Proteste gegen Olympia: Droht tatsächlich eine komplette Absage?

Zwei sportliche Groß-Event mussten aus dem vergangenen Sommer verschoben werden, dieses Jahr soll es nun soweit sein, doch über den Olympischen Spielen hängt weiter ein großes Fragezeichen.

Die Proteste gegen die Olympischen Spiele in Tokio nehmen zu. Droht doch noch eine Absage? (Bild: REUTERS/Naoki Ogura)
Die Proteste gegen die Olympischen Spiele in Tokio nehmen zu. Droht doch noch eine Absage? (Bild: REUTERS/Naoki Ogura)

Am 23. Juli sollten sie eigentlich eröffnet werden, die verschobenen Olympischen Spiele von Tokio. Doch der Gegenwind nimmt in den letzten Wochen zu, vor allem im Gastgeberland Japan mehren sich die Stimmen, die eine Absage fordern. Denn auf den japanischen Inseln beginnt sich inzwischen eine vierte Welle der Corona-Pandemie auszubreiten. Zwar ist das Land bisher verhältnismäßig glimpflich durch die Pandemie gekommen, doch aktuell gibt es über 5.500 neue Fälle pro Tag. Die Angst vor einer Eskalation durch ein internationales Groß-Event wächst.

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Das hat dazu geführt, dass sich mittlerweile starke Gegenwehr formatiert. Laut einer Umfrage der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo sind inzwischen knapp 60 Prozent der Japaner dafür, die Spiele komplett abzusagen. Vor einem Monat waren es noch 20 Prozent weniger gewesen. Eine Petition, die von dem Politiker Kenji Utsunomiya initiiert wurde und die Absage fordert, hat mehr als 370.000 Unterschriften gesammelt.

Dazu fordert auch ein Ärzteverband, der über 6000 Mediziner aus Tokio vertritt, von Ministerpräsident Yoshihide Suga, sich um eine Olympia-Absage zu bemühen. Auch aus der Wirtschaft mehren sich kritische Stimmen, so nannte der CEO des Unternehmens Rakuten die Spiele eine "Selbstmord Mission".

Verlierer wären die Olympioniken

Für die fast 11.000 Athleten und Athletinnen, die ihre Vorbereitung auf das Karriere-Highlight ohnehin an Corona-Bedingungen und die Verschiebung um ein Jahr anpassen mussten, wäre eine Absage ein bitterer Moment. Seb Coe, Präsident des Internationalen Leichtathletik Verbandes IAAF, sagte in einem Interview mit CNN, dass 70 Prozent aller Olympioniken nur eine einzige Chance auf eine Teilnahme an den Spielen hätten. Eine Absage würde bedeuten, "eine Generation von Sportlern zu verwerfen, die ihr halbes junges Leben dem Erreichen dieses Moments gewidmet haben."

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Noch hält das Internationale Olympische Komitee (IOC) an seiner Linie fest, die Spiele abzuhalten. Doch wie lange noch? Ein solcher Sport-Event mit Teams und Athleten aus der ganzen Welt, aus Ländern in sehr verschiedenen Phasen der Pandemie-Bewältigung wirkt immer unverantwortlicher. Die Organisatoren betonen, sie würden alles dafür tun, dass die Spiele absolut sicher ablaufen können. Dafür werden die Regularien ständig aktualisiert und überarbeitet, in einem Monat soll eine finale Version dieses "Playbooks" veröffentlicht werden. In Deutschland läuft seit Mai die Impfkampagne für alle, die nach Tokio reisen sollen. In den meisten teilnehmenden Ländern, so hofft das IOC, würde das bis Juli der Fall sein.

Was passiert bei einer Absage?

Doch das Szenario einer Absage wird trotz dieser Bemühungen wahrscheinlicher. Auf legaler Ebene kann das IOC die Spiele absagen, wenn die Sicherheit der Teilnehmenden nicht garantiert werden kann. Die Gastgeberstadt, in diesem Fall Tokio, ist für einen solchen Fall versichert. Schwieriger ist die Lage schon mit den weiteren Verträgen mit Sponsoren, übertragenden Fernsehsendern und Unterkünften. Auf Versicherer würde ein Verlust von zwei bis drei Milliarden US-Dollar warten, berechnete die Nachrichtenagentur Reuters. Auch das IOC würde erhebliche Verluste einfahren, da fast 75 Prozent des Einkommens aus dem Verkauf der Übertragungsrechte kommen.

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Sicher ist, dass es keine erneute Verschiebung geben würde. Sollte es die Corona-Lage doch nicht zulassen, dass die Spiele stattfinden, würden sie aller Voraussicht nach komplett abgesagt werden. Schließlich sollen schon im Winter 2022 die Olympischen Winterspiele in Peking beginnen. Japans Premier Suga jedenfalls stellte klar, dass die Olympischen Spiele niemals die erste Priorität gewesen seien. "Wir müssen die Ausbreitung des Virus verhindern," sagte Suga. Der Schutz der japanischen Bevölkerung stehe dabei an erster Stelle. Bisher gab es drei Absagen in der Geschichte der modernen Olympischen Spiele, alle drei aufgrund der beiden Weltkriege.

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