Pep geht als Unvollendeter: "Ich habe mein Leben gegeben"

Pep geht als Unvollendeter: "Ich habe mein Leben gegeben"

Das Ausscheiden der Bayern im Halbfinale der Champions League gegen Atletico Madrid war wohl die bitterste Niederlage für den Rekordmeister in der Ära Pep Guardiola. Der Trainer geht nun als Unvollendeter. Trotzdem muss man danke sagen, findet Patrick Strasser.

Schmeckte ein Sieg des FC Bayern jemals bitterer? 34:7 Torschüsse zählten Statistiker im Halbfinal-Rückspiel der Champions League. Am Ende eines mitreißenden, dramatischen Spiels hatten die Gastgeber lediglich ein Tor mehr erzielt als Atlético Madrid – und das eine, das entscheidende Auswärtstor kassiert, das ihnen sechs Tage zuvor im Hinspiel in Madrid nicht gelungen war. Bayern hat das Finale von Mailand verpasst, das ganz große Saisonziel nicht erreicht. Anspruch und Wirklichkeit lagen nur Zentimeter auseinander – egal, am Ende wird Trainer Pep Guardiola daran gemessen werden.

Unterm Strich steht nach der Ära Guardiola beim FC Bayern künftig in den Geschichtsbüchern: Drei Meisterschaften – ja, okay. Top. Top. Top. Vielleicht kommt der zweite Pokalsieg hinzu, das wird der 21. Mai und das Endspiel gegen Borussia Dortmund zeigen. Aber: Drei Mal raus im Halbfinale der Champions League, gegen drei spanische Mannschaften. Es ist Guardiolas Anti-Triple. Real Madrid 2014, der FC Barcelona 2015 und nun Atlético Madrid. Doch dieses 2:1 gegen die vom Erfolg besessene Mannschaft von Trainer Diego Simeone hat einen anderen Nachgeschmack als die klaren Niederlagen in den Jahren zuvor, als sich der Spanier gegen seine Landsleute taktische Fehler leistete. Dieses 2:1 war Guardiolas beste, wirklich spielerisch wertvollste Niederlage und zugleich sein schlimmster, traurigster Sieg. Im Sommer zieht er weiter, heuert bei Manchester City in der Premier League an, bereit für die nächste Herausforderung. Guardiola verlässt München als Unvollendeter. Er geht nicht als einer in die Annalen der großen Sieger wie Ottmar Hitzfeld oder Jupp Heynckes ein, dennoch hat er das Spiel des FC Bayern in Sachen Taktik und Flexibilität auf eine neue Ebene gehoben. Unabhängig davon, ob er als Mensch für die Fans greifbar war oder nicht.

Was Guardiola in München gekränkt hat

Enttäuscht sei er nicht, erklärte Guardiola kurz vor Mitternacht. Das könne man nur sein, „wenn man nicht gut spielt“. Und so zog er zweieinhalb Wochen vor seinem letzten Spiel ein erstes Fazit: „Ich habe mein Bestes getan, habe mein Leben gegeben für diesen Verein, für diese Spieler. Es war eine Ehre, mit ihnen zu arbeiten. Diese Spieler sind wow – ich habe es sehr genossen.“ Dass er in München stets an der Anzahl der Titel und dem großen Sehnsuchtsziel Champions-League-Pokal gemessen wurde, hat Guardiola nie nachvollziehen können. Es hat ihn gekränkt. Was für ihn zählt, ist schöner Fußball, die Weiterentwicklung des Spiels, der einzelnen Akteure. Also sagte der 45-Jährige noch einmal trotzig: „Ich ändere meine Meinung nicht, ob wir den Pokal gewinnen oder nicht. Es tut mir leid. Titel sind Nummern. Statistik ist Statistik.“ Doch auch er weiß: es ist die Währung des Fußballs, Trophäen verankern sich in den Gedächtnissen der Fans. Ebenso wie bittere Niederlagen.

Die Bayern scheiden trotz Sieg und gutem Kampf im Halbfinale der Champions League aus-
Die Bayern scheiden trotz Sieg und gutem Kampf im Halbfinale der Champions League aus-

„Es tut deutlich mehr weh als in den letzten beiden Jahren", sagte Thomas Müller, der nach der Führung von Xabi Alonso per Freistoß einen Elfmeter und damit das möglicherweise vorentscheidende 2:0 vergab. Müller, im Hinspiel lediglich Joker, meinte: „Der Fußball ist manchmal extrem gemein oder unfair.“ Oder wie Pep sagte: „Faszinierend.“ Guardiola klang nicht verbittert, sagte: „Ich hoffe das Beste für den Verein. Ich hoffe, Carlo kann es schaffen.“ Carlo Ancelotti, sein Nachfolger.

Elfmeter? "Sprechen wir über Fußball, bitte!"

Noch ein anderer Aspekt: Auch wenn es viele enge, knappe und daher diskutable Schiedsrichter-Entscheidungen gab – dieses Spiel wurde davon weder in die eine noch in die andere Richtung geleitet. Das dramatische Auf und Ab, das faszinierende Hin und Her war des Fußballs reine Seele. „Wir fühlen uns ein bisschen betrogen“, sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Souverän und gentleman-like reagierten Philipp Lahm und Pep Guardiola. Der Kapitän betonte, „wir sollten vor der eigenen Türe kehren“, während der Trainer auf die Schiedsrichter-Entscheidungen angesprochen, antwortete: „Wir haben nicht wegen dieses Elfmeters verloren. Sprechen wir über Fußball, bitte!“ Danke!
Und muchas gracias für dieses Spiel!