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Pleite, Probleme, Pfiffe: Werder direkt wieder in der Krise

Die Blicke waren bei den Beteiligten von Werder Bremen leer und auf den Boden gerichtet. Davie Selke vergrub das Gesicht frustriert hinter seinen Armen. Wenige Meter weiter lachten Arne Maier und Niklas Stark von Hertha BSC Berlin bestens gelaunt über ihren 4:1-Sieg im Weserstadion.

Ist bei Werder also alles so wie in der vergangenen Saison? "Das ist völliger Quatsch", entgegnete Selke nachdrücklich. "Wir haben Punkte gezeigt, auf die man aufbauen kann." Welche das waren, ist nur mit Fantasie zu erahnen.

Die sieben Siege in der Vorbereitung und der 2:0-Erfolg im Pokal gegen Jena sind schon wieder vergessen. Die gesamte Aufbruchstimmung ist dahin. "Wir haben uns ein gutes Gefühl in der Vorbereitung geholt und wollten ganz anders loslegen“, gab auch Selke zu.

Es spricht vieles dafür, dass nach der Relegations-Rettung im Juni gegen Heidenheim die zweite Krisensaison in Folge auf die Grün-Weißen wartet. Werder ist nach nur einem Spieltag schon wieder im Abstiegskampf angekommen!

Die Fans haben auf jeden Fall keine Lust, dass sich alles wiederholt. Sie pfiffen schon zur Pause lautstark. 8.500 Anhänger waren im Weserstadion. Es war der erste heimische Auftritt vor Fans seit dem 22. Februar und dem 0:2 gegen Borussia Dortmund. Die Freude der Fans - die als loyalste Anhänger der Liga gelten - war vor dem Spiel groß. Der Tag endete aber mit großem Fan-Frust. "Wir haben nicht mehr viel Kredit bei den Fans", weiß auch Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald.

Trainer Kohfeldt findet keine Lösungen

Folgen in den kommenden Wochen beim Krisengipfel auf Schalke (Samstag ab 18.15 Uhr im LIVETICKER), gegen Arminia Bielefeld und den SC Freiburg keine guten Resultate, wird es schnell richtig ungemütlich an der Weser.

Gegen Hertha wurde beim Auftakt jedenfalls deutlich: Spielerisch hat sich das Team während der vergangenen Monate offenbar nicht verbessert. Zwar traf Selke per Kopf zum 1:3 (69.). Doch viel mehr große Chancen gab es nicht. Der Weg in den Strafraum hinein fällt der Elf weiterhin ungemein schwer. Stattdessen müssen oft Distanzschüsse helfen.

Das größte Problem: Trainer Florian Kohfeldt sind diese Baustellen seit einem Jahr bekannt. Allerdings findet er keine Lösungen. "Es hat jeder wieder gemerkt, wo wir herkommen und ich hoffe, dass alle gemerkt haben, wie angefasst wir sein müssen, um Bundesliga-Spiele zu gewinnen. Das war mir zu seicht", sprach er bereits eine deutliche Warnung aus.

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Es fehlt seinem Team an zwei entscheidenden Säulen: einem Ideengeber und einem Torjäger. Im Mittelfeld gibt es mit Davy Klaassen (27) und Maximilian Eggestein (23) zwar vorbildliche Kämpfer, doch keinen Kreativposten. Die Folge sind vorhersehbare Angriffe. Die Gegner haben es leicht. Neuzugang Tahith Chong von Manchester United, gegen Berlin immerhin mit einigen guten Szenen, wird mit seinen 20 Jahren wohl auch nicht der Taktgeber sein.

Trotz Selke, Osako und Sargent fehlt ein Torjäger

Im Angriff gibt es keinen Torjäger. Hoffnung Selke hat in den vergangenen drei Spielzeiten fünf Bundesligatore erzielt. Auch Yuya Osako und Josh Sargent haben bisher nie mit einer guten Trefferquote überzeugt und hingen gegen Hertha komplett durch.

Mit Milot Rashica - gegen Hertha mit einer Knieverlertzung ausgefallen - wird den Klub der mit Abstand gefährlichste Spieler ziemlich sicher verlassen. Aston Villa ist dran und auch RB Leipzig baggert seit Monaten an dem Kosovaren. Werder will rund 25 Millionen Euro haben. Und die brauchen sie dringend!

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Während des Corona-Lockdowns hat der Verein wegen Mindereinnahmen von rund 30 Millionen Euro einen Kredit in zweistelliger Millionenhöhe bei der staatlichen Förderbank beantragt. Bisher gab es keine Rückmeldung. "Wir müssen Schulden aufnehmen, weil ansonsten in dieser besonderen Situation, in die wir durch die Coronavirus-Krise unverschuldet geraten sind, nicht alles zu leisten wäre", verkündete Geschäftsführer Klaus Filbry bereits im April.

Kassen sind leer: Erneuter Gehaltsverzicht der Profis

Zudem wurde diese Woche bekannt, dass die Spieler - wie während des sechswöchigen Lockdowns - erneut auf Gehalt verzichten werden. Der Verein war auf die Profis zugekommen. Die Kassen sind ziemlich leer!

Millionen für neue Spieler gibt es also nicht. Zudem wurde bereits Geld ausgegeben für die abgemachten Verpflichtungen der ehemaligen Leihspieler Ömer Toprak (31, vier Millionen Euro vom BVB) und Leonardo Bittencourt (26, sieben Millionen Euro von Hoffenheim). Im nächsten Sommer werden dann nach zwei Leih-Jahren rund neun Millionen Euro für Selke fällig.

Es gibt also einige Baustellen an der Weser.