teil. Seit 2016 ist der nationale Verband vom Welthockey suspendiert, nachdem eine Strafe für das Nichterscheinen zu einem olympischen Qualifikationsturnier in Rio nicht bezahlt worden war.

Rod Gilmour