Plötzlich Gewehr-Flüsterin: Die deutsche Biathlon-Geheimwaffe

Denise Herrmann geht bei Olympia für Deutschland im Biathlon an der Start

Bei der Frage nach dem ersten deutschen Gold bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang tippt der Großteil der Wintersport-Fans auf Laura Dahlmeier.

Dabei hat am Samstag im Sprint (12.15 Uhr im LIVETICKER) auch noch eine andere deutsche Biathletin sehr gute Medaillenchancen. Eine, die diese Sportart vor zwei Jahren noch gar nicht ausübte.

Die Rede ist von Denise Herrmann, die nun tatsächlich Geschichte schreiben kann. Als erste Sportlerin kann sie sowohl als Langläuferin als auch als Biathletin eine Olympia-Medaille gewinnen.

Nach Staffel-Bronze im Langlauf bei den Olympischen Spielen in Sotschi 2014 geht sie nun in Korea inklusive Gewehr an den Start.

Umstieg in Rekordzeit

Hinter ihr liegt ein beeindruckender Umstieg: In eineinhalb Jahren schaffte es die 29-Jährige aus dem Nichts in die Biathlon-Weltspitze.

Ihr erstes internationales Rennen im Biathlon, ein zweitklassiges IBU-Cup-Rennen im November 2016, gewann sie sogleich. Noch im selben Winter kam sie erstmals im Weltcup im Einsatz.

Der richtige Durchbruch gelang ihr dann in dieser Saison. Im Dezember 2017 feierte Herrmann im schwedischen Östersund ihre ersten beiden Weltcup-Siege. (SERVICE: Der Medaillenspiegel)

"Ich habe gutes Betreuungspersonal um mich herum gehabt. Ich war selbst auch fleißig und habe viel Zeit investiert", sagt sie selbst bescheiden zu ihrer bemerkenswerten Entwicklung.

Parallelen zu Wilhelm

Den Chef des Betreuungspersonals, Bundestrainer Gerald Hönig, hat Herrmanns rasanter Aufstieg nicht überrascht. "Es war sehr schnell zu erkennen, dass die Denise Talent fürs Schießen mitgebracht hat, aber auch die Einstellung, diesen Schritt mit aller Konsequenz zu gehen", lobt er auf SPORT1-Nachfrage seine Athletin.

Bislang gab es nur eine Sportlerin, die diesen Umstieg ähnlich schnell bewältig hat: Olympiasiegerin Kati Wilhelm. Ex-Langläuferin Wilhelm gewann in der zweiten Saison nach dem Wechsel zum Biathlon WM-Gold, 2002 in Salt Lake City folgte dann Olympia-Gold.

Der frühere Bundestrainer Uwe Müßiggang erkennt bei SPORT1 viele Parallelen zwischen Wilhelm und Herrmann.

"Zum einen ist sie keine wie man so sagt abgehalfterte Langläuferin, sondern eine absolute Spitzenlangläuferin - sie setzt Nullzeiten. Und dann hat sie ein sehr gutes Verhältnis zum Gewehr. Nach sehr kurzer Zeit hat sie ein Handling mit dem System gefunden, wo andere noch nach Jahren unsicher am Anschlag wirken."

Längerer Zeitaufwand fürs Schießen

Mit viel Trockentraining, zur Not sogar im eigenen Wohnzimmer, hat sich Herrmann zur Gewehrflüsterin gemausert. Dennoch sieht die Sächsin noch Verbesserungspotential bei sich: "Es ist natürlich schön, dass der Lohn so schnell kam, aber es ist noch nicht das Ende der Fahnenstange."

Luft nach oben besteht natürlich noch am Schießstand. Herrmann braucht erheblich länger als die Weltspitze, um das Schießen zu absolvieren, da die Automatismen nicht so eingespielt sind.

In der Loipe ist sie aber derzeit eindeutig die Schnellste, sodass sie zumindest einen Fehler am Schießstand auf der Strecke wieder gut machen kann.

Beste Chancen im Sprint

Deshalb sind Herrmanns Medaillenchancen im Sprint, wo nur zweimal geschossen wird, am Größten.

Aber auch für die Staffel ist sie gesetzt. Hier haben die Biathletinnen die Chance zum Nachladen, ein Fehler fällt nicht so stark ins Gewicht. (SERVICE: Der Biathlon-Zeitplan)

Herrmann hat also gleich zweimal die Chance auf einen historischen Coup – und hat sich diesen auch zum Ziel gesetzt: "Klar ist es natürlich schon das Ziel von jedem Sportler von uns, wenn man da hinfährt, dass man auch mit einer Medaille heimgeht. Aber da muss natürlich sehr viel passen und viel mitspielen."