Pep erleichtert, Bayern trotzig

Pep erleichtert, Bayern trotzig

Immer noch ist nicht offiziell verkündet, was alle längst wissen: Pep Guardiola verlässt die Bayern. Der Coach sagt nichts, wirkt aber erleichtert. Alles ist bereitet - für seinen Abgang und Ancelottis Kommen.

Von Patrick Strasser, München

Nichts gesagt und doch alles verraten. Auf die Frage, ob Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge schon über seine Entscheidung Bescheid wisse, antwortete Pep Guardiola am Freitagmittag in München: "Rummenigge weiß alles." Übersetzt bedeutet dies: Der Trainer und die Verantwortlichen haben längst gesprochen – und ihren Coach nicht zum Bleiben überreden können.

Zwar sagte Guardiola in einer Pressekonferenz an der Säbener Straße mit treuherzigem Blick: "Der Verein, Karl-Heinz Rummenigge und ich haben viele Male gesagt, dass wir nach dem letzten Spiel in Hannover sprechen werden. Dabei bleibt es", so der Katalane am Tag vor dem Hinrundenausklang des Rekordmeisters am Samstag (15.30 Uhr) bei Hannover 96. Schauspielerisches Talent, um ein wenig zu flunkern gehört aber natürlich heutzutage zum Trainergeschäft wie das kleine Einmaleins der Taktikvarianten.

Ancelotti fehlt noch die Bundesliga in seinem Rucksack

Damit war alles gesagt – nur noch nicht von jedem. So formulierte es einst Karl Valentin. Die Bayern machten sich am Nachmittag auf nach Hannover, um die Vorrunde mit dem 15. Sieg im 17. Spiel als souveräner Herbstmeister abzuschließen. Um danach mit Rummenigge zu reden oder gar zu verhandeln? Auf dem Rückflug am frühen Samstagabend? In Rummenigges Büro am späten Samstagabend an der Säbener Straße? Unwahrscheinlich. Sonntag beginnt für die Bayern-Profis wie für den Trainerstab der Weihnachtsurlaub. Guardiola fliegt mit seiner Familie nach Barcelona zu seinen Eltern: „Sie wollen ihren lieben Sohn sehen“, sagte er und lachte. Überhaupt war der 44-Jährige gelöst und bester Laune. Er scherzte und lachte. Wie jemand, der eine Entscheidung von großer Tragweite endlich hinter sich gebracht hat. Erleichtert. Schluss mit Grübeln und Magengrummeln. Noch ist es nicht raus. Gut möglich, dass am Sonntag oder Anfang der Woche eine Pressemitteilung des Vereins folgt.

Steht darin dann auch gleich, wer Guardiolas Nachfolger wird. Überraschen würde es nicht mehr, wenn Carlo Ancelotti (56) im Juli übernimmt. Der Italiener, der schon in vier der großen fünf Ligen Europas trainierte, dürfte bald Deutsch büffeln. In seiner Heimat arbeitete er bei Juventus Turin (1999-2001), beim AC Mailand (2001-09), in England beim FC Chelsea (2009-11), in Frankreich bei Paris St. Germain (2012-13) und zuletzt in Spanien bei Real Madrid (2013-15). Fehlt also eine Erfahrung in der Bundesliga.

Letzte Chance für Pep

Mehrere Quellen aus Spanien und Italien vermeldeten am Donnerstag wie am Freitag, Ancelotti habe bereits einen Drei-Jahres-Vertrag bei Bayern unterschrieben. Oder zumindest eine mündliche Zusage gegeben. „Er ist ein super Trainer und ein super Mensch“, sagte Guardiola vergnügt über Ancelotti, der weiß, wie man den Champions-League-Titel gewinnt: Real Madrid (2014) und den AC Mailand (2002, 2006) führte er auf Europas Thron. Dieses Jahr legte er ein Sabbatical in Vancouver ein. Damit hat Bayern ja vor drei Jahren gute Erfahrungen gemacht. Ein Trainer ruht sich aus und bereitet sich intensiv auf den neuen Job in München vor (Guardiola), ein anderer (Heynckes) gewinnt auf der Abschiedstournee das Triple. Von wegen „lame duck“.

Ob Pep dies nun mit den Bayern gelingt? Die Rückrunde wird es zeigen – es ist seine letzte Chance. Bei Bayern wird ein Trainer am Abschneiden in der Champions League gemessen. Und da scheiterte Guardiola zwei Mal krachend im Halbfinale. 2014 mit 0:1/0:4 gegen Real Madrid (unter Coach Ancelotti!), 2015 mit 0:3/1:1 gegen seinen Herzensverein FC Barcelona. Wird es wieder nichts mit dem Henkelpott, gilt Guardiola bei drei vergeblichen Anläufen auf Europas Königsthron als Unvollendeter. Da würde auch ein erneutes Double wie 2014 nicht helfen.

Damit man den medialen Sturm um den wohl scheidenden Trainer etwas abschwächen konnte, gaben die Bayern am Freitag gleich vier Vertragsverlängerungen bekannt. Thomas Müller, Jérôme Boateng und Javi Martínez verlängerten ihre Verträge jeweils bis 2021. Xabi Alonso gab seine Zusage bis 2017. Damit zeigten die Bayern-Bosse auch: Wir können unsere Spieler halten. Unabhängig vom Trainer.