"Paris verirrt sich" - riskiert PSG den Abgang von Mbappé?

"Paris verirrt sich" - riskiert PSG den Abgang von Mbappé?

"Paris verirrt sich", titelte L'Equipe an einem Montagmorgen, der in Frankreich durchaus als außergewöhnlich bezeichnet werden kann.

Zwei Spieltage vor dem Saisonende thront nämlich nicht Paris Saint-Germain an der Tabellenspitze der Ligue 1. Stattdessen deutet alles darauf hin, dass sich OSC Lille als Thronräuber herausstellt. Der Klub aus dem Norden von Frankreich liegt nun drei Punkte vor dem Serienmeister. (Service: Tabelle der Ligue 1)

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Das liegt auch daran, dass PSG am Sonntagabend beim 1:1 bei Stade Rennes den nächsten Dämpfer hinnehmen musste. Nach dem Aus im Halbfinale der Champions League scheint nun auch die Grundvoraussetzung in jeder Spielzeit des Hauptstadtklubs passé zu sein: die französische Meisterschaft.

Doch wie ist PSG in diese Situation geraten und welche Folgen könnte sie haben?

Das Corona-Problem mit der Konstanz

"PSG spielt in dieser Saison inkonstant. Manchmal spielen sie beeindruckend, manchmal lasch", analysiert David Fioux, Reporter bei L'Équipe, bei SPORT1.

Ein Hauptgrund dafür dürfte die außergewöhnliche Situation in der Corona-Pandemie sein. Der FC Bayern ist von den Top-Klubs der einzige letztjährige Meister, der auch in dieser Saison wieder ganz oben steht.

In England spielt der FC Liverpool eine desaströse Saison, bei Juventus Turin läuft es in Italien nicht viel besser und Real Madrid muss in Spanien ebenfalls um die Titelverteidigung zittern.

Die Vorbereitung war für PSG derweil noch schwieriger als für andere Top-Klubs. Immerhin spielten die Franzosen das Champions-League-Finale gegen die Bayern. Theoretisch hätte das Starensemble bereits eine Woche später zum Saisonauftakt der Ligue 1 antreten sollen. Es wurden rund zwei Wochen nach dem Endspiel - alles andere als Erholung für Neymar und Co..

Trauert PSG jetzt Tuchel nach?

Der Saisonstart verlief dementsprechend enttäuschend. Obwohl der damalige PSG-Coach Thomas Tuchel mit dem Klub eine Hand am Henkelpott hatte, bahnte sich sein Aus kurz darauf an. Als Tuchel dann rund um Heiligabend 2020 gefeuert wurde, belegte er mit Paris nur Rang drei der Tabelle.

Fioux glaubt daher, dass die Verantwortlichen dem deutschen Coach nicht hinterhertrauern: "Die Mannschaft hatte keinen klaren Matchplan, ein Tiefpunkt war in der Champions-League gegen RB Leipzig im November erreicht. Selten hatte man ein so machtloses PSG gesehen."

Trotzdem dürfte so mancher in Paris derzeit mit gemischten Gefühlen nach London blicken, wo Tuchel den FC Chelsea im Handumdrehen zu einem Siegermannschaft formte und erneut im Finale der Königsklasse steht.

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"Paris bleibt attraktiv"

In Paris kehrte zum Jahreswechsel durch den Trainerwechsel zumindest Ruhe ein, die Mauricio Pochettino mitbrachte.

Einige Monate später ist unter dem Argentinier allerdings auch kein richtiger Matchplan zu erkennen, auch wenn er PSG mit Siegen über den FC Barcelona und den FC Bayern bis ins Halbfinale der Champions League führte.

"Es entspricht dem Anspruch des Vereins, der sich in der Königsklasse durchsetzen will. Gegen Manchester City hat es nicht gereicht, doch Paris hat sich unter den vier besten Klubs Europas etabliert", sagt Fioux.

Das könnte auch dazu führen, dass eine verpasste Meisterschaft zu verschmerzen wäre. Was viele nicht auf dem Schirm haben: PSG hat keineswegs eine Serie wie der FC Bayern vorzuweisen, der mittlerweile die neunte Meisterschaft in Folge eingetütet hat.

Erst 2017 stand mit der AS Monaco ein anderes Team in der Ligue 1 ganz oben. 2012 war Montpellier überraschend französischer Meister geworden. "Grundsätzlich wäre also ein Rückschlag in der französischen Liga kein Drama", meint Fioux: "Paris bleibt attraktiv."

Das scheint zu stimmen, immerhin hat Neymar gerade seinen Vertrag verlängert. Gleiches gilt für Draxler, der von den Bayern umworben wurde. Eine schwerwiegende Folge könnte eine verpasste Meisterschaft aber dann doch mit sich bringen.

Verschreckt PSG Superstar Mbappé?

"Die größte Gefahr ist vielleicht die Wirkung auf Kylian Mbappé", sagt Fioux bezüglich einer verpassten Meisterschaft. Weil der Vertrag des Superstars nur noch bis 2022 läuft, wird in diesem Sommer eine Entscheidung erwartet. Verlängert der 22-Jährige, oder kehrt er Paris den Rücken? (Transfermarkt: Die heißesten Gerüchte im Transferticker)

Eine verpasste Meisterschaft könnte bei seiner Entscheidung eine Rolle spielen. Wichtigere Faktoren dürften aber die Verlängerung mit Neymar und der Aufbau einer Mannschaft sein, die den Henkelpott in die französische Hauptstadt bringen kann.

Auch das Geld dürfte Einfluss haben und dabei hat PSG wohl mit die besten Karten aller Top-Klubs in der Corona-Krise.

Vielleicht könnte der Klub die letzten Zweifel bei Mbappé mit einer Last-Minute-Meisterschaft in der Ligue 1 wegwischen. Wenn die Saison in einer Enttäuschung endet, dann dürfte Ungewissheit rund um Mbappé herrschen.

Fioux: "Die Frage ob er bleibt wird genauso spannend wie der Ausgang der Meisterschaft."